zurück zur Übersicht
Features

We'll always have Paris: Die „Stadt der Liebe" im Film

Ein Beitrag von Markus Fiedler

Zum Kinostart von „Rose – Eine unvergessliche Reise nach Paris“ blicken wir auf die Darstellung der Stadt der Liebe im Laufe der Kinogeschichte.

Meinungen
Filmstill zu Rose - Eine unvergessliche Reise nach Paris (2022) von Niels Arden Oplev
Rose - Eine unvergessliche Reise nach Paris (2022) von Niels Arden Oplev

Ernest Hemingway bezeichnete Paris einst als Fest fürs Leben. Zahlreiche Filmemacher:innen sahen das ähnlich und machten der Stadt ihre ganz eigene Aufwartung – wie zuletzt der dänische Regisseur Niels Arden Oplev mit seinem Film „Rose – Eine unvergessliche Reise nach Paris“. Aus diesem Anlass blicken wir auf besonders gelungene filmische Ausflüge in die französische Hauptstadt zurück.

Es gibt nicht viele Städte, deren Namen man nicht nennen muss, und bei der trotzdem jeder weiß, wovon man spricht. Die „ewige Stadt“ Rom. Die „Stadt, die niemals schläft“ oder auch der „Big Apple“ New York. Und auch „die Stadt der Liebe“ Paris. Und mal ehrlich: Welche schönere Umschreibung für eine Stadt könnte es geben? Grund genug, dass nicht nur viele französische Filmemacher:innen Paris immer wieder als Kulisse wählen, sondern auch Regisseur:innen aus dem Rest der Welt.

So auch Nils Arden Oplev, der seine Protagonistin Rose in Rose – Eine unvergessliche Reise nach Paris auf eine Reise in ihre eigene Vergangenheit schickt – inmitten der Seine-Metropole. Mit wunderbar trockenem Humor und schönen, aber nie kitschigen Bildern erzählt der Regisseur von einer verlorenen Liebe und einer Frau, die nicht länger gewillt ist, daran zu zerbrechen – obwohl sie wahrscheinlich deshalb schizophren wurde. Ein im besten Sinne nordischer Film. Aber längst nicht der Einzige, der sich mit Paris beschäftigt.

 

Kollektive Liebesbezeugung: Paris je t’aime (2006)

Die wohl eindeutigste Liebesbezeugung für die Stadt liefert der Episodenfilm aus dem Jahr 2006. 18 kurze Geschichten über die verschiedenen Arrondissements der Stadt, jede von anderen Filmemacher:innen inszeniert, darunter so großen Namen wie Wes Craven oder die Coen-Brüdern. Alle fangen den Zauber der Stadt auf ihre Weise ein, keine*r kann sich der Anziehungskraft entziehen. Ob Montmartre, das Quartier Latin oder die Tuilerien — dem Film gelingt eine ebenso bunte wie originelle Verbeugung vor einer Stadt, die zu den ältesten Europas gehört und doch zeitlos bleibt. Wer sich ein Bild von Paris mit all seinen Facetten machen möchte, ist mit diesem Film gut bedient.

 

Pflichtprogramm: Die fabelhafte Welt der Amélie (2001)

Ein Regisseur auf dem Zenit seines Könnens, eine wundervolle Geschichte und dazu die unsterbliche Musik von Yann Tiersen: Die fabelhafte Welt der Amélie ist die vielleicht schönste Hommage an Paris im neuen Jahrtausend. Denn die zauberhafte Lebens- und Liebesgeschichte von Amelie Poulain, gespielt von der nicht minder zauberhaften Audrey Tautou, zeigt nicht nur Touristenziele, sondern auch das Paris der Nebenstraßen und Geschäfte, der Cafés und Bistros, das Paris der kleinen Leute. Und gleichzeitig ein Paris, das wie ein Märchen wirkt. Damit wickelt der Film das Publikum so fest in die Story ein, dass ein Entkommen nach menschlichem Ermessen kaum möglich ist. Dabei ist Jean-Pierre Jeunets Film in seinen Aussagen so universell, dass er eigentlich Pflichtprogramm für jeden Cineasten ist, ob Paris-Fan oder nicht.

 

Die tragende Brücke: Die Liebenden von Pont-Neuf (1991)

Dass Paris auch dann als Kulisse taugt, wenn es nicht um die Sonnenseiten des Lebens geht, zeigte Regisseur Leos Carax 1991 mit seinem Film Die Liebenden von Pont-Neuf. Er wirft die junge Juliette Binoche ins triste Leben der Obdachlosen und erzählt eine unmögliche Liebesgeschichte zwischen zwei Verlierern, die immer wieder Haken schlägt und doch nie den Kurs verliert. Die titelgebende Brücke Pont Neuf dient dabei nicht nur erzählerisch als Anker, Carax komponiert seine Bilder um sie herum und verlässt sie doch nie lange. Auch die Seine bleibt als tragendes Element präsent. Carax nutzt beides, um eine Liebesgeschichte zu erzählen, die ebenso tragisch wie märchenhaft wirkt und doch anders verläuft als erwartet. Eine eher spezielle Hommage an Paris, aber nichtsdestotrotz eine spannende. 

Externen Inhalt ansehen?

An dieser Stelle möchten wir Ihnen ein externes Video von YouTube präsentieren. Dafür benötigen wir Ihre Zustimmung in die damit verbundene Datenverarbeitung. Details in unseren Angaben zum Datenschutz.

Zustimmen und ansehen

 

Zwischenstation: Before Sunset (2004)

Apropos Liebesgeschichte: Eigentlich ist es ein wenig unfair, Before Sunset hervorzuheben, ist der Film doch der zweite Teil einer Trilogie, die in Wien beginnt und in Griechenland endet. Doch Regisseur Richard Linklater erzählt seine Geschichte um Celine und Jesse, die Französin und den Amerikaner, die um etwas herumreden, was beide längst wissen, sehr passend in der Stadt der Liebe. Fast in Echtzeit erlebt das Publikum ein unerwartetes Wiedersehen nach neun Jahren, das in einen Spaziergang durch die Stadt mündet, in dessen Verlauf alte Gefühle wieder erwachen. Und wer neun Jahre lang darauf gewartet hat, dass sich Jesse und Celine wiedersehen, kann sich eigentlich nur in die Stadt verlieben, in der ihre Geschichte weitergeht. 

 

Reise in die Vergangenheit: Midnight in Paris (2011)

Eine Besonderheit in dieser kleinen Reihe stellt Woody Allens Film Midnight in Paris dar. Denn er beschäftigt sich an der Seite des Protagonisten auch mit der Vergangenheit der Metropole und legt dabei den Schwerpunkt auf die 20er Jahre. Damit kann Allen nicht nur der Stadt ein Denkmal setzen, sondern auch den Künstlern, die vom Paris der 20er Jahre unwiderstehlich angezogen wurden: Hemingway, Dali, Fitzgerald, Picasso und viele mehr. Zwar stießen einigen Kritikern die mitunter übertrieben schönen Aufnahmen von Paris ein wenig auf, dennoch bleibt Allen sich und dem Film damit letztlich treu. Denn das Publikum darf gern verstehen, warum Allens Protagonist sich so dermaßen in der Stadt verliert und sie am liebsten nie wieder verlassen will. Da darf es eben manchmal auch ein wenig Kitsch sein.

 

Hetzjagd durch die Stadt: November (2022)

Wer es gar nicht kitschig mag, der findet sein Paris womöglich in einem großen Erfolg des französischen Kinos der vergangenen Jahre. Im Jahr 2022 erschien mit November die Aufarbeitung der Terroranschläge auf die Stadt am 13. November 2015. 130 Tote waren zu beklagen, und die Polizei arbeitete fieberhaft daran, die Terroristen zu finden. Regisseur Cédric Jimenez machte aus diesem Stoff eine atemlose Hetzjagd durch die Stadt, die neben einigen besonders pittoresken Stellen auch die Trabantenstädte draußen vor dem Zentrum zeigt, die hässlichen Wohnblöcke, in denen viele Migrant:innen ihr Dasein fristen – und in denen die Polizei auch die Drahtzieher oder zumindest deren Helfer vermutet. Dieser Blick auf ein anderes Paris ist ein Teil der Spannung, die November aufbaut.

Externen Inhalt ansehen?

An dieser Stelle möchten wir Ihnen ein externes Video von YouTube präsentieren. Dafür benötigen wir Ihre Zustimmung in die damit verbundene Datenverarbeitung. Details in unseren Angaben zum Datenschutz.

Zustimmen und ansehen

 

Hunderte von anderen Filmen

Natürlich gibt es noch viel mehr Filme, in denen Paris eine Hauptrolle spielt – und das schon seit gut 100 Jahren. Ob Marcel Carnés Kinder des Olymp, der unter schwierigsten Bedingungen in den Jahren 1943 bis 1945 in Paris entstand. Ob Pixars Liebeserklärung an Stadt, Land und Küche in Ratatouille. Ob Liam Neesons blutige Hetzjagd nach seiner entführten Tochter im nächtlichen Paris in 96 Hours. Oder die Metro in Luc Bessons Frühwerk Subway – Paris als Kulisse großer Filme bleibt so vielfältig und spannend wie die Stadt selbst. So dürfte Rose – Eine unvergessliche Reise nach Paris ganz bestimmt nicht der letzte Film sein, der zwischen Eiffelturm, Notre-Dame, Sacré-Cœur und Arc de Triomphe gedreht wurde. Obwohl er zumindest im Moment zu den schönsten gehört, die in der Stadt der Liebe spielen. Die hinreißende melancholische Dramödie ist jetzt in den deutschen Kinos zu sehen und macht Lust auf Paris – und das Leben. Und wo könnte man das besser feiern? Hemingway hatte eben recht.

Meinungen