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Jordan Peele hat sich bereits mit seinem Debüt einen Fixstern am Firmament Hollywoods gesichert. Mit „Nope“ liefert er nun den Sommerblockbuster, den wir dringend nötig haben.

Nope (2022)

Eine Filmkritik von Julian Stockinger

Spektakuläre Dekonstruktion der Traumfabrik

Jordan Peele klettert mit seinem dritten Film auf der Eskalationsleiter im Horrorkosmos wieder ein Stück höher. „Get Out“ (2017) funktionierte als satirischer wie schmerzhafter Kommentar auf kulturelle Aneignung und rassistische Ausbeutung, im Gewand eines kleinen Body-Invasion-Horrorfilms. In „Us“ (2019) wurde das Terrain ausgeweitet und zumindest die erste Hälfte als beinharter Home-Invasion-Schocker inszeniert. Und auch „Nope“ folgt der Tradition und erweitert den Kreis, denn allem Anschein nach haben wir es hier mit einer Invasion durch Aliens zu tun. Gegen sämtliche Tropen des Subgenres lässt Peele Wissenschaft, Militär und das Weiße Haus außen vor und konzentriert sich stattdessen auf einige wenige, fantastisch gezeichnete Figuren.

Nachdem ihr Vater bei einem — milde ausgedrückt: seltsamen — Unfall ums Leben gekommen ist, führen die Geschwister Em (Keke Palmer) und OJ (Daniel Kaluuya) das Familienunternehmen fort. Auf ihrer Ranch, wo ihr beeindruckendes Jahrhunderthaus steht, trainieren sie Pferde für Film und Fernsehen. Auf den überwiegend weiß besetzten Sets fallen sie nicht nur wegen ihrer Hautfarbe auf. Während sich OJ ungern vor Menschen inszeniert, nutzt Em jede Gelegenheit, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Sie will es in Hollywood weit bringen. Und als ihr Bruder glaubt, ein UFO gesichtet zu haben, wittert sie eine einmalige Chance. Eher unfreiwillig holen sie sich einen übermotivierten Verschwörungstheoretiker (Brandon Parea) an Bord, der die dafür notwendigen Kameras installiert.

Doch sie sind nicht die Ersten, die in der Entdeckung ein gewinnbringendes Spektakel erkannt haben: Wenige Kilometer entfernt veranstaltet der mittlerweile erwachsene Kinderstar Ricky Park (Steven Yeun) allabendliche Open-Air-Vorführungen der außerirdischen Erscheinung. Nur blöd, dass sie von der Beobachtung getriggert wird. Wer Blickkontakt mit dem fliegenden Ding hält, läuft nämlich Gefahr, von ihm vernichtet zu werden.

Nicht nur in der nonverbalen Kommunikation mit dem außerirdischen Mysterium, das sich tagsüber gekonnt hinter Wolken versteckt, geht es um den Blick, um das Sehen und Gesehenwerden. Nope funktioniert auch als ambivalente Hollywood-Kritik, die aufzeigt, mit welchen Mitteln man es in diesem Geschäft weit bringt. Heiße Luft, Plastik und weiße Hautfarbe tragen jedenfalls zur Sichtbarkeit in der Entertainmentindustrie bei. Ein Umstand, der von Em regelmäßig angeprangert wird. Immer wieder weist sie auf die mangelnde Sichtbarkeit von nicht-weißen, aber essenziellen Filmschaffenden hin. Gleichzeitig ist es ausgerechnet sie, die in Bezug auf die Filmindustrie, aller Heuchelei zum Trotz, die größten Ambitionen hegt und es bei ihrem derzeitigen Standbein als Pferdetrainerin nicht belassen will.

In einer ähnlichen Ambivalenz dürfte sich auch Jordan Peele selbst bewegen. Denn bei all der satirischen Dekonstruktion seines eigenen Arbeitsumfelds ist Nope gleichzeitig eine tiefe Verbeugung vor klassischem US-amerikanischem Spektakelkino. Allen voran wird dem Quasi-Erfinder des Sommerblockbusters Steven Spielberg Tribut gezollt, dessen Filme an mehreren Stellen zitiert werden. Dabei reicht es Peele selbstredend nicht, seinem Vorbild alleine der Referenz wegen die Ehre zu erweisen. Vielmehr transformiert er die Ideen des ikonischen Regisseurs zugunsten der eigenen Agenda. Und so werden Naturgewalten, die in Nope mehrfach und brutal zuschlagen, immer in Kontrast zu mit heißer Luft aufgeblasener Plastikkunst in Szene gesetzt, was gen Ende, im fulminanten Showdown, plakativ auf die Spitze getrieben wird.

Nope funktioniert aber keineswegs nur als Meta-Reflexion über Rassismus in der Filmindustrie oder als bildgewordene Anprangerung inhaltslosen Plastik-Recyclings geldeinbringender Ideen. Jordan Peeles dritter Film ist ein Kino-Spektakel, wie man es sich nur wünschen kann. Ein Film, der sich Zeit lässt, seine Figuren einzuführen, um das gemeinsame Abenteuer mit ihnen umso nahbarer und intensiver zu gestalten. Die Langsamkeit, die Peele mit ebenso witzigen wie verstörenden Szenen schmückt, macht sich spätestens dann bezahlt, wenn wir uns im Kinosaal dabei ertappen, vor lauter Involviertheit selbst keinen Blickkontakt mit der Bedrohung aufnehmen zu wollen. Was ein fataler Fehler wäre, weil die Bilder, die uns Peele, mithilfe seines Kameramanns Hoyte van Hoytema (Tenet, Interstellar, Her…) auf die Kinoleinwand zaubert, mit Sicherheit zu den spektakulärsten dieses Filmjahres zählen.

Jordan Peele liefert mit Nope den Sommerblockbuster, den wir so dringend nötig haben, weil er aufzeigt, wie Popcorn-Kino auch geht. Nämlich mehrdeutig, intelligent und kritisch, ohne Einbußen in Sachen Bildgewalt, Nervenkitzel und einer gehörigen Portion Spaß. Als Hommage an das Kino, als Spielstätte von spektakulären Bewegtbildern, sollte er auf jeden Fall genau dort erlebt werden: im Kino, diesen Sommer.

Nope (2022)

Jill (Keke Palmer) und James (Daniel Kaluuya) sind die Eigentümer einer Farm für Hollywood-Filmpferde. Ihre kalifornische Haywood-Ranch, weitab von den ersten Anzeichen menschlicher Zivilisation, ist bereits seit Jahrzehnten in Familienbesitz. Eines Nachts beobachten sie auf ihrem Land schockierende Phänomene, für die es keinerlei Erklärung zu geben scheint. Dabei ahnen sie nicht, dass es sich nur um die Vorboten eines grauenerregenden Geheimnisses handelt …

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Meinungen

Sokon · 18.10.2022

Super Film. Mit tollen Metaebenen, glaubwürdigen Charakteren und einem trashigen (Spoileralarm) Alien. Der Film ist wirklich langsam, nimmt sich viel Zeit, war dabei aber für mich nie langweilig. Er missachtet dabei eine Menge Regeln des logischen, nachvollziehbaren Sci-fi Film, aber genau das macht den Film sehenswert. Wer versucht den Film, nur anhand des gezeigten Inhalts zu verstehen, hat schon verloren.

Christian · 11.09.2022

Einer der schlechtesten Filme, die ich seit Jahren gesehen habe. Viel zu langsames pacing, ohne dass es am Ende belohnt wird. Der Trailer ist irreführend und die Schauspieleristische Leistung ist Müll. Naja aus dem Skript kann man wohl auch nicht viel machen. Der Affe war wohl nur für Trailer Zwecke im Film, der hat mit der Story nämlich überhaupt nichts zu tun und wird nur 2 mal so am Rande erwähnt. Das "Raubtier" macht absolut keinen Sinn. Mal beschützt dich ein Dach, mal nicht. Mal frisst es ohne Grund, dann auf einmal nur wenn man es anguckt. (Was auch extrem faul geschrieben ist) Warum geht alles Elektrische in seiner Nähe aus? Und warum zur Hölle stirbt es am Ende, nur weil ein Ballon in ihm platzt? War der Ballon mit TNT gefüllt? Dadurch war der ganze "Wir müssen ein Video/Foto machen, um die Welt zu warnen" Plot umsonst. Woher kam das Vieh überhaupt und warum hat es nie einer bemerkt? Warum verändert es plötzlich seine Form? Warum hat der Opa sich mit seiner Kamera geopfert, obwohl sie das Video schon in der Tasche hatten und damit alle in Gefahr gebracht? Wie zur Hölle ist der Hauptcharakter am Ende entkommen? NICHTS davon wird erklärt. Gebt bloß kein Geld für diesen Müll aus oder ihr werdet es bereuen. Nicht mal online anschauen lohnt sich, da es einfach 2 Stunden pure Enttäuschung sind. Scrollt lieber 2 Stunden durch TikTok, damit habt ihr eure Zeit 100 Mal sinnvoller verbracht.

Stephan · 28.10.2022

Ich kann das nur unterschreiben. C-Movie vom Übelsten. Der Trailer dagegen hat sehr viel mehr versprochen was leider nicht im Entferntesten gehalten wurde.

Selekta · 20.11.2022

Du hast alles gesagt. Ich kann nicht nachvollziehen, wie dieser Film die so sehr positiven Kritiken rechtfertigt. Der Film ist wirsch wie die Schwester des Hauptdarstellers. Mit völlig überdrehten und teils nicht nachvollziehbaren Dialogen und handlungssprüngen. So geht die erste Stunde ins Land, wo ich kurz vorm ausmachen stand. Die zweite Stunde ist interessanter, weil der Showdown sich langsam ankündigt. Der ist zumindest interessant gemacht, aber dennoch schwer zu begreifen. Verstanden habe ich es letztlich nicht. Letztlich viel schlechter als gedacht und irgendwie zeitverschwendung.

Tom · 21.08.2022

Ein Film der an die damaligen "Trash" Filme der 50er erinnern SOLL. Eine tolle Hommage, genial verwobene Anlehnen früher SiFi Klassiker mit ebenso altzeitlichem Horror a la Tarantula, oder "der Blob". Damals Trash - heute Kult. Erinnert auch ein wenig an "Evolution". Spannend aufgebaute Charaktere, hintergründige Seitenhiebe auf eine fette weisse Filmindustrie, und ein toller Witz. Sehenswert, Adrenalin garantiert, und dabei dann doch nicht gar so blutig wie man befürchten könnte.

Samuel · 18.08.2022

Große Kunst und ungewöhnlicher Mix - ein Film, der hintergründig und vielfältig diverse Themen anspricht. Es braucht Intelligenz und Zeit, diesen Film wirklich zu verstehen. Auf jeden Fall nichts für Menschen, die nur die üblichen schnellen Mainstream-Abziehbilder im Kino wollen. NOPE - eine irgendwie frische Art der Überwältigung.

Ricardo Hudeczek · 15.08.2022

Unglaubwürdiger Trash. Erinnerte mich an die US-amerikanischen Billigprodukte der fünfziger Jahre.

Dietmar · 15.08.2022

Ich hab mir den Film gestern im Kino angeschaut und muss sagen, es war der schlechteste was ich mir jemals im Kino angeschaut habe! Absolut Sinnfrei und von nachvollziehbarer Handlung Lichtjahre entfernt! Schmeißt das Geld für die Tickets lieber aus dem Fenster und macht was anderes