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In „Air — Der große Wurf“ schildert Ben Affleck mit gut aufgelegter Starbesetzung einen bahnbrechenden Deal um einen Sportschuh.

Air – Der große Wurf (2023)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Die Geschichte eines Schuhs

Ein Film über einen Geschäftsabschluss zwischen einem Sportartikelhersteller und einem Basketballspieler? Das mag nur bedingt nach ganz großem Kino klingen. Doch der im Jahre 1984 zustande gekommene Schuh-Deal zwischen Nike und Michael Jordan wartet tatsächlich mit überraschend viel Spannung auf und wird von Ben Affleck in dessen neuer Regiearbeit „Air — Der große Wurf“ mit reichlich Zeitkolorit und Witz in Szene gesetzt.

Seit Ende der 1980er Jahre ist Nike der weltweit führende Sportartikelanbieter. Zu Beginn des Plots ist das Unternehmen indes eher noch ein Business-Underdog, der im Schatten der Konkurrenten Adidas und Converse steht. Die gelten als wesentlich cooler, insbesondere bei Schwarzen. Nike wird derweil als „jogging company“ wahrgenommen – was nun wahrlich nicht hip ist, wie der Außendienstmitarbeiter Howard White (Chris Tucker) dem Talentscout Sonny Vaccaro (Matt Damon) erklärt. Die Firma hat ein hartes Jahr hinter sich; dem CEO Phil Knight (Ben Affleck) ist die Verzweiflung deutlich anzumerken.

In dieser Situation kommt Sonny eine unkonventionelle Idee: Statt das zur Verfügung stehende Marketingbudget auf drei Mittelfeldspieler der NBA aufzuteilen, will er alles in einen einzigen Werbeträger investieren – in den begehrten Rookie Michael Jordan. Zwar hat dieser schon seine Vorliebe für Adidas durchblicken lassen, und auch Michaels Agent David Falk (Chris Messina) zeigt wenig Kooperationsbereitschaft – aber Sonny ist fest entschlossen. Und so reist er von seinem Büro in Beaverton, Oregon nach Wilmington, North Carolina, um dort Michaels Eltern von seinem Vorhaben zu überzeugen.

Der von Damian Young verkörperte Michael Jordan ist in Air nie gänzlich zu sehen und sagt kaum ein Wort. Zur zentralen Figur in den Verhandlungen wird vielmehr Michaels Mutter Deloris, gespielt von Viola Davis (eine Wunschbesetzung des echten Michael Jordan). Wenn sich Sonny und Deloris im Garten der Familie unterhalten oder wenn die beiden später ein entscheidendes Telefonat führen, offenbaren sich alle Stärken des Films: Das Schauspiel ist feinfühlig, die vom Drehbuchdebütanten Alex Convery geschriebenen Dialoge erreichen oft die Qualität eines Aaron-Sorkin-Skripts, und die Regie von Affleck findet stets die richtige Balance zwischen Tempo und Zurückhaltung.

Während sich Affleck in einigen seiner von ihm selbst inszenierten Werke – etwa in The Town (2010) oder Live by Night (2016) – ein bisschen zu eitel ins Zentrum gerückt hat, legt er hier ein stimmiges Ensemblestück vor, in dem er in der Rolle des überheblichen CEO Phil Knight auf angenehme Weise Selbstironie beweist. Die Figuren sind durchweg kantig gezeichnet. Geschäftliche Diskussionen, zum Beispiel zwischen Sonny und dessen Kollegen Rob Strasser (Jason Bateman), werden noch auf der Herrentoilette hitzig fortgeführt – und die eskalierenden fernmündlichen Konflikte zwischen Sonny und dem leicht erregbaren Agenten David Falk sind pures Comedy-Gold. In der Werkstatt des Schuhdesigners Peter Moore (Matthew Maher) werden wiederum die Kreativität und Leidenschaft eingefangen, die bei all dem Businesstalk und Taktieren ebenfalls von Bedeutung sind.

Schön ist nicht zuletzt, dass Air den unternehmerischen Alltag betont unglamourös erfasst. Die Männer in den Nike-Büros sind recht nachlässig gekleidet, in wenig modischen Hemden oder in schlecht sitzenden Anzügen. Sonnys Job, Videomaterial zu sichten, um passende Talente zu entdecken, ist nicht gerade spektakulär – und auch Meetings oder Telefonkonferenzen sind nicht zwingend das dankbarste audiovisuelle Ausgangsmaterial. Affleck macht daraus jedoch sehr einnehmende Unterhaltung – und liefert den bis dato womöglich besten Film seiner Regiekarriere.

Air – Der große Wurf (2023)

„Air – Der große Wurf“ erzählt die unglaubliche Geschichte der richtungsweisenden Partnerschaft zwischen dem damaligen Newcomer Michael Jordan und der aufstrebenden Basketball-Division von Nike, die mit der Marke „Air Jordan“ nicht nur die Welt des Sports, sondern auch die zeitgenössische Kultur revolutioniert hat. Regie führte der preisgekrönte Filmemacher Ben Affleck. Auf bewegende Weise zeichnet „Air – Der große Wurf“ den Aufstieg eines unkonventionellen Teams nach, das bereit ist, alles aufs Spiel zu setzen. Der Film erzählt außerdem von der bedingungslosen Hingabe einer Mutter, die von dem außergewöhnlichen Talent ihres Sohnes fest überzeugt ist – und von dem Basketball-Phänomen, das zum besten Spieler aller Zeiten werden sollte.

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