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Empfehlungen

Schreckensreigen: Die besten Horrorreihen

Franchise boomt, gerade auch im Horrorfilm. Reboot reiht sich an Reboot. Prequel, Sequel, einerlei. Es gibt aber auch gelungene Reihen. Wir präsentieren die Favoriten der Redaktion.

Meinungen
Horrorreihen

Final Destination

Manchmal passiert es, dass man über einen Text einen vollkommen neuen Zugang zu einem Film oder einer Reihe geschenkt bekommt, der die bisherige Einschätzung auf den Kopf stellt. Das Final Destination-Franchise mit seinen fünf Filmen stand nicht sonderlich hoch in meinem Kurs. Den ersten Film haben wir – ich erinnere mich noch ganz genau – an einem Filmabend im fernen Jahr 2000 gesehen.

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Es war eine unserer ersten DVDs und natürlich wollten wir einen Horrorfilm sehen. Bewaffnet mit Popcorn und Chips saßen wir im elterlichen Wohnzimmer und fanden den Todesreigen dieses Teenager-Slashers ohne Killer ziemlich cool. Mehr aber auch nicht. Um die Fortsetzungen habe ich nach dem zweiten Teil einen weiten Bogen gemacht: Die Todesarten, so mein Gefühl, werden als ästhetische Ereignisse aneinandergereiht. Dabei war die Prämisse des ersten Teils in der Tat grandios: Da durchkreuzt eine Gruppe von Menschen den Plan des Todes, indem sie dem Sensenmann von der Schippe springen. Der aber beginnt nun das, was ihm zusteht, was bereits verbucht war, einzufordern. Absurde Unfälle und der verzweifelte Versuch, dem Schicksal zu entgehen, sind die Folge – und das läuft in allen Teilen so ab. Im kommenden Jahr soll dann auch ein sechster Teil erscheinen.

© Duke University Press

Die amerikanische Filmtheoretikerin Eugenie Brinkema hat der Reihe in ihrem Buch Life-Destroying Diagrams einer aufregenden Re-Lektüre unterzogen. Dieser ziemlich anspruchsvolle Text, der völlig selbstverständlich mit einem Film wie Final Destination umgeht, betont die Wichtigkeit der Form: Der Film hat streng genommen keine Handlung, keine Spannung und letztlich kein Geheimnis – der Tod wird kommen, er ist eine Struktur, die momentanen Aufschub erlaubt, der wir aber nicht entkommen können. Überall lauert der Schnitt durch den Körper, jeder Alltagsgegenstand ist eine potenzielle Waffe. Daraus ein Franchise zu bauen, ist dann nur folgerichtig: Das Monster ist in der Struktur des Lebens selbst eingeschrieben und die Gewalt des Films ist eine Gewalt der Form. Final Destination als existenzialistischer, ja philosophischer Horror: Holy Shit.

Man muss nun wirklich nicht jedem Horrorfilm mit Philosophie begegnen, um ihm einen Wert abzuringen. Das ist nicht der Punkt. Dennoch ist es großartig, wenn man durch einen theoretischen Text auf eine neue Sichtweise gebracht wird. Spaß kann man auch so haben. In diesem Fall hat der Ernst mich dazu gebracht, dieses Franchise als ziemlich kluge Angelegenheit zu sehen.

Sebastian Seidler

Freitag, der 13.

Jason Voorhees ist eine Horror-Ikone. Die will ich natürlich nicht kleinreden. Aber nach zehn regulären Teilen, in denen er unter anderem als Zombie-Boy aus dem See sprang, als junger Mann wiederkehrte, seine Hockeymaske als Trademark fand, mehrere Male reanimiert wurde, sich mit einer telekinetisch begabten Jugendlichen battelte, per Dampfer nach Manhattan reiste, in der Hölle und im All landete und obendrein noch gegen seinen Franchise-Konkurrenten Freddy Krueger kämpfen musste, ist Jason ehrlich gesagt ziemlich auserzählt. Das einfallslose Remake aus dem Jahre 2009 hat gezeigt, dass da echt nicht mehr viel herauszuholen ist.

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Potenzial sehe ich indes in der Figur von Jasons Mom Pamela. Sie war die Killerin im atmosphärischen ersten Teil (Obacht! Dieses Wissen hätte Drew Barrymore in Scream vielleicht das Leben gerettet!). Gespielt wurde sie von der wundervollen Betsy Palmer (1926-2015). Die wollte sich damals ein neues Auto kaufen und nahm deshalb die Rolle an – im Glauben, dass ohnehin niemand diesen Murks sehen werde. Es kam anders. Und bis heute wird Palmer, die zur Classical-Hollywood-Zeit so eine Art Doris Day der zweiten Reihe war, für ihre herrlich überdrehte Darbietung von Fans geliebt.

In besagtem Remake übernahm die nicht minder großartige Nana Visitor (bekannt als rebellische Kira Nerys aus Star Trek: Deep Space Nine) den Part – aber leider nur für einen Sekundenauftritt im Prolog. Mit ihr im Zentrum wäre damals womöglich mehr als sexistische Genre-Stangenware entstanden. Ich sage: Bring back Nana, bring back Pam!

Andreas Köhnemann

Chucky – Die Mörderpuppe

Ja, auch die Chucky-Filme sind von schwankender Qualität. Im Gegensatz zu den noch erfolgreicheren Franchises, die sich gerne durch Selbstzitate und Fan-Service absichern – eine bekannte Figur taucht auf! Welch „Moment“! –, hat aber jeder sein eigenes Konzept und seine Daseinsberechtigung. Vielleicht liegt das daran, dass das Chucky-Universum einen alleinigen kreativen Kopf hat: Don Mancini schrieb alle Drehbücher und übernahm ab Teil fünf auch selbst die Regie.

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Ausgerechnet seine Filme sind besonders unterschiedlich: Chuckys Baby ist postmodern und selbstironisch, wie 2004 üblich im Horrorfach, besticht aber vor allem durch Gender-Diversität und B-Film-Referenzen: Chucky und Tiffany bekommen ein non-binäres Kind, das sowohl Glen als auch Glenda heißt (in Anlehnung an Glen or Glenda, Ed Woods 1953er Drama über Transidentität), und die wohl größte Ikone des queeren B- und Undergroundkinos John Waters spielt eine Nebenrolle. Der Nachfolger Curse of Chucky ist eine Kehrtwende und serviert klassischen Spukhaus-Grusel, nur mit etwas mehr Geschlitze. Letzter ist der Kritikerliebling, als Fan abseitiger Filmgeschichte habe ich persönlich aber besonders viel Liebe für Chuckys Baby. Was alle Filme der Reihe eint, ist ein mal mehr, mal weniger offenkundiger zynischer Humor. Wer hätt’s gedacht, bei einer Kinderpuppe mit dem Geist eines Serienkillers.

Sogar die Serienadaption, die Don Mancini seit 2021 verantwortet, ist sehenswert. Einmal wieder verarbeitet er darin Queerness sowie die Ausgrenzungserfahrungen von Kindern und Jugendlichen: Die Hauptfigur ist ein schwuler Teenager, und Chucky zunächst alles andere als ein Antagonist – eher ein besonders skrupelloser Ally im Kampf gegen Mobbing und Homofeindlichkeit.

Mathis Raabe

Cloverfield

Puh, Horrorreihen — schwieriges Thema. Denn wenn’s um Horror geht, dann bin ich doch eher bei den singulären Werken. Oder habe, wenn es denn mehr als zwei Fortsetzungen gibt, in der Regel nur den ersten Teil gesehen, zu schlecht ist der Ruf der endlos repetitiven Schlachtorgien von Mike Myers, Freddie Krueger und Co. Am ehesten müsste hier noch Alien stehen – Teil eins ist nach wie vor der (ur)angsteinflößendste Streifen, der mir je untergekommen ist. Aber auch da wird’s ab Teil drei dünn.

Deshalb hier eine andere Empfehlung, auch wenn die ebenfalls wahrlich keinen Innovationspreis gewinnt: Cloverfield. Diese Reihe umfasst (bislang) zwar nur drei Teile, vermeidet dabei jedoch geradezu vorbildlich das von mir mokierte Repetitive, da jeder Film ein anderes Sub-Genre, ein anderes formales Grundkonzept abdeckt. Erst die Alien/Monster-Stadtzerstörungs-Invasion von Cloverfield, festgehalten im chaotischen (und 2008 noch durchaus frischen) Handkamera-Found-Footage-Stil. Dann das ruhige, intensive Kammerspiel von 10 Cloverfield Lane, in dem drei Überlebende (darunter der fantastische John Goodman) in einem Bunker der Apokalypse harren und dabei mal wieder beweisen: Das Gefährlichste in einem solchen Szenario sind andere Menschen. Und schlussendlich der Space-Horror, die Angst vor der unendlichen Leere des Weltraums, in dem jeder Fehler tödlich enden kann, von The Cloverfield Paradox.

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Dass diese drei Filme im selben Erzähluniversum spielen, ist weder notwendig noch relevant, der Zusammenhalt wird im Grunde nur über die Titel hergestellt. Und wahrlich: Keiner dieser Filme ist perfekt, gerade Letzterer hat doch mit einigen Schwächen zu kämpfen. Doch will man sie als Reihe sehen und anschauen, hat dieses Filmtrio gegenüber anderen Horrorreihen einen unschlagbaren Vorteil: Abwechslung.

Christian Neffe

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