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Nachflimmern: Batman (1989)

Ein Beitrag von Sebastian Seidler

Batman von Tim Burton ist ein Meisterwerk der Atmosphäre und ein Meilenstein der Comicverfilmungen. Warum stehen bloß die schrecklichen Nolan-Filme in der Gunst der Kritiker*Innen und Fans ganz oben? Sebastian Seidler flimmert sich dieser Frage entgegen.  

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Tim Burton
Batman

Jede Woche erscheinen auf den bekannten Streaming-Plattformen Unmengen von Filmen. Wir können uns vor Geschichten, Filmen und Serien, ja vor Bildern gar nicht mehr retten. Doch wenngleich es so scheint, als wäre alles nur einen Klick entfernt, gibt es am Rande dieser Masse immer noch Filme, die kurz vor dem Vergessen stehen und dabei so schön hell und verlockend flimmern. Manche werden wahrgenommen, aber nicht angerührt, weil Vorurteile bestehen. „Batman“ von Tim Burton dürfte wohl kaum vergessen sein. Jedoch wird der Film vom zweifelhaften Glanz von „The Dark Knight“ überstrahlt. Ich finde, es ist allerhöchste Zeit, den Film von 1989 auf eben jenes Podest zu heben, das er verdient.

Meine Liebe zu Batman war eigentlich lange erkaltet. Er war der Held meiner Kindheit. Jede Folge der Animated Series wurde verschlungen, und bis heute besitze ich unzählige Actionfiguren. Die Superheldenflut der letzten Jahre hat mich allerdings abgeschreckt. Ich gehöre zu jener Minderheit, die mit dem Marvel-Hype der Gegenwart nichts anfangen kann. Die glatte Event-Ästhetik der Avengers-Filme, die sich derart plump in die Übergröße steigern, bis die Action einfach nur noch algorithmische Bewegung ist, hängt mir zum Hals heraus.

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Dann kam The Batman von Matt Reeves in die Kinos und damit eine Kurt-Cobain-Version des schwarzen Rächers, die durchaus ihren Reiz hat. Plötzlich war ich wieder angefixt, wollte mehr Batman. Ich habe mich in der Zeit zurück gearbeitet – ja, auch durch die grausamen Schumacher-Filme (wobei ich ja für Batman Forever eine nostalgische Liebe hege). Doch zu meiner Überraschung hatte ich mit diesen knallbunten Musical-Filmen weniger Probleme als mit den ach so ernsthaften und hochgelobten Nolan-Filmen.

Von Batman Begins bis The Dark Knight Rises beschlich mich das Gefühl einer Leere. Ja, da war augenscheinlich ein Batman in diesen Filmen. Aber mal ehrlich: Es könnte auch ein Geheimagent sein, der sich mit seiner Spezialausrüstung durch eine Schar von bösen Ganoven kämpft. Diese technoide Ästhetik, die gerade im letzten Teil der Trilogie ins Faschistische kippt, beraubt Batman seiner mythischen Kraft. Das ist martialisch, träge und auf IMAX-Größe aufgeblasene Behauptung: Die Actionszenen von Nolan haben immer etwas ungemein Kalkuliert-distanziertes. Es knallt und fetzt, weil es knallen und fetzen muss. Allein die Verfolgungsszene mit dem Batmotorrad hat etwas von einem Elefanten auf dem Laufband.

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Dann bin ich bei Tim Burton und seinem Batman angekommen, und prompt war ich wieder acht Jahre alt: Dieser Film hat mir die Welt des Kinos eröffnet, und er funktioniert immer noch. Das Setdesign ist schlichtweg grandios: Gotham City ist der expressionistische Moloch aus räudiger Schmutzigkeit, Nebel und Gewalt, die diese Stadt sein muss. Nix New York. Es ist eine Welt für sich, die uns deshalb berührt, weil sich darin unsere Alpträume manifestieren. Immer schon waren die Schurken bei Batman auch Opfer dieser abgründigen Stadt. In Verbindung mit der orchestralen Musik von Danny Elfman erhebt sich die Fledermaus in den Himmel; der Schein einer Urgewalt. Michael Keaton erscheint immer verletzlich, ganz im Gegensatz zu Christian Bale, der eine unüberwindbare Kampfmaschine mit verzerrter Stimme ist.

Diabolische Pointen: Jack Nicholson als Joker.                                                        © Warner Bros. Pictures Germany

Einigen erscheint Burtons Film als zu kindisch. Eine gewisse Verspieltheit kann man Batman nicht absprechen. An der Figur des Nicholson-Jokers lässt sich aber zeigen, wie bösartig dieser kindische Witz ist: Jeder Mord, den der Joker im Film begeht, ist gleichsam Pointe und brutalste Gewalt. Wenn einer der Gegner von einem Stromschlag gegrillt wird, kann man sich das Lachen kaum verkneifen. Ein Zynismus, der uns selbst zu Mittätern werden lässt. Wenn am Ende eine sehr lange Kanone das Batflugzeug vom Himmel holt, dann ist diese Lächerlichkeit kalkuliert: Der Joker ist immer auch ein lächerlicher Clown, dessen phallischer Größenwahn ins Bemitleidenswerte zu kippen droht. Ohnehin haben die Burtons einen bedrohlich sexuellen Unterton, demgegenüber Nolans Filme von einer verstörenden Prüderie geprägt sind.

Der Rächer wartet auf sein Zeichen.                                                                                                                        © Warner Bros. Pictures Germany

Dazu passt auch, dass sich Nolan an die Dialoge klammert, die er braucht, um die Fugen zwischen seinen Setpieces aufzufüllen. Burton hingegen erzählt fast ausschließlich in Bildern, ist dahingehend sehr nah am Comic. Wenn Batman am Anfang auf einem großen Balkon einen Schatten nach sich zieht, erinnert dieser an Nosferatu, wie er sich die Treppe hochschleicht. Batman ist in der Tat auch ein Vampir, der sich, wie seine Gegenspieler auch, am Abgrund der Stadt labt. Kein Batman-Film ist so nah an die Tragik dieser Figur gekommen – zumindest nicht in derart eleganten Bildern, die zwischen Comic-Look und Gothic-Camp oszillieren. Da hilft auch Nirvana und Something in the way nicht darüber hinweg: Batman von Tim Burton ist mein ultimativer Batman-Film.

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