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Filmgeschichte(n)

„Schindlers Liste“ im Griff der Zensur

Ein Beitrag von Katrin Doerksen

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Filmstill zu Schindlers Liste (1993)
Schindlers Liste (1993) von Steven Spielberg

Jeder kennt Schindlers Liste in mehrfacher Hinsicht als Meilenstein der Filmgeschichte. Steven Spielberg brach Darstellungstabus, indem er die Verbrechen des Holocaust ins Blockbusterformat brachte und zog damit auch jede Menge Kritik auf sich. Was die meisten heute jedoch nicht auf dem Schirm haben, ist die umfangreiche Zensurgeschichte des Films vor allem in muslimischen Ländern. So wurde etwa heute vor 25 Jahren Schindlers Liste in Indonesien von der Zensur verboten.

Der Fall Schindlers Liste wurde dort zum Kampfplatz moderater und radikaler Kräfte. Obwohl die Verfassungsgrundsätze des Landes, genannt Pancasila, die großen Weltreligionen durchaus anerkennen, erstarkten Anfang der 1990er Jahre fundamentalistische Kräfte gerade unter jüngeren Bürgern. 

Entsprechende Nachrichtenmeldung finden sich noch in den Online-Archiven. Eine Meldung auf United Press International vom 2. Juni 1994 zitiert etwa Sukanto, den damaligen Direktor der indonesischen Zensurbehörde: „Der Film enthält zu viel Gewalt und Nacktheit. Grund sind einfach die Nacktheit und die sadistischen Handlungen.“ 

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Ahmad Sumargono, damaliger Vorsitzender des Committee for World Muslim Solidarity ergänzte: „Von Anfang an waren wir dagegen den Film öffentlich in Indonesien zu zeigen, denn er bringt keinen großen Vorteil für das Land.“ Zu diesem Zeitpunkt hatte Steven Spielberg bereits darauf verzichtet Schindlers Liste in Malaysia in die Kinos zu bringen, weil das dortige Zensurbüro der Veröffentlichung ebenfalls nur unter strengen Auflagen zustimmen wollte: Zahlreiche Szenen sollten zuvor herausgeschnitten werden.

Ein Report der New York Times hatte bereits im April 1994 auf die Ausmaße der Zensureingriffe hingewiesen, die Kinostarts von Schindlers Liste in den meisten muslimischen Ländern unmöglich machten. So beschlagnahmten zahlreiche arabische Länder Kopien des Films unter Verweis auf die Darstellung von Nacktheit und Gewalt, aber auch auf das Massaker von Hebron, bei dem am 25. Februar 1994 Baruch Goldstein ein Attentat auf muslimische Palästinenser verübt hatte. Im Nachklang dieses Anschlags könnten Vorführungen von Schindlers Liste für Tumulte in den Kinosälen sorgen.

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Diverse Experten schätzten diese Begründungen jedoch als vorgeschoben ein, als Ausreden um Spielbergs Film zu verbieten ohne dabei einen politischen Aufschrei auszulösen. Tatsächlich sprach nur die Begründung der malaysischen Zensurbehörde eine deutliche Sprache. In einem Brief an den Weltvertrieb geißelte diese Schindlers Liste als Propaganda: „Der Film reflektiert nur die Werte eines einzigen Volks.“ Nur Juden würden darin beherzt und intelligent dargestellt, die Deutschen hingegen durchweg als brutal.

Steven Spielberg weigerte sich den Film zu schneiden und seine Aussagen nur im Geringsten zu verwässern. In einem Telefoninterview sagte er der Times, das Verbot wurzele seiner Ansicht nach in Antisemitismus und sei sicher als Angriff auf Juden zu verstehen: „Es ist eine Schande, was diese Länder machen. Gerade im Hinblick auf die sehr berechtigte Verurteilung der serbischen Gräueltaten und des mutmaßlichen Genozids in Bosnien. Dieser Film erzählt nicht nur vom jüdischen Holocaust, sondern von jedem Holocaust nach jeder Definition.“

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