Volker Schlöndorff - Best of Edition

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Feinste Literaturverfilmungen von "Törless" bis zu "Homo Faber"

Beginnend mit seinem Spielfilmdebüt Der junge Törless nach dem Robert-Musil-Roman Die Verwirrungen des Zöglings Törleß, der bei den Filmfestspielen in Cannes 1966 für Furore sorgte, sind es überwiegend Literaturverfilmungen mit brisantem sozialem oder politschem Hintergrund, denen sich der deutsche Regisseur Volker Schlöndorff widmet. Ende März dieses Jahres wird der Filmemacher, der dem skurrilen Oskar Matzerath aus dem Günter-Grass-Roman Die Blechtrommel in der gleichnamigen Verfilmung das Gesicht und die Gestalt des schweizerischen Schauspielers David Bennent verlieh und damit eine legendäre Filmfigur schuf, siebenundsiebzig – bei ungebrochen fortgesetzter, effektiver Kreativität, wie sein zuletzt erschienener, auch mit einem César prämierter Film Diplomatie (2014) eindrucksvoll belegt. Zehn seiner Werke aus dem Zeitraum 1965 bis 1991 werden nun in der Volker Schlöndorff – Best of Edition bei Arthaus veröffentlicht, von ausführlichem Begleitmaterial flankiert:
Der junge Törless (1965) mit Mathieu Carrière als Thomas Törless, jugendlicher Schüler in arger Bedrängnis. Baal (1969) nach dem gleichnamigen Theaterstück von Bertolt Brecht mit einem schillernd-zerrissenen Rainer Werner Fassbinder in der Hauptrolle. Die skandalträchtige Verfilmung des Heinrich-Böll-Romans Die verlorene Ehre der Katharina Blum (1975). Der Fangschuss (1976) als tragisches Liebesdrama in Kriegszeiten mit Margarethe von Trotta und Matthias Habich nach einer Novelle von Marguerite Yourcenar. Der spektakuläre, internationale Film-Klassiker Die Blechtrommel (1979). Das teilweise im Libanon während des Bürgerkriegs entstandene Drama Die Fälschung (1981) mit Bruno Ganz als verzweifeltem Reporter auf Grundlage des Romans von Nicolas Born. Eine Liebe von Swann (1983) nach der literarischen Vorlage von Marcel Proust als klassischer Stoff um Begehren und Eifersucht mit Ornella Muti, Jeremy Irons, Fanny Ardant und Alain Delon. Die Verfilmung von Arthur Millers Drama Tod eines Handlungsreisenden (1985) mit einem grandiosen Dustin Hoffman als Willy Loman und John Malkovich als dessen „verlorener“ Sohn Biff, Volker Schlöndorffs erste Arbeit in den USA. Der Fernsehfilm Ein Aufstand alter Männer (1987) nach der Erzählung A Gathering of Old Men von Ernest J. Gaines mit Holly Hunter und Louis Gossett Jr., der an einem einzigen Tag spielt. Homo Faber nach Max Frisch, mit Julie Delpy und Sam Shepard als außergewöhnliche Tochter-Vater-Konstellation.

Der schweizerische Schriftsteller Max Frisch ist auch der Autor der Erzählung Montauk aus dem Jahre 1975, auf welcher Volker Schlöndorffs aktuelles Filmprojekt Rückkehr nach Montauk basiert, dessen Dreharbeiten mit Nina Hoss und Stellan Skarsgård für dieses Jahr angekündigt wurden – wiedrum eine Liebesgeschichte der komplizierten Art, wie sie auch innerhalb der hauptsächlich politisch orientierten Stoffe stets Raum finden. Auch wenn Liebe als Thema in unterschiedlichsten Ausprägungen das Werk des Regisseurs durchstreift, gelingt ihre Verortung in ganz spezifischen gesellschaftlichen Kontexten so hervorragend, dass die Geschichten auch stets signifikant mit der großen Historie verknüpft sind. Die zeitgeschichtlichen Relevanzen, die Volker Schlöndorff in seinen Filmen installiert, markieren bedeutsame Aspekte von politischen Phasen, deren soziale Auswirkungen in den persönlichen Beziehungen der Protagonisten sichtbar werden, und das auf einer enormen Strecke entlang der cineastischen Entwicklungen von der Nouvelle Vague über den Neuen Deutschen Film und US-amerikanische Koproduktionen ab Mitte der 1980er Jahre bis hin zu den Filmen des 21. Jahrhunderts, die spät auf den Zweiten Weltkrieg referieren.

Die in der Edition präsentierten Filme umfassen in ihrer spannenden Vielfalt verschiedene Schaffensphasen, und es ist erstaunlich, wie wenig sie im Lauf der Zeit von ihrer sozialpolitischen Brisanz eingebüßt haben. Möglicherweise liegt darin das (Erfolgs-)Geheimnis und die Kunst Volker Schlöndorffs wider die Verfalltendenz von Filmen, deren Bedeutung an bestimmte Epochen gebunden ist: Dieser Regisseur vermag durch gewagte, intensive Betrachtungen und Bilder im Spannungsfeld von Persönlichem und Öffentlichem gleichermaßen durch und jenseits von Aktualität zu fesseln und einer literarischen Quelle ihre Substanz in betörend visueller Form zu spiegeln. Einen kostbaren, tiefschürfenden Schatz stellt die Volker Schlöndorff – Best of Edition dar, die nicht nur über zwanzig Stunden feinste Fiktion liefert, sondern auch noch jede Menge interessantes Begleitmaterial, in dem auch der Regisseur selbst reichlich zu Wort kommt.

Volker Schlöndorff - Best of Edition

Beginnend mit seinem Spielfilmdebüt „Der junge Törless“ nach dem Robert-Musil-Roman „Die Verwirrungen des Zöglings Törleß“, der bei den Filmfestspielen in Cannes 1966 für Furore sorgte, sind es überwiegend Literaturverfilmungen mit brisantem sozialem oder politschem Hintergrund, denen sich der deutsche Regisseur Volker Schlöndorff widmet.
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