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Streaming-Tipps

Couchperle: Mädcheninternat

Lange Flure. Strenge Regeln. Flimmerndes Begehren. Das Mädcheninternat ist eine filmische Spielwiese subversiver Bilderwelten. Ein Streifzug mit Streaming-Empfehlungen zum Motiv Weiblichkeit auf der Schulbank.

Meinungen
Boarding School

Das Internat ist ein Ort der Geschichten. Begrenzt und von strengen Regeln durchzogen, regte dieser Ort immer die Fantasie von Autor*Innen und Filmemacher*Innen an. Rebellion und Grenzübertretungen, verstohlene Ausflüge und angestautes Begehren – das sind die Zutaten ganz unterschiedlicher Filme. Das reicht zurück bis in die sogenannte Sexploitation der 70er und darüber hinaus. Topologisch ohnehin eng mit Filmen verbunden, die im Kloster spielen, da die Internate nicht selten auch dort angesiedelt sind, schwingt immer der Geist von Unschuld mit. Dies kann sowohl reaktionär als auch progressiv-subversiv ausgelegt werden. 

Frauen, eingesperrt in einer strikten Umgebung, mal mehr und mal weniger freiwillig, sind ein beliebtes Motiv des Exploitationfilms. Frauen in Klostern, in Gefängnissen, in Internaten. Darin können verschiedene Reize liegen. Die Filme können an eher niederträchtige Fantasien eines männlichen Zielpublikums andocken, indem sie die Frauen ihrer Handlungsmacht berauben. Das allein würde aber freilich wenig Handlungsentwicklung erlauben. Viel häufiger geht es deshalb darum, lustvolle Rebellion gegen die strikte Umgebung zu zeigen – durch Sexualität. Das mag dem Zuschauer mit Sabber im Mundwinkel zwar immer noch gefallen, und auch affirmieren, dass weibliche Sexualität etwas Skandalöses sei, schließlich wurden solche Filme meist als Skandalfilme vermarktet. Gleichzeitig bildet es aber auch das reale Patriarchat ab, das in weiblicher Lust und Selbstbestimmung eine Gefahr für männliche Privilegien sieht, und zeigt, welch tolle disruptive Kraft deshalb in selbstbestimmter Sexualität liegt.

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Deutschsprachiges Schmuddelkino

Freilich mag etwa der Schweizer Schmuddelfilm-Papst Erwin C. Dietrich nicht allzu viel feministische Theorie mitgedacht haben, als er den Plot für Sechs Schwedinnen im Pensionat auf einen Bierdeckel schrieb, in dem Gastschülerinnen die Zucht und Ordnung an einem Internat gehörig stören. Es ist dieser impliziten Meta-Ebene aber zu verdanken, dass mancher (beileibe nicht jeder) Sexploitation-Film nicht mit den Über-18-Sektionen der Videotheken sterben muss, sondern auch heute noch guten Gewissens genossen oder gar neubewertet werden kann.

Sammler und Veranstalter wie das Frankfurter Hofbauer-Kommando beschäftigen sich explizit mit den abgetanen und ignorierten Seitengassen des deutschsprachigen Films, wozu nun mal eine ganze Menge Sexklamotten gehören. Es ist nach dem Regisseur Ernst Hofbauer benannt, und der ist gewissermaßen der König der Disziplin, deutsches Kinopublikum durch die Darstellung promisker junger Frauen zu schockieren. Aufbauend auf die Arbeit von Erwin C. Dietrich, der in Filmen wie Unruhige Töchter ebenfalls bereits vorgab, ein Sittenbild der zeitgenössischen Jugend zu zeichnen und die Schule als kontrastierendes Setting hernahm, prägte Hofbauer den Report-Film und drehte allein neun Teile der Reihe Schulmädchen-Report. Das deutsche Sexkino ist rar auf dem Video-on-Demand-Markt, dafür gibt es Sechs Schwedinnen im Pensionat aber sogar auf Blu-ray.

 

Vom Exploitation- zum Arthousefilm

La Morsure wird man zumindest hoffentlich bald streamen können. Der Debütfilm lief auf dem diesjährigen Festival von Locarno. Auf wundersame Weise fügt der junge französische Regisseur Romain des Saint-Blanquat verschiedene Ebene zusammen: Da ist ein Mädchen, gefangen hinter den Klostermauern eines Internats. Das Begehren drängt, die Jungs vor dem Zaun locken. Außerdem glaubt die Gute an schwarze Magie und ist fest davon überzeugt, dass sie sehr bald sterben wird. Mit ihrer besten Freundin macht sie sich auf den Weg auf eine Kostümparty, wo sie auf einen mysteriösen Vampir trifft. 

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Der Film nimmt deutlich auf die Ästhetik der Vampir-Sexfilme der Siebzigerjahre (Vampyros Lesbos) von Jess Franco Bezug und drängt dabei den Sexismus in den Hintergrund. Fast scheint es so, als müsse der Film selbst aus der Enge des Internats ausbrechen. Somit hat uns La Morsure vom Exploitation- zum Arthousekino übergeleitet.

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Das Internat bei MUBI

Einige Internatsfilme gibt es bei MUBI im Stream. Auch in Lucile Hadzihalilovics Innocence und Peter Weirs Picknick am Valentinstag, über die wir bereits hier und hier geschrieben haben, geht es fantastisch zu. Beide Filme spielen im Internatskontext, erzählen komplex-mysteriöse Geschichten über Begehren und Strafe. Dazu gesellt sich der atmosphärisch dichte The Falling von Carol Morley.

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Aus einer Reihe sexueller Ausschweifungen auf einem Internat folgen geheimnisvolle Ohnmachtsanfälle, Passageriten und übernatürliche Ereignisse. Mit einer noch unbekannten Florence Pugh im Cast, ist dieser Film eine der großen britischen Überraschungen der letzten Jahre: ein wilder und gleichsam einfühlsamer Genremix.

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 Und auf keinen Fall sollte aus der auf MUBI präsentierten Auswahl an Internatsfilmen der revolutionäre Mädchen in Uniform von 1931 (!) unerwähnt bleiben. Es ist schon erstaunlich, wie dieser Film in dieser Zeit lesbisches Begehren darstellt, erkundet und sich gegen die Restriktionen stellt. Mutig und ein Muss für alle, die sich mit queerem Kino auseinandersetzen wollen.

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