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Kolumnen

Wie ich lernte, was "Feel Good Movies" sind

Ein Beitrag von Beatrice Behn

Zugegeben, ich bin ja manchmal wirklich ein bisschen langsam mit dem Verstehen. Zum Beispiel habe ich immer gedacht, dass Michael Fassbender ein besonders großer Mann ist, weil immer alle erwähnen mussten, wie groß er ist. Dass diese Aussage aber eher seinen Penis betraf — das hat erst Steve McQueen in Shame für mich aufgeklärt (Danke Steve!). Und so verwundert es mich jetzt doch nicht, dass ich das mit den Feel Good Movies wohl jahrelang missverstanden und verkannt habe.

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Feel Good

Dabei hatte ich schon einmal bei Eat, Pray, Love so eine kleine Vorahnung, der ich dann aber nicht weiter nachgegangen bin. Gott sei Dank hat mich jetzt eine kinematographische Doppelspitze endlich zur Erkenntnis gebracht, was Feel Good Movies denn überhaupt sind. Mein Dank gilt den außergewöhnlichen Filmen Schweizer Helden von Peter Luisi und Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück von Peter Chelsom, der das gute Gefühl bzw. die Suche danach ja schon im Titel hat. Für so ganz Doofe wie mich.

Das Problem mit dem sich gut fühlen ist ja, dass man es meistens nicht tut. Und das ist furchtbar. Dabei hat man doch alles, was man braucht — warum also klappt es nicht? Die Antwort ist eindeutig: weil es manchmal furchtbar langweilig ist, reich und privilegiert zu sein und man sich ab und an ein klitzekleines bisschen schlecht fühlt, wenn es andere einem neiden, weil sie es nicht sind. Was ist also die Lösung? Richtig: Man muss etwas dagegen tun! Man muss sich einen Film angucken, in dem dieses kleine, unschön nagende Gefühl aufgehoben wird. So wie in Schweizer Helden, dem Feel Good Movie für die mal mehr, mal weniger (offensichtlichen) nicht Ausländer-affinen Schweizer. Da rettet die reiche, weiße Frau das gute Gefühl und die Weihnachtsstimmung, indem sie diesen lustig tanzenden, viel redenden, aber kein Deutsch verstehenden Asylanten den Willhelm Tell nahe bringt. Hach, ist das nicht ein tolles Gefühl, wenn man den nicht so Privilegierten helfen kann? Und wenn man sie ein wenig an die eigene Kultur zwangsanpasst, sind die auch gleich gar nicht mehr so fremd. Und wenn dabei mal einer ausgewiesen wird oder den Verstand verliert, dann ist das ja auch so was, um sich gut zu fühlen. Denn mal ehrlich, in so einer misslichen Lage möchte man doch nicht sein, das wäre ja noch schlimmer. Aber gut, dass man das mal sieht im Film, da fühlt man sich mit seinem Leben gleich viel mehr im Reinen.

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(Trailer zu Schweizer Helden von Peter Luisi)

Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück wiederum kümmert sich liebevoll um die Problematik der Langweile. Denn wenn man wie Psychoanalytiker Hector so gut Geld verdient und ein so gemütliches Leben hat, dass nichts mehr so richtig passiert und nichts mehr so richtig glücklich macht, dann ist das ganz schrecklich. Und deswegen fährt er dann ja auch auf Reisen nach Asien, Afrika und Amerika, um das Glück zu suchen. Und er findet es im Exotischen. Bei den immerfort tanzenden und kochenden Afrikanern zum Beispiel. Oder in dem jungen afrikanischen Mädchen, das sich gleich für ihn entblößt. Nein, schlafen muss er mit ihr nicht, darum geht es ja nicht. Es reicht der Anblick dieser wunderschön anzuschauenden Exotik.

Ja gut, da sind ganz viele hungrige Kinder auf der Straße, die man bloß nicht füttern sollte, aber all diese Menschen lassen einen sich so gut fühlen. Weil sie sich für einen interessieren und weil man ihnen ein bisschen zugucken kann, wie sie immer freudig sind, obwohl sie nichts haben. Also, nicht dass man jetzt arm sein möchte, um glücklich zu sein. Es reicht ja Armen dabei zuzugucken. Und dann wieder nach Hause zu fahren, erster Klasse versteht sich. Und für das Seelenheil noch schnell nach Nepal zum buddhistischen Mönch, der ein paar geniale Phrasen faselt, die man nicht versteht. Ist aber Wurst, da gibt es bunte Wimpel und das Essen ist unfassbar billig. Hach ja, so ein Ausflug erinnert einen dann doch daran, wie gut das Leben zu einem ist und dass man sich ja jederzeit was Exotisches ins Leben holen kann, um es ein wenig anzustarren. So wie die schöne Asiatin in Hongkong, die dann zwar leider mit Schlägen von ihrem Zuhälter zurückgeholt wird — aber egal, das Mittagessen mit ihr war schön.

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(Trailer zu Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück von Peter Chelsom)

Ich habe das jetzt Gott sei Dank verstanden. Und mir persönlich geht es ja jetzt schon viel besser, wo ich weiß, wofür Feel Good Movies gemacht sind. Ich glaube, ich gucke mir bald noch ein paar mehr an, die ich auch euch allen ans Herz legen möchte, denn uns geht es ja allen immer wieder sehr schlecht, nech? Für die unter euch, deren Sexualleben von der nach einer Weile stets eintretenden Langeweile dahingemetzelt wird, möchte ich ganz herzlich einen Klassiker der Feel Good-Kinematographie ans Herz legen: Jörg Buttgereits Nekromantik ist eine romantische Komödie, die in ein paar wunderbaren Sequenzen mit einem kleinen Augenzwinkern zeigt, dass es noch viel schlimmer sein könnte. Denn anstatt da nur zu liegen wie ein ungekochtes Stück Brokkoli und die 800ste Wiederholung der Drei-Punkte-Technik (Nippel links, Nippel rechts, Geschlechtsteil) zu erfahren, könnte man auch Sex mit einem Toten haben. Und ich meine — wie langweilig wäre das denn! Wenn der Partner quasi gar nicht mehr mitmacht. Dann doch lieber Brokkoli.

Whoa! I feel good

I knew that I would, now

Auch schön und sehr tröstend ist Precious. Das beruhigt gleich zwei Feel Bad-Areale auf einmal. Denn soooo übergewichtig ist man ja dann doch nicht — und Gott sei Dank ist man dazu auch nicht schwarz, schwanger und im Ghetto lebend. Ich meine ehrlich, da kann man doch locker mal ein paar Tage mit der Entgiftungskur und der Saftdiät aussetzen.

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(Trailer zu Precious — Das Leben ist kostbar von Lee Daniels)

I feel good

I knew that I would, now

Und bei der nächsten Erkältung schauen wir uns Contagion an. Oder eine Staffel The Walking Dead. Denen geht es viel schlimmer, die sind nämlich tot (also tot tot und untot tot noch dazu), während wir nur so ein bisschen dahinsiechen. Da ist so eine Woche auf Krankengeld und Hustensaft ja dann doch wieder halbwegs erträglich.

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(Trailer zu Contagion von Steven Soderbergh)

Ich meine, irgendwas müssen wir doch tun, dass es uns besser geht. Und genau dafür ist der Film doch da, nicht?

So good, so good, I got you…

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