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Festivals

Fantasy Filmfest 2022: Und was schaust du?

Es ist wieder so weit: Im September wird in sieben deutschen Städten das Fest für den abseitigen Film gefeiert. Horror, Sci-Fi, Thrillerkost: Fantasy Filmfest, here we go. Aber wer geht denn nun wo rein? Und vor allem: warum? 

Meinungen
FFF 22

Berlin. München. Hamburg. Köln. Stuttgart. Frankfurt. Nürnberg. Dort an diesen Orten wird in den kommenden Wochen des Septembers das Genrekino gefeiert. Der Startschuss erfolgt am 07. September in der Hauptstadt und in München: Eröffnet wird mit Don’t Worry Darling, dem zweiten Film von Olivia Wilde. Hier könnt ihr alle Filme auf einer Seite sehen und euch einen Überblick verschaffen. Warum aber wählt man diesen und nicht einen anderen Film? Die Redaktion erklärt ihre Entscheidungen und stellt ihre Favoriten vor:

Ogre von Arnaud Malherbe

Horrorfilme, die aus der Perspektive von Kindern erzählt werden, faszinieren mich. Die Verbindung zwischen der gesellschaftlich angenommenen Unschuld und dem unaussprechlichen Grauen eröffnet Spielräume für dunkle Atmosphäre und bedrohliche Szenarien. Eines meiner Highlights auf dem Festival 2018 war der fantastische The Dark, eine Art Horrormärchen, in dem eine Untote einen blinden Jungen durch einen Wald begleitet. Oder man nehme den herrlich unangenehmen Ich Seh, Ich Seh  von Severin Fiala und Veronika Franz, indem Zwillingsbrüder ihrer Mutter nicht mehr über den Weg trauen.

© plaion pictures

Ogre mag von einer klassischen Prämisse ausgehen: Ein Kind kommt mit seiner Mutter in einem neuen Ort an, um die Schrecken der Vergangenheit loszuwerden. Selbstverständlich wartet das Grauen in der Fremde. Ein Junge ist in der kleinen Gemeinde verschwunden und es gibt Gerüchte von einem Biest, einem Kindsmörder. Als der attraktive Arzt Mathieu seiner Mutter immer deutlichere Avancen macht, vermutet Jules hinter der Fassade des harmlosen Mannes die Bedrohung. 

Was mich an dem Film interessiert? Nun, das Schöne am Genrefilm ist, dass man es mit bestimmten Formeln zu tun hat. Wenn es gelingt, diese Bausteine zu versetzen und eine interessante Atmosphäre zu erzeugen, ist schonmal sehr viel gewonnen. Daher zieht es mich immer in jene Filme, die scheinbar klassisch sind. Ogre ist ein Versprechen, dass der Film die Regeln gegen sich wendet.

Der Film ist in Berlin und München am Sonntag 11.09. um 21:45 Uhr zu sehen. In Hamburg, Köln und Stuttgart am Freitag 16.09 um 13:00 Uhr. In Frankfurt und Nürnberg am Freitag 23.09. um 13:15 Uhr. 

Sebastian Seidler

Piggy von Carlota Pereda

Es gibt mindestens zwei Gründe, warum der spanische Schocker Piggy auf meiner persönlichen Watchlist ganz oben steht. Zunächst eilt dem Film bereits ein ziemlich guter Ruf voraus. Auf dem renommierten Sundance Filmfestival gab es gute Reaktionen und ich und Sundance sind gute Freunde. Zudem heißt es, in seiner kompromisslosen Härte würde der Film an die New French Extremity heranreichen, eine Welle französischer Horrorfilme, die auch zwei meiner absoluten Horrorfavoriten angespült hat: Alexandre Ajas High Tension und Pascal Laugiers Martyrs. Nun habe ich aber bei Piggy nicht das Gefühl, dass es einfach nur darum geht, mit der Härte zu punkten, wie Horrorfilme gerne tun. Alles, was ich bisher über den Film gelesen habe, deutet darauf hin, dass es sich um eine ernstzunehmende Auseinandersetzung mit Trauma, Mobbing und Gewalt handelt.

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Piggy erzählt die verstörende Geschichte der Metzgerstochter Sara, die von ihren Altersgenossinnen wegen ihres Übergewichts gnadenlos gemobbt wird. Eines Tages entführt ein psychopathischer Killer ihre Peinigerinnen – und Sara schweigt zunächst. Doch wird sie dem Killer noch sehr nah kommen. Blutig, subversiv und intensiv.

Der Film ist in Berlin und München am Mittwoch 14.09. um 18:30 Uhr zu sehen. In Hamburg, Köln und Stuttgart am Samstag 21.09 um 16:15 Uhr. In Frankfurt und Nürnberg am Freitag 28.09. um 16:15 Uhr. 

Sebastian Seidler

Watcher von Chloe Okuno

Horrorfilme triggern mich dann, wenn es ihnen gelingt, bestimmte Angstbilder zu inszenieren. Die Vorstellung, eine starrende Gestalt im Fenster gegenüber zu entdecken, gehört auf jeden Fall zu den Szenarien, die mich im echten Leben in absolute Panik versetzen würden. Der Schrecken, dass jemand hinter dir her ist, dir auflauert und in perverser Zurückhaltung ein Spiel spielt – der Trailer von Watcher verspricht all das und fädelt geschickt den Zweifel ein; womöglich bildet sich die Hauptfigur alle nur ein. Wo liegt aber dann der Punkt der Bedrohung? Im Inneren?

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Die Möglichkeiten für nervenzerfetzenden Suspense sind unendlich, wenn man die Ecken und Winkel zu inszenieren weiß. Die Bilder, die vorab von Chloe Okunos Film zu sehen sind, lassen keinen Zweifel zu: Hier versteht jemand sein Handwerk der Paranoia. 

Der Film ist in Berlin und München am Dienstag 13.09. um 20:00 Uhr zu sehen. In Hamburg, Köln und Stuttgart am Samstag 17.09 um 20:00 Uhr. In Frankfurt und Nürnberg am Samstag 24.09. um 20:00 Uhr. 

Sebastian Seidler

Deadstream von Joseph Winter & Vanessa Winter

Wenn man schnelle Unterhaltung will, geht man heutzutage auf das Live-Streaming-Videoportal Twitch. Tausende Menschen bieten in Livestreams ihren Content an und laden uns ein, ihnen beim Spielen von Videospielen zuzusehen, gemeinsam zu quatschen oder in IRL-Streams („In Real Life“) ihr Leben zu begleiten. Der stetige Kampf um die meisten Zuschauenden, die höchste Donation oder den längsten Livestream sind an der Tagesordnung. Wenn man keinen interessanten Content bieten kann, sitzt man schnell wieder allein vor seinem Setup und die Klickzahlen sind auf null. Filme über diese digitalen Machtkämpfe gibt es bisher noch nicht viele. Die Horrorkomödie Deadstream von Joseph Winter und Vanessa Winter widmet sich diesem Phänomen und ich habe große Lust diesen Film zu sehen.

Joseph Winter spielt Shawn Ruddy, einen beliebten, aber zugleich toxischen YouTube-Vlogger, der gebannt wurde, nachdem einer seiner Stunts zu weit ging und jemanden ins Krankenhaus brachte. Nachdem er die Plattform zu dem Twitch-Ableger Livvid gewechselt hat, beschließt Shawn, seinen Status als Influencer zurückzuerobern und durch seine Fans noch mehr Geld zu machen, indem er seine größte Angst besiegt und eine ganze Nacht in einem Spukhaus überlebt. Das Problem ist nur, dass Shawn ein absoluter Idiot ist… 

© plaion pictures

Ich bin großer Fan von Filmen, die sich mit digitalen Phänomenen beschäftigen. Soziale Netzwerke und deren Akteur*innen nehmen in meinem Leben eine wichtige Rolle ein und ich bin immer wieder überrascht, wie wenig Filme sich mit diesen Thematiken auseinandersetzen und einen kritischen Blick darauf werfen wollen. 

Der Film ist in Berlin und München am Samstag 10.09. um 21:45 Uhr zu sehen. In Hamburg, Köln und Stuttgart am Mittwoch 21.09 um 18:30 Uhr. In Frankfurt und Nürnberg am Mittwoch 28.09. um 18:30 Uhr. 

Sophia Derda

Freaks Out von Gabriele Mainetti

Dumbo von Tim Burton und Nightmare Alley von Guillermo del Toro brachten zuletzt die Zirkusmanege auf die Kinoleinwände zurürck. In verspielten Settings und fantasievollen Geschichten wird sich mit dem Zustand der USA nach dem Ersten Weltkrieg beschäftigt. Männer kehren in die Heimat zurück, aber ihr Leben ist aus den Fugen geraten. Der Zirkus bietet ihnen einen Zufluchtsort. 

Auch in Freaks Out spielt die Zirkusmanege eine große Rolle und die Außenseiter der Gesellschaft werden zu den Protagonisten. Freaks Out spielt im besetzten Rom im Jahr 1943, Italien hat sich den Alliierten ergeben und die Deutschen steuern auf eine Niederlage zu. Im Zentrum des Films stehen vier „Freaks“, die durch ihre magischen Fähigkeiten eine Attraktion geworden sind. Der Trailer verspricht Großes. Opulente Bühnenbilder, gewaltige Explosionen und ein Franz Rogowski als furchteinflößender Nazi, der sich den vier Freaks in den Weg stellt. Viele schreiben, dass es sich bei Freaks Out um Italiens Antwort auf Inglourious Basterds handeln soll. Was ich davon halten soll, weiß ich noch nicht. Mit Sie nannten ihn Jeeg Robot war Gabriele Mainetti 2016 das letzte Mal zu Gast auf dem Fantasy Film Fest zu Gast. Ich freue mich sehr dieses Spektakel auf der großen Leinwand genießen zu dürfen. 

 

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Der Film ist in Berlin und München am Dienstag 13.09. um 17:15 Uhr zu sehen. In Hamburg, Köln und Stuttgart am Samstag 17.09 um 17:15 Uhr. In Frankfurt und Nürnberg am Freitag 23.09. um 19:30 Uhr. 

Sophia Derda

Medusa Deluxe von Thomas Hardiman

Bei diesem Film kommt wirklich sehr viel zusammen, was ich liebe. Zum Beispiel einfallsreiche Frisuren. Und eine Competition (bitte möglichst dramatisch aussprechen!). Außerdem spricht der Teaser-Text von „rasiermesserscharfen Dialogen“ – auch das schätze ich sehr. Medusa Deluxe ist ein Whodunit; es geht um die Frage, wer hier bei einem Haarkünstler:innen-Wettbewerb nicht nur Hand an die Köpfe der Models anlegt, sondern auch mörderisch unterwegs ist, um die Konkurrenz auszuschalten. Das klingt nach einer schönen Agatha-Christie-Variation in einem spannenden Milieu!

© MUBI

Ohnehin hat es für mich einen besonderen Reiz, wenn sich das Horrorgenre in extravagante Umgebungen begibt. Während mich Nicolas Winding Refns Modelbusiness-Schocker The Neon Demon (2016) in seiner zynischen Kälte eher abgeschreckt hat, fand ich beispielsweise die Kombination aus Grusel und Ballett in Darren Aronofskys Black Swan (2010) äußerst gelungen. Ich bin gespannt, ob mich Medusa Deluxe nun ähnlich in Bann zu ziehen vermag!

Der Film ist in Berlin und München am Freitag, 09.09. um 15:30 Uhr zu sehen. In Hamburg, Köln und Stuttgart am Donnerstag, 15.09 um 16:00 Uhr. In Frankfurt und Nürnberg am Donnerstag, 22.09. um 16:00 Uhr.

Andreas Köhnemann

Something in the Dirt von Justin Benson und Aaron Moorhead

Das US-Regieduo Justin Benson und Aaron Moorhead hat sich mit kleinen, aber feinen Genre-Melangen einen Namen im Indie-Sektor gemacht – und schafft es, einerseits eine sehr konsequente (Doppel-)Handschrift zu entwickelt und andererseits immer wieder zu überraschen. Nach ihrem gemeinsamen Langfilmdebüt Resolution (2012) über einen Drogenentzug und die ungewöhnlich-übersinnliche Love Story Spring (2014) fingen die beiden in The Endless (2017) an, auch vor der Kamera als Hauptdarsteller zu agieren. Von der Chemie, die sie dabei an den Tag legen, könnte jetzt auch Something in the Dirt profitieren.

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Darin verkörpern Benson und Moorhead Nachbarn in L.A., die mit mysteriösen Vorfällen konfrontiert werden. Zunächst geht es den beiden Männern darum, aus der Sache etwas Geld herauszuholen, doch schon bald stecken sie tief im Sumpf der Verschwörungstheorien. Das klingt nicht nur spannend, sondern hat leider auch eine aktuelle Relevanz. Die ersten Bilder des Teaser-Trailers versprechen feinsinnige Mystery; die US-Kritiken überschlagen sich geradezu in ihrem Lob.

Der Film ist in Berlin und München am Freitag, 09.09. um 17:30 Uhr zu sehen. In Hamburg, Köln und Stuttgart am Samstag, 17.09 um 15:00 Uhr. In Frankfurt und Nürnberg am Samstag, 24.09. um 17:30 Uhr.

Andreas Köhnemann

„The Roundup“ von Lee Sang-yong

Es gibt eine Handvoll Schauspieler*innen, die bei mir einfach instant Laune auf einen Film erzeugen. Einer davon ist Ma Dong-seok, der nun wahrlich nicht der beste oder variabelste Darsteller ist — in dem, was er macht, aber stets abliefert. Sei es als liebenswerter Haudrauf-Support in Train to Busan, als grimmiger, aber ehrenvoller Haudrauf-Gangsterboss in The Gangster, the Cop, the Devil oder als grummeliger Haudrauf-Cop in The Outlaws: In seiner stoischen Art und mit seiner unfassbaren körperlichen Präsenz ist Dong-seok in bester Bud-Spencer-Manier einfach wahnsinnig sympathisch, ja fast schon ikonisch.

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The Outlaws hat nun einen Nachfolger bekommen, der auf den Namen The Roundup hört und beim Fantasy Filmfest zu sehen ist. Diesmal muss es Ma Dong-seok als Polizist Ma Seok-do (ja, ich weiß, ein wenig verwirrend das mit dem Namen…) nicht mehr nur mit den örtlichen Gangs, sondern einem Serienkiller aufnehmen respektive diesem das Handwerk legen. Und erneut verteilt er dabei schallernde Backpfeifen, die seine Gegner reihenweise umpurzeln lassen, und sorgt allein durch seinen stoisch-grimmigen Blick dafür, dass die Fiesen klein bei geben. Wenn das Tempo, der Witz, die Spannung und die Action auf einem ähnlichen Level wie bei The Outlaws liegen, dann dürfte The Roundup erneut sehr gute Unterhaltung bieten.

Der Film ist in Berlin und München am 9.9. zu sehen, in Hamburg, Stuttgart und Köln am 14.9., in Frankfurt und Nürnberg am 21.9. jeweils um 22:15 Uhr.

Christian Neffe

Nothing von Seamus McNally und Trine Piil Christensen

Gibt es etwas Furchterregenderes als das Nichts? Die völlige Leere und Bedeutungslosigkeit von allem? Zugegeben: Diese Angst ist auf den ersten Blick eher eine existenzialistische als eine, die man in einem Horrorfilm vermutet, der auf dem Fantasy Film Fest zu sehen ist. Und gerade deswegen ist für mich der dänische Film einer, auf den ich sehr gespannt bin. Hinzu kommt zudem noch, dass bei diesem Film Jugendliche im Mittelpunkt stehen. Einer von ihnen, ein Teenager namens Pierre-Anthon, verweigert sich dem für ihn bedeutungslos gewordenen Leben und zieht sich auf einen Baum zurück. Seine Mitschüler*innen wollen ihn davon überzeugen, dass es womöglich doch Dinge gibt, die einen gewissen Wert haben. Allerdings geraten ihre Ideen und kleinen Opfergaben aus dem Ruder und ihre Hilfestellungen an den Freund nehmen zunehmend absurde Züge an.

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Der Film beruht auf dem Roman von Janne Teller aus dem Jahre 2010, der damals wie eine Bombe einschlug und das in 30 Sprachen übersetzt wurde. Ob die Umsetzung genau packend geraten ist wie die literarische Vorlage, lässt sich jetzt noch nicht sagen, aber dass Maren Ades Produktionsfirma Komplizen Film an dem Projekt beteiligt ist, lässt zumindest hoffen. 

Der Film ist am 14.9. in Berlin und München, am 21.9. in Hamburg, Köln und Stuttgart sowie am 28.9. in Frankfurt und Nürnberg zu sehen.

Joachim Kurz

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