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LaCinetek zeigt restaurierte Fassung von "Von wegen Schicksal"

Ein Beitrag von Matthias Pfeiffer

Helga Reidemeisters Dokumentarfilm „Von wegen Schicksal“ ist im Januar auf LeCinetek und im Wolf Kino in Berlin zu sehen.

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Von Wegen Schicksal Still

Es ist das Dokument eines privaten Aufstands: Irene Rakowitz (48), geschiedene Mutter von vier Kindern und Sozialhilfe-Empfängerin, will sich von ihrer vorgeschriebenen Rolle aus Hausfrau und Mutter emanzipieren. Der erste Schritt war die Scheidung nach zwanzig Jahren Ehe. Ihr Mann, ein ehemaliger Bergarbeiter und jetzt genau wie sie arbeitsunfähig, lebt im selben Hochhaus, einige Stockwerke unter ihr. Helga Reidemeister setzte ihr mit Von wegen „Schicksal 1978 ein filmisches Denkmal, das lange vergessen und dank der VoD-Plattform LaCinetek nun auch im Streaming-Zeitalter angekommen ist.

Der Wendepunkt kam für Irene Rakowitz durch den Kontakt zur linken Szene im Märkischen Viertel von Berlin. Dort lernten sie und Reidemeister, die neben ihrem Filmstudium als Sozialarbeiterin tätig war, sich kennen. Die Regisseurin zeigt, wie Rakowitz‘ Befreiungsversuch nicht nur mit den Rollen- und Geschlechterbildern des damaligen West-Deutschlands kollidiert, sondern auch den Kampf im Privaten. Ihre Kinder zeigen kein Verständnis für die Bedürfnisse ihrer Mutter. Mehr noch, oft schlagen Auseinandersetzungen in direkten Hass um. Ihr Ex-Mann schiebt währendessen alles auf das „Schicksal“.

Für ihr Porträt erhielt Rademeister 1979 das Filmband in Gold als Beste Nachwuchsregisseurin. Aber auch kritische Stimmen wurden laut. Selbstinszenierung auf Kosten der Arbeiterfamilie und fehlende Neutralität wurden ihr vorgeworfen. Doch die Parteinahme für ihre Protagonistin ist gerade das Ausschlaggebende: „Gewaltverhältnisse in der Familie als Ausdruck von existentiellem Druck, verhinderter Liebesfähigkeit, wo eine Mutter nur Hausfrauenpflichten zu erfüllen hat, wo andere Bedürfnisse unter’n Tisch fallen, wo sie entsprechend heiß laufen muss — der Mut, sich selbst damit zu konfrontieren und der Versuch, aus dieser Alltagsnot herauszufinden, das zeigt Irene Rakowitz […]“, sagt sie Rademeister selbst.

Von wegen „Schicksal“ wird am 14. Januar um 19 Uhr im Wolf Kino in Berlin in der 2014 von der Deutschen Kinemathek restaurierten Fassung gezeigt. Ab sofort ist der Film auch auf LeCinetek ab 2,99 Euro zu sehen.

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