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Unterschätzte Filme: Mission to Mars

Ein Beitrag von Sebastian Seidler

Flops, Gurken und Katastrophen: Immer wieder gibt es Filme, die bei ihrem Erscheinen verrissen werden. Nicht immer hält sich das Urteil dem Zahn der Zeit stand. Sebastian Seidler verteidigt Brian De Palmas „Mission to Mars“.

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Nein. Hier geht es nicht um Guilty Pleasures. Es ist Zeit für Korrekturen. Immer wieder gibt es Filme, die ihrer Zeit voraus sind oder dem Zeitgeist widersprechen und völlig zu Unrecht von der Kritik und dem Publikum als Flop oder Katastrophe abgetan werden. Jeder wird das kennen: Man sieht einen Film, dem ein schlechter Ruf vorauseilt und ist dann völlig überrascht, dass sich hinter all dem schlechten Gerede, doch ein gutes oder mindestens annehmbares Werk verbirgt. Im Folgenden geht Sebastian Seidler in die Verteidigerposition und legt sich für die Qualitäten des Megaflops „Mission to Mars“ ins Zeug.

„Mission to Mars“ von Brian De Palma

Der Brian De Palma klingt. Fraglos gehört er zu den wichtigsten amerikanischen Regisseuren. Mit Scarface, Die Unbestechlichen oder dem ersten Teil von Mission: Impossible dürfte er weit über cinephile Kreise hinaus bekannt sein. Es sind die großen Filme in einer Filmografie, die sich ziemlich widerspenstig ausnimmt.

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Neben dem mittlerweile leider verstorbenen William Friedkin ist De Palma einer der Renegades im Hollywood-Kino: Nie hat er sich den Regeln unterworfen, bisweilen sogar Filme gedreht, in denen er unmittelbar auf seine Kritiker:Innen antwortet, sie provoziert und an der Nase herumführt. Body Double ist weniger ein Thriller, als vielmehr ein filmischer Essay über Illusion, Sex und Gewalt. Man könnte sagen, der Film ist eine pulpige Eloge auf den sauberen Hitchcock, in dessen Tradition sich der Amerikaner immer gesehen hat. 

Während das Kino der Gegenwart kaum noch Risiken eingeht und das Medium Film dem Erzählen von Geschichten unterwirft, hat De Palma oftmals alles auf eine Karte gesetzt. Wenn die Wette aufging, entstanden Meisterwerke wie Dressed To Kill oder Blow Out. Vor allem im Herbst seiner Karriere sind ihm nicht wenige Filme entglitten – allen voran der völlig missglückte Passion.

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Als einer der schlechtesten Filme des Regisseurs gilt auch der von Disney (!) produzierte Sci-Fi-Thriller Mission to Mars.  Ursprünglich hätte Gore Verbinski, dessen Filmografie völlig erratisch ist, auf dem Regiestuhl platznehmen sollen. Wie es dann ausgerechnet dazu kam, dass De Palma sich der Sache angenommen hat? Es wird ein Rätsel bleiben. An der philosophisch-kitschigen Story kann es kaum gelegen haben.

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Die Geschichte von Astronauten, die auf dem Mars einer unheimlichen Kraft zum Opfer fallen, deren Ursprung dann vom Rettungsteam entschlüsselt wird, wirkt in seinen Bezügen auf den Ursprung der Menschheit wie ein unschlüssiges Rip-Off des großen Kubrick-Klassikers 2001: Odysee im Weltraum. Dramaturgisch wenig ausgereift, werden die Figuren im Verlauf des Film immer mehr zu Funktionen, die tiefschürfende Sätze aufsagen dürfen. Und wenn am Ende ein Alien aus dem Dunkel tritt, macht sich Fremdscham breit.

Dennoch: Mission to Mars ist viel besser als sein Ruf. De Palma scheint den Job angenommen zu haben, im Wissen, um die Beschränkungen, die mit einer derartigen Großproduktion aus dem Hause Disney einhergehen. Die Geschichte filmt er herunter. Auf visueller Ebene aber, macht De Palma das, was er eben macht: Er experimentiert und schafft Kamerafahrten, Bilder und Set Pieces, die vor wahnwitziger Schönheit förmlich vibrieren. Die Kamera schwebt in einer elegischen Ruhe durch das Raumschiff, selbst in Szenen, die eigentlich nach schnellen Schnitten und Action verlangen würden. In der Verbindung mit der auf Kitsch ausgelegten Musik von Ennio Morricone – ja, der Meister hat die Musik für diesen Film geschrieben – entkoppelt De Palma das Sci-Fi-Genre von der Sehgewohnheit und lässt Suspense der alten Hitchcock-Schule hineinbrechen. 

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Wenn ein Meteoritensplitter das Schiff und die Hand eines Astronauten durchschlägt und das Blut in der Schwerelosigkeit tanzt oder Tim Robbins in erhabener Langsamkeit in den Tod schwebt, Zooms und verkantete Bilder dem Auge schmeicheln, dann spürt man, dass hier ein Filmemacher über die Möglichkeiten der Bilder nachdenkt, den Bilderraum nach überraschenden Verbindungen durchforstet. In all diesen Szenen spielt Mission to Mars in seiner eigenen Liga und hat mehr filmische Qualitäten und formale Seele, als viele der heutigen Sci-Fi-Superhelden-Epen. Das mag zwar in der Gänze des Films nicht aufgehen, beglückend ist es allemal: Wann kann man einen Film schon mal in Schönheit sterben sehen. Und De Palme? Den hat das ohnehin nicht gejuckt. 

Sebastian Seidler 

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