Der Dialog (1974)

Aktueller denn je

Am 7. April 1974 – am 35. Geburtstag des Filmemachers – kam dieses Werk von Francis Ford Coppola zunächst in den Vereinigten Staaten in die Kinos, im Mai darauf wurde er bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes gezeigt und dort mit der Goldenen Palme prämiert, es folgten mehrfache Oscar und Golden Globe Nominierungen sowie weitere Auszeichnungen, und 1995 wurde Der Dialog ins National Film Registry der USA aufgenommen.

Innerhalb der Filmographie des renommierten Regisseurs entstand dieser düstere Thriller zwischen Der Pate / The Godfather und Der Pate 2 / The Godfather: Part II, wobei Francis Ford Coppola hierzu selbst das Drehbuch verfasste und diesen als seinen persönlichsten Film bezeichnete. Von der Kritik seinerzeit deutlich stärker wahrgenommen als an den Kinokassen repräsentiert Der Dialog, der nun abermals auf DVD sowie zusätzlich auf Blu-ray und als Video on Demand bei Arthaus erscheint, aus heutiger Sicht mit seiner thematischen Brisanz gegen Ende der Watergate-Affäre verortet auch ein Stück filmischer Bewältigung der damaligen soziopolitischen Krise der USA, die von massivem Misstrauen innerhalb der Bevölkerung geprägt war.

Harry Caul (Gene Hackman) ist ein hoch professioneller Abhörspezialist, der abgesehen von einer recht unverbindlichen Beziehung zu seiner Geliebten Amy (Teri Garr) kaum über soziale Kontakte verfügt und dessen spärliches, akribisch gesichertes Privatleben wenig mehr aufzuweisen hat als seine Vorliebe für Jazz und Saxophonspielen. Im Zuge seines aktuellen Auftrags, das Pärchen Ann (Cindy Williams) und Mark (Frederic Forrest) abzuhören, gerät der gläubige Katholik zusehends in eine undurchsichtige Situation, die sich zu einer existenziellen Krise auswächst. Denn mit einem Mal ist es, wie Caul allmählich bewusst wird, er selbst, der abgehört, bespitzelt und zunehmend in eine gefährliche Intrige um einen heimtückischen Mord verstrickt wird …

Er ist ein einsamer, wenig sympathischer und ungesund an der eigenen Existenz geradezu unbeteiligter Held, dieser Harry Caul, der durch den Verstoß gegen die eigene eiserne Regel, diskrete Informationen zwar gemäß Auftrag zu erlauschen und zu verkaufen, sich jedoch für die näheren Umstände weder zu interessieren noch zu engagieren, vollkommen aus der Balance gerät und schließlich Opfer seines eigenen Expertentums wird, das sich in schleichende und letztlich berechtigte Paranoia verwandelt. Mit ungeheuer kühler Intensität gelingt hier die Charakterzeichnung eines extrem vorsichtigen Einzelgängers, der nahezu allein durch seine Liebe zur Musik und durch seine religiöse Moral karg emotionalisiert wird und dabei eine Atmosphäre der Vereinzelung und des Misstrauens transportiert, die beispielhaft für die gesellschaftspolitischen Tendenzen jener Zeiten steht. Hier erscheinen Tonbänder als technische Vehikel von Geheimnissen, Realitäten und vermeintlichen Wahrheiten mit größerem Gewicht als direkte Dialoge, und im Verlauf der eher verstörenden als aufklärenden Geschichte manifestiert sich eine geradezu bedeutungslose Beliebigkeit des Tatsächlichen, welche die pessimistische Grundstimmung in ein beängstigendes Szenario der undurchdringlichen Manipulation in allen Dimensionen überführt.

Mit reichhaltigem Bonusmaterial ausgestattet präsentiert die DVD über den Film hinaus auch dessen Entstehungs-, Rezeptions- und Zeitgeschichte, die gleichermaßen wie ein spekulativer, spannender Thriller daherkommt. Der Dialog, der in seiner kompromisslosen Machart auch das rebellische Kino New Hollywoods repräsentiert, spielt so souverän wie subtil mit der Unwissenheit des Zuschauers, der auf diese Weise allmählich in die Position des letztlich tragischen Helden manövriert wird, dessen scheinbar sichere Identität sich in vagen Vermutungen zerfasert. Am Ende bleiben die melancholischen Klänge des Saxophons als einzige Konstante einer zerstörten Existenz, deren Misstrauen zu stark oder möglicherweise wiederum nicht stark genug war.
 

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Meinungen

Gabor Kocsan · 04.05.2023

Schauspielerische Leistung, Story, Musik, Atmosphäre sind perfekt. Der Dialog gehört zu den besten Filmen, die ich je gesehen habe.

Dieter Hoppe · 24.02.2005

Nach "French Connection" bester Film mit Gene Hackman, nach "Der Pate" bester Film von Francis Ford Coppola.