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Streaming-Tipps

Unsere Streaming-Empfehlungen für März 2024

Ein Beitrag von Andreas Köhnemann

Hits der diesjährigen Oscar-Kandidat:innen, tolle Kamerafrauen und spannende Debüts  – zu entdecken auf MUBI, Netflix, Amazon Prime, Filmfriend und Sooner.

Meinungen
Toni Ermann / Irish Wish / Nope
Toni Ermann / Irish Wish / Nope

 Empfehlungen für MUBI

 

In der Reihe „And the Oscar goes to…“ zeigt MUBI frühere Arbeiten der diesjährigen Nominierten. Da darf natürlich ein Film mit Sandra Hüller nicht fehlen, die für ihre hervorragende Schauspielleistung in Justine Triets Anatomie eines Falls ins Rennen um einen Academy Award geht. Mit Toni Erdmann feierte die Drehbuchautorin, Regisseurin und Produzentin Maren Ade im Wettbewerb der Filmfestspiele von Cannes 2016 eine von der Kritik einhellig umjubelte Weltpremiere. In 162 Minuten, von denen keine einzige entbehrlich ist, widmet sich Ade ihren beiden vielschichtig gezeichneten Hauptfiguren. Dabei gelingt es ihr, die Tragik eines Vater-Tochter-Konflikts mit herrlicher Situationskomik zu verbinden und obendrein eine fein beobachtete Businesswelt-Satire zu liefern. Das zentrale Duo wird von Peter Simonischek und eben Hüller mit Bravour verkörpert.

Seit dem 01. März verfügbar.

 

Mikhaël Hers erzählt in diesem 2018 uraufgeführten Drama von David (Vincent Lacoste), einem Single Mitte 20 aus Paris. Sein unbekümmert-chaotischer Alltag gerät aus den Fugen, als in einer städtischen Grünanlage ein Terroranschlag verübt wird. Zu den Todesopfern zählt seine alleinerziehende ältere Schwester Sandrine (Ophélia Kolb). David muss schlagartig Verantwortung für seine siebenjährige Nichte Amanda (Isaure Multrier) übernehmen. Soll er ihr Vormund werden? Welche Alternativen gäbe es? Und wie soll er dem Mädchen den Tod der Mutter vermitteln, wie soll er seiner Nichte in deren Schmerz beistehen? Der Film verarbeitet unter anderem das nationale Trauma, das die Anschläge am 13. November 2015 in Paris hinterlassen haben – gänzlich ohne Pathos, sondern mit einer beeindruckenden Sensibilität und Ruhe.

Seit dem 01. März verfügbar.

 

Anlässlich des Weltfrauentags am 08. März richtet MUBI in der Reihe „Die richtige Einstellung“ den Fokus auf Kamerafrauen – darunter Hélène Louvart. Neben Die Sehnsucht der Schwestern Gusmão (2019), der ebenfalls verfügbar ist, führte die 1964 geborene Französin die Kamera bei Glücklich wie Lazzaro. Die italienische Regisseurin und Drehbuchautorin Alice Rohrwacher schildert darin, wie ein Landarbeiter auf einer abgelegenen Tabakfarm ausgebeutet wird – bis es zu einer schicksalhaften Begegnung kommt. Rohrwachers originelles Skript wurde in Cannes prämiert; zusammen mit Louvart hat sie es auf faszinierende Weise im Super-16-Filmformat umgesetzt und dabei eine einnehmende Mischung aus zeitlosem Märchen und sehr relevantem Sozialdrama geschaffen. Es geht um den Betrug der Wohlhabenden an den Mittellosen. Bemerkenswert ist auch der Leinwanddebütant Adriano Tardiolo in der Titelrolle.

Ab dem 08. März verfügbar.

 

Empfehlungen für Netflix

 

Steven Knights Mindfuck-Thriller gilt als einer der großen Flops des Jahres 2019. Und es ist schwer, sich zu diesem Film zu äußern, ohne fies zu spoilern. Er beginnt als Crime-Story im Neo-Noir-Stil. Der Fischer Baker Dill (Matthew McConaughey), der zurückgezogen auf der Insel Plymouth Island lebt, erhält Besuch von seiner Ex-Partnerin Karen Zariakas (Anne Hathaway) – und wird von ihr gebeten, ihren gewalttätigen Gatten Frank (Jason Clarke) zu töten. Alsbald wandelt sich die Geschichte jedoch zu etwas völlig anderem, was sich am ehesten mit dem Meta-Horrorfilm The Cabin in the Woods (2011) vergleichen lässt. So richtig rund ist das alles zugegebenermaßen nicht – aber gewiss eine willkommene Abwechslung zu den zahllosen 08/15-Genre-Beiträgen.

Seit dem 01. März im Programm.

 

Die britische Regisseurin Alice Troughton liefert auf Basis eines Drehbuchs von Alex MacKeith ein Werk, das mit wenigen Figuren und einem einzigen zentralen Schauplatz auskommt. Im Zentrum der Geschichte steht Liam (Daryl McCormack), der gerade sein Studium in Oxford abgeschlossen hat. Er nimmt eine Stelle als Hauslehrer für den jugendlichen Bertie (Stephen McMillan) an – den Sohn des Schriftstellers J.M. Sinclair (Richard E. Grant) und der Kunstkuratorin Hélène (Julie Delpy). Seine Aufgabe ist es, Bertie auf die universitäre Aufnahmeprüfung vorzubereiten. Bald erkennt der Nachwuchsautor, dass die Familie einige dunkle Geheimnisse hat. Die Aufnahmen im Super-16-Modus und die Film-noir-Atmosphäre lassen an Klassiker der Strömung denken; durch viel Sonnenlicht und satte Farben unterscheidet sich die Bildsprache aber deutlich von deren Ästhetik.

Seit dem 01. März im Programm.

 

  • Irish Wish

Lindsay Lohan is back (again)! Als Zwölfjährige hatte sie 1998 in Ein Zwilling kommt selten allein in der (Doppel-)Hauptrolle überzeugt, ehe ihr mit der Körpertauschkomödie Freaky Friday (2003) an der Seite von Jamie Lee Curtis der endgültige Durchbruch gelang. Unter den Teen-Movies, die sich daran anschlossen, war Girls Club – Vorsicht bissig! (2004) das beachtlichste Werk. In der kürzlich gestarteten Neuverfilmung Mean Girls – Der Girls Club absolvierte sie einen Cameo-Auftritt. Bevor ihre Karriere von Negativschlagzeilen überschattet wurde, war Lohan bereits der Übergang vom unterhaltsamen Mainstream-Kino zum anspruchsvollen Fach geglückt, etwa mit Robert Altman’s Last Radio Show (2006) als Tochter einer wehmütigen Meryl Streep. Nachdem einige Comeback-Versuche (etwa 2013 mit Paul Schraders Erotikthriller The Canyons) nur bedingt klappten, erschien Ende 2022 die weihnachtliche RomCom Falling for Christmas auf Netflix. Nun setzt sich Lohans Netflix-Ära mit der Fantasy-Romanze Irish Wish fort, in der sich der Hochzeitstraum einer jungen Frau auf magische Weise zu erfüllen scheint.

Ab dem 15. März im Programm.

 

Empfehlung für Amazon Prime

 

Jordan Peele (Get Out) erzählt von einer rätselhaften Wolke, die über der kalifornischen Wüste zur tödlichen Bedrohung wird. Das Werk ist einerseits eine Reflexion über soziale Missstände und Filmgeschichten, die uns in bissiger Form vor Augen geführt werden – etwa wenn es um die Repräsentation von Schwarzen geht. Und andererseits hat der Film den Unterhaltungswert eines Blockbusters. Event-Movie-Bombast trifft auf feine Beobachtungen und unerwartete Twists. Die Genre-Leidenschaft des 70er- und 80er-Jahre-Kinos, das insbesondere von Steven Spielberg und George Lucas geprägt wurde, wird durch einen modernen Blickwinkel ergänzt. Die Zeichnung der Figuren und das Schauspiel von Daniel Kaluuya, Keke Palmer und Steven Yeun sind absolut fabelhaft.

Ab dem 22. März verfügbar.

 

Empfehlung für Filmfriend

 

Das Langfilmdebüt von Malte Wirtz aus dem Jahr 2015 über fünf junge Menschen aus Köln lebt ganz vom Charme des Improvisierten. Mit Split-Screen-Momenten, beschleunigten Aufnahmen, einem plötzlichen Übergang vom Farb- zum Schwarz-Weiß-Bild (und wieder zurück) wird die Lust am Experimentieren demonstriert. Der Schauspielstil ist bewusst überzogen. Zu den Einflüssen des Low-Budget-Werks zählen der Schriftsteller Louis Begley mit seinem Roman Der Mann, der zu spät kam (1993) und der temporeiche Kultfilm Theo gegen den Rest der Welt.

Auf www.filmfriend.de kostenlos mit dem Bibliotheksausweis streambar. Alle Infos gibt es hier: https://weristdabei.filmfriend.de/

 

Empfehlung für Sooner

 

  • You Will Die At Twenty

Im Spielfilmdebüt des sudanesischen Regisseurs Amjad Abu Alala geht es um die Mutter Sakina (Islam Mubarak) aus einem sudanesischen Dorf, die im Verlauf einer Zeremonie mit der Prophezeiung konfrontiert wird, dass ihr neugeborener Sohn im Alter von 20 Jahren sterben werde. Schon als Kind (verkörpert von Moatasem Rashed) macht Muzamil diese düstere Vorhersage zum Außenseiter – und auch als 19-Jähriger (nun Mustafa Shehata) spürt er unentwegt einen Schatten über sich. Das Werk befasst sich mit dem Verhältnis zwischen Schicksal und einer selbsterfüllenden Prophezeiung. Zum einen wird uns eine besondere Coming-of-Age-Story präsentiert, zum anderen schildert das Drehbuch, das der Regisseur zusammen mit Yousef Ibrahim auf Basis der Kurzgeschichte Sleeping at the Foot of the Mountain von Hammour Ziada geschrieben hat, eine berührende Familiendynamik.

Neu auf https://sooner.de/de im Monats- oder Jahresabo.

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