Volker Schlöndorff

Volker Schlöndorff

Am 31.03.1939 wird Volker Schlöndorff in Wiesbaden geboren. Der bürgerlichen Enge im Nachkriegsdeutschland entflieht er bereits als 16jähriger und meldet sich Mitte der 50er Jahre an einer französischen Schule an. „Frankreich war einfach das Land des Lichtes und der Kultur und Kunst“. In Frankreich studiert er Volks- und Politikwissenschaften. Einer seiner Mitschüler in Paris ist der spätere Regisseur Bertrand Tavernier. Während seine autodidaktischen jungen Kollegen in Deutschland das Oberhausener Manifest unterzeichnen und den deutschen Autorenfilm begründen, lernt Volker Schlöndorff durch Hospitanzen bei Frankreichs namhaftesten Regisseuren über Alain Resnais bis hin zu Jean-Pierre Melville und Louis Malle.

Nach seiner Rückkehr beginnt er 1965 mit den Dreharbeiten zu seinem Spielfilmdebüt Der junge Törless. Schon in seinem ersten Werk ist Schlöndorffs Professionalität zu spüren. Vom Kameramann Franz Rath bis zum Komponisten Hans-Werner Henze wählt er sein Team sehr bedacht aus. Diesem Prinzip, ein Team zu wählen, mit dem er die jeweilige Geschichte seinen Ansprüchen entsprechend umsetzen kann, bleibt er bis heute treu. Nicht so bei den Sujets, denn gleich sein nächster Film Mord und Totschlag ist ein munterer, boshafter Genremix. Es folgt ein Ausflug ins damals neu definierte Genre des Heimatfilms (Der plötzliche Reichtum der armen Leute von Kombach), sowie eine westernartige Kleistadaption (Michael Kohlhaas). Dazwischen verlegt er Bert Brechts Baal in die 60er Jahre. Die Emanzipationsgeschichte der Frau ist Thema einiger Filme, die in den 70er Jahren entstehen, z. B. Die Moral der Ruth Halbfass (1972); Strohfeuer (1972) und Der Fangschuss (1976).

Gemeinsam mit seiner ersten Frau Margarethe von Trotta, die auch in einigen seiner Filme als Schauspielerin mitwirkt, entwickelt er Drehbücher. In einem Film wirkt sie auch bei der Regie mit, bei der mehrfach preisgekrönten Verfilmung des Romans von Heinrich Böll Die verlorene Ehre der Katharina Blum (1975). 1978 dreht er mit Kollegen einen Kollektivfilm als Antwort auf die einseitige Berichterstattung über die innenpolitische Situation nach dem deutschen Herbst 1977. Dieser bis dahin einmaligen Gemeinschaftsreaktion deutscher Regisseur folgen noch zwei weitere Kollektivfilme: 1980 Der Kandidat und 1983 Krieg und Frieden.

1979 entsteht Volker Schlöndorffs berühmtester Film Die Blechtrommel nach dem Roman von Günter Grass. Der Film erhält die Goldene Palme in Cannes und einen Oscar in Hollywood als erster deutscher Film seit 1927. Als französisch-deutsche Koproduktion realisiert Schlöndorff in Paris Eine Liebe von Swann nach Marcel Proust. 1984 schließlich entsteht in New York mit Dustin Hoffman in der Hauptrolle eine Filmfassung von Arthur Millers Tod eines Handlungsreisenden. In den USA dreht er auch Ein Aufstand alter Männer (1985) und Die Geschichte der Dienerin (1990) nach einem Drehbuch von Harold Pinter und dem Roman von Margaret Atwood. Nach dem Fall der Berliner Mauer kehrt Schlöndorff von New York nach Deutschland zurück, wo er 1991 seine bislang poetischste Literaturverfilmung realisiert, Homo Faber nach Max Frischs gleichnamigem Roman. Gleichzeitig bemüht er sich um die Rettung der ehemaligen UFA/DEFA-Studios in Babelsberg. Ein bislang unterschätzter und häufig missverstandener Film bleibt 1996 Der Unhold, nach Michel Tourniers Roman „Der Erlkönig“. 1998 folgt ein Ausflug in ein völlig anderes Genre, eine schwarzhumorige Hommage an den Film Noir Palmetto. Zusammen mit dem ehemaligen DEFA-Autoren Wolfgang Kohlhaase entsteht 1999 der mehrfach preisgekrönte Film Die Stille nach dem Schuss. Im Februar 2004 realisiert er den Film Der neunte Tag.

Zusätzlich zu seinen Kinofilmen realisiert Volker Schlöndorff auch immer eindrucksvolle Portraits furs Fernsehen, beispielsweise über Valeska Gert oder Billy Wilder. Er schuf ebenfalls Opern- und Theaterinszenierungen. Hinzu kommt sein unermüdliches Engagement für die Entwicklungsmöglichkeiten des europäischen Films und die Unterstützung engagierter Filmprojekte.

Filmographie — Volker Schlöndorff (Auswahl)

2007
Ulzhan — Das vergessene Licht

2006
Strajk — Die Heldin von Danzig
Fantôme de l’opéra (TV)

2005
Enigma — Eine uneingestandene Liebe (TV)

2004
Der neunte Tag

2002
Ten Minutes Older: The Cello

1999
Die Stille nach dem Schuß

1998
Palmetto

1996
Der Unhold

1991
Homo Faber

1989
Die Geschichte der Dienerin (The Handmaid’s Tale)

1987
Ein Aufstand alter Männer

1985
Tod eines Handlungsreisenden

1983
Eine Liebe von Swann

1981
Die Fälschung

1979
Die Blechtrommel

1978
Deutschland im Herbst

1976
Der Fangschuss

1975
Die verlorene Ehre der Katharina Blum

1972
Die Moral der Ruth Halbfass

1970
Der plötzliche Reichtum der armen Leute von Kombach

1969
Michael Kohlhaas — der Rebell

1966
Der junge Törless
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