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Leichtfüßig zwischen den Welten - Über die Kunst der Penélope Cruz

Ein Beitrag von Verena Schmöller

Ob kleine Schwester, Mutter oder Liebhaberin – Penélope Cruz war schon vieles. Jetzt mimt sie eine Autorenfilmerin und scheucht ihre Kollegen Antonio Banderas und Oscar Martínez durch die Gegend. Wie sich Penélope Cruz zwischen Massen- und Arthouse-Kino bewegt.

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Cruz

Wenn man eine Schauspielerin aus Spanien kennt, dann ist es sie: Penélope Cruz. Keine andere Spanierin ist so präsent im internationalen Kino wie die 48-Jährige. Sie bedient Mainstreamproduktionen ebenso wie das Arthousekino, spielt auf Englisch wie auf Spanisch, wird in Hollywood genauso engagiert wie von Autorenfilmer Pedro Almodóvar. Als erste Spanierin wurde sie mit einem Oscar ausgezeichnet und mit einem Stern auf dem Hollywood Walk of Fame geehrt. In Der beste Film aller Zeiten wechselt sie nun die Seiten und schlüpft in die Rolle der exzentrischen Regisseurin Lola Cuevas.

Vermutlich hat jede:r einen anderen Film im Kopf, wenn der Name Penélope Cruz fällt: Volver oder Blow, Offenes Geheimnis oder Pirates of the Caribbean, zuletzt Parallele Mütter oder The 355. So unterschiedlich die Titel in Genre und Kinoform sind, so vielfältig ist auch das Repertoire, das die Schauspielerin aus Alcobendas in der Provinz Madrid zu bieten hat. Sie spielt in Arthousefilmen ebenso überzeugend wie in Hollywoodproduktionen, weiß ihren Charme, ihren Körper, ihr Wesen so einzusetzen, dass es zu Rolle, Film und Zielpublikum passt.

Schaut man Penélope Cruz in den massentauglicheren Filmen zu, kann man schnell den Eindruck von der schönen Schauspielerin erhalten, die eine Rolle vor allem deshalb abbekommen hat, weil sie mit dem Look einer rassigen Latina aufwarten kann: gutgebauter Körper, lange dunkle Haare, dunkelbraune Augen, die bezaubern. 2014 vom Magazin Esquire zur sexiest women alive gekürt, versprüht sie oft vor allem das: Sexiness. Und passt damit natürlich auch in Rollen wie die der Kolumbianerin Mirtha Jung in Blow (2001) oder der Silvia in Lust auf Fleisch (1992) von Bigas Luna.

Dass sie aber mehr kann, zeigt sie schon früh: In Das Mädchen deiner Träume (1998) von Fernando Trueba mimt sie die Schauspielerin Macarena Granada, die während des Spanischen Bürgerkriegs nach Deutschland reist, um bei der UFA in Babelsberg einen Film zu drehen, und Propagandaminister Joseph Goebbels besser kennenlernt, als ihr lieb ist. Für ihre Rolle als verführerische, aber auch politisch agierende Künstlerin erhält Cruz ihren ersten Goya, den spanischen Filmpreis, als beste Hauptdarstellerin.

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Fernando Trueba war es auch, der Penélope Cruz eine ihrer ersten größeren Kinorollen gegeben hat, mit der sie international bekannt wurde. Im Oscar-prämierten Belle Epoque (1992) spielt sie mit viel Charme und vermeintlicher Unschuld im Gesicht die jüngste von vier Töchtern, die einem jungen Deserteur die Augen verdrehen, bedrängen und damit fast aus dem Haus jagen. Noch bedeutsamer für ihre internationale Schauspielkarriere aber wird der Film Open Your Eyes (1997) von Alejandro Amenábar, der vier Jahre später von Cameron Crowe für das amerikanische Kino neu verfilmt wird: Auch im Remake Vanilla Sky (2001) spielt Cruz die Rolle der Sofia – dieses Mal an der Seite von Tom Cruise, mit dem sie auch privat anbandelt.

Es folgen Filme in Hollywood: Blow (2001), Masked and Anonymous (2003), Gothika (2003) oder Sahara (2005) und Affären mit Johnny Depp und Matthew McCounaughey, bevor Penélope Cruz nach Spanien zurückkehrt, wo ihr Kultregisseur Pedro Almodóvar – nach Nebenrollen in Live Flesh (1997) und Alles über meine Mutter (1999) – eine erste Hauptrolle anbietet: Volver (2006).

In Volver hat Penélope Cruz den Part der Raimunda, die den Totschlag ihrer Tochter vertuschen muss und nebenbei einige andere Dinge für sich und ihre Familie klärt. Sie spielt das mit viel Stärke, mit einer ausdrucksstarken Mimik und mit viel Gefühl – unvergessen ist der Moment, in dem sie das Lied Volver singt, also eigentlich nur die Lippen zum Gesang von Flamencosängerin Estrella Morente bewegt, dies aber so überzeugend macht, voller Emotionen und Tränen in den Augen, dass sie nicht nur die Figuren um sich herum bewegt, sondern auch das Publikum.

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Mit Volver wird Penélope Cruz nicht nur endgültig in den Reigen der Musen des Pedro Almodóvar aufgenommen; sie spielt im Film auch eine der starken Frauen, die das Schaffen des spanischen Filmemachers prägen: Frauen, wie Cruz sie auch in Zerrissene Umarmungen, Leid und Herrlichkeit oder Parallele Mütter präsentiert, die wider aller Umstände alles schaffen, die von ihren Partnern schikaniert, ignoriert oder misshandelt werden, denen das Leben viele Steine in den Weg legt, die aber das Beste daraus machen, immer wieder aufstehen, sich zusammentun und die Welt immer ein klein wenig besser machen. In Volver ist das nicht nur Raimunda, auch die anderen Frauenfiguren tun das Ihre, um Raimunda zu unterstützen und sich gegenseitig zu helfen. Dafür hat das Schauspielerinnenensemble des Films in Cannes auch gemeinsam den Darstellerinnenpreis erhalten.

Fortan wechselt Cruz zwischen europäischem Arthousekino (Elegy, Zerrissene Umarmungen, Ma Ma) und amerikanischen Mainstreamstreifen (Pirates of the Carribean, Sex and the City 2). Auch Woody Allen wird auf die Spanierin aufmerksam und engagiert sie erstmals für Vicky Christina Barcelona (2008). Dort funkt es nicht nur zwischen ihr und Jetzt-Ehemann Javier Bardem (die beiden standen erstmals für Lust auf Fleisch zusammen vor der Kamera), sondern bringt ihr auch den bisher international größten Erfolg: Für ihre Rolle als María Elena in Vicky Christina Barcelona erhält sie nicht nur den Goya, sondern als erste Spanierin überhaupt einen Oscar.

Penélope Cruz erhält im Laufe ihrer Karriere viele Auszeichnungen und Trophäen. Und auch wenn Cruz‘ Performance in Parallele Mütter (2021) nur mit einer Oscar- und Goya-Nominierung und nicht mit den begehrten Preisen bedacht wurden, so ist das doch eine der herausragendsten Leistungen in ihrer Karriere. Im jüngsten Film von Pedro Almodóvar spielt Penélope Cruz eine Mutter, Janis, deren Kind mit dem einer anderen vertauscht wird und des plötzlichen Kindstods stirbt. Lange kann Janis nicht darüber sprechen, verheimlicht, was sie herausgefunden hat, und muss sich dann doch eingestehen, dass Lügen und Verschweigen nicht helfen – ihr selbst am wenigsten. In diese Rolle legt die Schauspielerin – mittlerweile selbst Mutter von zwei Kindern – all ihre Emotionen, ihren Schmerz, ihre Liebe.

Der beste Film aller Zeiten. / © StudioCanal

Ganz anders dagegen kann man sie in diesen Tagen in Der beste Film aller Zeiten (2021) erleben. In der spanisch-argentinischen Produktion an der Seite von Antonio Banderas und Oscar Martínez mimt sie eine extravagante Filmemacherin, die zwar auch Gefühle hat und zeigt, dies aber auf exaltierte Art und Weise tut. Ihre Figur ist kühl, distanziert, schräg, intellektuell, doch manchmal brechen die Emotionen unkontrolliert aus ihr heraus oder – und das ist noch großartiger – finden sich lediglich in einem einzigen Blick. Auch das spielt Penélope Cruz überzeugend, auch wenn man diese Rolle vielleicht nicht unbedingt in ihr sehen möchte (die ausgedehnte Lockenfrisur hilft dabei nur wenig). Die Rolle der Lola Cuevas gehört nicht zu ihren besten, zeugt aber eben von ihrer Vielseitigkeit, die sie gerade im Hin und Her zwischen Mainstream und Autorenkino trainiert.

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