Gut möglich, dass in der deutschen Amazon-Filmdistributionsabteilung per Würfelswurf darüber entschieden wird, welchen Film man ins Kino bringt und welchen man ohne großes Aufsehen im Überangebot des hauseigenen Streaming-Dienstes versenkt. Während es etwa der wahrlich nicht herausragende, aber zumindest gute und vor allem Star-besetzte Air im vergangenen Jahr auf die Leinwände schaffte, hatten Michael Mann und Cord Jefferson weniger Glück: Ferrari und American Fiction erschienen kürzlich aus dem Nichts bei Prime.

Bei Letzterem verwundert das umso mehr, genoss American Fiction doch zuletzt erhöhte Aufmerksamkeit durch immerhin fünf Oscar-Nominierungen. Das Thema: die Darstellung Schwarzer Menschen in Unterhaltungsmedien. Der Literaturprofessor und Autor Thelonious „Monk“ Ellison (Jeffrey Wright) muss feststellen: Erfolg scheint man als Schwarzer Autor (respektive mit Geschichten über Schwarze Menschen) nur zu haben, wenn sie gängigen Stereotypen entsprechen, wenn die bürgerliche weiße Mehrheit dem Werk „Authentizität“, Rauheit, einen Blick in die vermeintlichen Elendsviertel ihres Landes bescheinigen kann. Also schreibt Monk unter falschem Namen selbst ein solches Buch, gibt sich am Telefon vor Verlegern und Filmproduzenten als Knacki auf der Flucht aus – und erntet damit entgegen seiner Absicht wahnsinnigen Erfolg.

American Fiction erzählt von einem nur auf den ersten Blick ur-amerikanischen Problem, das sich genauso auf Deutschland übertragen lässt, nämlich auf die hiesige mediale Darstellung von Menschen mit Migrationshintergrund, die auf der Leinwand viel zu selten mehr als Gangster, Kriminelle oder Bewohner subkultureller „Problembezirke“ sein dürfen. Nämlich normale Mittelschichtsbürger mit alltäglichen familiären, finanziellen und Beziehungsproblemen, vor denen auch Monk steht: Die Schwester stirbt überraschend, die Mutter leidet an Alzheimer, der Bruder entzieht sich jeder Verantwortung, und das Geld ist knapp. Bei all diesen Schwierigkeiten ist es umso schöner, dass American Fiction seine Handlung, seine Medien- und Gesellschaftskritik mit einer Menge zuweilen urkomischem Humor würzt. Und das Ganze schließlich in einem mehr wunderbar mehrschichtigen Meta-Finale münden lässt.

American Fiction ist exklusiv bei Amazon Prime Video verfügbar.