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Couchperle: Quentin Dupieux

Ein Beitrag von Mathis Raabe

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Deerskin / Mandibules / Die Wache
Deerskin / Mandibules / Die Wache

Dass Quentin Dupieuxs jüngster Film Salvador Dali zum Thema hat, passt wie die Faust aufs Auge. Dupieux selbst kommt mitunter wie eine Faust-aufs-Auge-Version des Surrealisten daher. Wobei die Splatter- und Genre-Anleihen in seinen Filmen in keinem großen Widerspruch zu seinen Vorbildern stehen: Auch Der andalusische Hund hatte schließlich bereits ein Faible für das Eklige und Morbide. Wären Luis Buñuel und Salvador Dali ein Jahrhundert später geboren worden und mit der absurden Comedy von MTV- und Adult-Swim-Cartoons aufgewachsen, vielleicht hätten sie dann Filme gedreht wie jene von Quentin Dupieux. Dessen Karriere begann um die Jahrtausendwende unter dem Pseudonym Mr. Oizo als Produzent elektronischer Musik und Regisseur seiner eigenen Musikvideos.

Für alle, die über die Feiertage ein Bedürfnis nach Kontrast zum Diktat der Lieblichkeit verspüren, hat MUBI pünktlich drei Filme des Franzosen ins Programm genommen, die sogar zu seinen zugänglichsten gehören. Die Wache (2018) sticht heraus, weil er viel seines absurden Humors allein aus den Dialogen zieht: Ein Mann, der eine Leiche gefunden hat, wird auf der Polizeistation verhört. Obwohl es bereits spät ist, und die Geschichte vom Abend des Verdächtigen alles anderes als spannend, zieht der Hauptkommissar das Gespräch immer weiter in die Länge, bis die beiden beginnen, in den Erinnerungen ihres Gegenübers als Figuren aufzutauchen. Nebst dieser wendungsreichen Inszenierung unzuverlässigen Erzählens spielen aber auch ein gefährlich spitzes Geodreieck, eine nervige Sprachgewohnheit, die sich auf der Wache zu verbreiten scheint, und andere Skurrilitäten eine Rolle.

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Deerskin (2019; mit dem wunderbar blöden deutschen Verleihtitel „Monsieur Killerstyle“) gehört zu den stärksten Werken Dupieuxs, weil er ein gut nachvollziehbares tragisches Grundthema hat: Ein frisch getrennter Mann, gespielt von Jean Dujardin, hofft, durch eine schicke neue Jacke wieder zu Geltung zu finden. Natürlich wird dieses Midlife-Crisis-Motiv bald auf die Spitze getrieben: Der Mann spricht mit seiner Jacke und denkt bald, er dürfe als einziger Mensch auf der Welt eine Jacke tragen. In dem Gasthaus, wo er untergekommen ist, gibt er sich derweil als Filmemacher aus, und trifft so auf eine talentierte Cutterin, die seine Einsamkeit und Verschrobenheit ein Stück weit teilen kann. Eine schwarze Tragikomödie, die überraschend gut in die Weihnachtszeit passt.

Mandibules (2020) ist wieder weniger an den Figuren und mehr an seiner absurden Versuchsanordnung interessiert. Zwei Tölpel finden eine Riesenfliege und vermuten, mit dieser Sensation könnten sie reich werden. Dabei legt ihnen der Regisseur und Drehbuchautor allerdings immer neue Hindernisse in den Weg. Das erinnert, wie Katrin Doerksen in ihrer Kritik treffend feststellt, an Cartoonfiguren, die sich mit ihren Zeichnern duellieren.

Quentin Dupieux hat seit seinem Durchbruch mit Rubber über einen mordenden Autoreifen fast jedes Jahr einen, wenn nicht mehrere Filme gedreht. Und obwohl der Stil des Regisseurs inzwischen sehr vertraut wirkt, wenn einmal wieder eines seiner Werke in einem Festival-Programm auftaucht, gelingt es ihm immer noch verlässlich, zu überraschen und zum Lachen zu bringen. Gerade die Auswahl auf MUBI zeigt, dass sein 21st-Century-Surrealismus durchaus vielseitig ist.

„Die Wache“, „Deerskin“ und „Mandibules“ sind im Abo bei MUBI streambar.

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