Über den künstlerischen Wert der Shrek-Reihe wird seit jeher diskutiert: Der erste Teil wurde 2001 in den Wettbewerb von Cannes eingeladen – als erster Animationsfilm seit fast 50 Jahren. Vor allem zur Fortsetzung Shrek 2 häufen sich aber in den letzten Jahren Memes, Thinkpieces, Video-Essays und sonstige Online-Formen des cinephilen Ausdrucks, die die DreamWorks-Produktion gar als „filmisches Meisterwerk“ bezeichnen.

Ein Grund sind politische Meta-Kommentare, die sich in der Märchenhandlung des Films verstecken. Neulich sprach ich mit einem Bekannten, der Shrek 2 als einen „Film, der sein Leben verändert hat“ bezeichnete. Er beschrieb eine Szene, in der der Gestiefelte Kater mit einem Baggie voller Katzenstreu erwischt wird – so nennt man die Plastiktütchen, in denen Drogen verkauft werden. Dafür wird er von einem Ritter zusammengestaucht. Das sei natürlich als Kritik an Polizeigewalt zu lesen, so mein Gesprächspartner. Mein Re-Watch gibt ihm Recht: „Kapitalistische Schweine!“, ruft der gestiefelte Kater in der Szene. Eines der populärsten Memes aus dem Film ist die Zeile „That’s Okay, Buddy. We’re from the Union.“ In der entsprechenden Szene sprechen Shrek und Esel mit einem fabrikarbeitenden Elf. Als sie vorgeben, Gewerkschaftsvertreter zu sein, spricht der Elf über die mangelnden Versicherungszuschüsse seines Arbeitgebers.

Das Shrek-Franchise basiert auf einem gleichnamigen Kinderbuch des Autors William Steig. Es erzählt von einem hässlichen Oger, der eine noch hässlichere Ogerfrau sucht, um sie zu heiraten, sodass sie gemeinsam ihrem Lebenssinn nachgehen können – andere Lebewesen zu erschrecken. Das Buch ist eine vulgäre und anarchische Parodie der typischen Märchenform. Die Filmadaption schleift zwar ihre Hauptfigur ein bisschen glatt, parodiert dafür aber auch noch diverse ikonische Filmbilder. Allein die Flitterwochen-Sequenz am Anfang von Shrek 2 enthält Verweise auf den Hollywood-Klassiker Verdammt in alle Ewigkeit, auf Der weiße Hai, auf Sam Raimis Spider-Man und auf Disneys Arielle die Meerjungfrau. Klar, dass dieses Raten von Referenzen vor allem erwachsenen Filmfans Spaß macht.

Sicher trägt aber auch die Botschaft der Selbstliebe und -akzeptanz zur Popularität bei. In Shrek 2 trifft Shrek (gesprochen von Mike Myers) seine Schwiegereltern – eine stressige Situation, für Mensch und Oger gleichermaßen. Shrek entwickelt Minderwertigkeitsgefühle, denkt, für seine Frau Fiona nicht gut genug zu sein. Die Kommentare, die vor allem ihr Vater macht – „einer von seiner Art soll unsere Enkelkinder produzieren?“ – implizieren eine rassismuskritische Metaebene. Am Ende gibt es natürlich ein „Happily everafter“ – das formalisierte Märchenende, das glückliche Leben. Dass das auch ein Oger verdient und nicht nur die konventionell attraktiven Figuren mit den Schlössern, steht immer im Zentrum der Erzählung der Shrek-Reihe.

Die Musik, mit Songs von unter anderem David Bowie, Tom Waits und Nick Cave tat ihr Übriges, um den Film im popkulturellen Gedächtnis zu verankern. Vor dem Finale gibt die Gute Fee in einer Musical-Sequenz Bonnie Tylers Holding Out for a Hero zum Besten. Twitter-User sind sich sicher: der beste Soundtrack aller Zeiten.

Sicher haben das Meme-Potential und die Eigendynamik des Internets einen großen Teil dazu beigetragen, dass von Shrek 2 so viel geschwärmt wird. Es ist aber auch nicht zu bestreiten, dass der Film sein Herz am rechten Fleck hat und in seinen unterschwelligen politischen Kommentaren ein Stück radikaler ist als anderes FSK-0-Animationskino.

Shrek 2 enthält den ersten Auftritt des gestiefelten Katers, dessen zweiter Solofilm Der gestiefelte Kater: Der letzte Wunsch gerade auf DVD erschienen ist. Shrek 2 ist im Netflix-Abo sowie bei den gängigen VoD-Plattformen zur Leihe verfügbar.