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Nachflimmern: Kings of Rock - Tenacious D

Ein Beitrag von Christian Neffe

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Kings of Rock - Tenacious D
Kings of Rock - Tenacious D

Jede Woche erscheinen auf den bekannten Streaming-Plattformen Unmengen von Filmen. Wir können uns vor Geschichten, ja vor Bildern gar nicht mehr retten. Doch wenn scheinbar alles nur einen Klick entfernt ist, droht manches im Gedächtnis hinten runterzufallen. „Kings of Rock — Tenacious D“ ist zwar kein unbekanntes Fundstück, gilt manchem sogar als Kultfilm, doch es ist vor allem eine persönliche Geschichte, die Christian Neffe und diesen Film nun nach 15 Jahren wieder zusammengebracht hat.

Meine Cousine und ich sind Einzelkinder, und so verbindet uns seit unserer Jugend eine bis heute anhaltende quasi geschwisterliche Beziehung. Weshalb ich über sie auch etliche Filme kennenlernte, die wir bis heute immer mal wieder einlegen, zitieren und anderweitig referenzieren – unsere ganz persönlichen Running Gags quasi. Der blutige Pfad Gottes etwa, The Big Lebowski oder aber Kings of Rock — Tenacious D.

Letzterer, erschienen 2006, erzählt als Rock-Musical die fiktive Geschichte der titelgebenden Band respektive des musikalischen Duos bestehend aus Jack Black und Kyle Gass. Dass Black ein Faible für Rockmusik hat, weiß man spätestens seit Richard Linklaters School of Rock (2003), doch dieser Film packt nochmal eine ordentliche Schippe drauf, und vor allem bekommt man hier originäre, packende Musik der beiden auf die Ohren. Allein schon das Intro Kickapoo, das vom kleinen JB erzählt, der in einem streng religiösen Haushalt aufwächst und dessen Liebe zum Rock darin nicht geduldet wird, weshalb er sich nach Los Angeles aufmacht, ist famos, wartet mit der Dramaturgie eines Hollywood-Streifens und Gastauftritten von Meat Loaf und Dio (!) auf.

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An seinem Ziel angekommen, trifft JB auf Kyle, beide gründen eine Band und haben große Träume, stellen sich auf der Bühne aber als ziemliche Versager heraus. Um das zu ändern, begeben sie sich auf die Suche nach dem magischen „Plektrum des Schicksals“, ein abgebrochener Zahn des Teufels, der beim Musizierenden ungeahnte Rockkräfte entfesseln soll.

Der darauffolgende Roadtrip-Heist ist, so ehrlich muss man sein, ziemlich infantiler, zuweilen auch fremdschämiger Quatsch. Es gibt Pilzdrogentrips mit Sasquatch-Begegnungen, Alarmanlagen werden mit dem Penis deaktiviert, und am Ende wartet ein Rockduell mit dem Teufel, der die beiden am liebsten als Sexsklaven mit in die Hölle nehmen will. Als hätte ein in tiefster Pubertät steckender 16-Jähriger das Drehbuch verfasst, und Jack Black wirkt in seiner gewohnt überdrehten Rolle auch genau so. Damit verknüpft ist aber auch eine unbändige, jung gebliebene Liebe zum Rock, das ironische Spiel mit dessen dämonisch-satanischen Motiven, die Rebellion gegen die Prüderie des konservativen Amerikas. Hinzu kommen Auftritte von Ben Stiller, Tim Robbins und Dave Grohl von den Foo Fighters. Kurzum: Kings of Rock – Tenacious D (im Original: The Pick of Destiny) ist verdammt albern, aber auch verdammt unterhaltsam.

Dennoch war der Film ein Flop. Bei 20 Millionen Dollar Produktionskosten spielte er lediglich 13 Millionen weltweit ein, erst sechs Jahre später gab es wieder ein Lebenszeichen von Tenacious D in Form des Albums Rize of the Fenix, das augenzwinkernd mit diesem Misserfolg umgeht, wenn es etwa direkt zu Beginn heißt: 

When The Pick of Destiny was released it was a bomb / And all the critics said that the D was done / The sun had set and the chapter had closed / But one thing no one thought about was the D would rise again

Ihre Albernheit hat sich die Band bewahrt, und tatsächlich ist Rize of the Fenix auch ein sehr starkes Rock-Album. Das Duo besingt Sex und Drogen, die Wichtigkeit von Roadies und vor allem: sich selbst beziehungsweise ihre Großartigkeit, was man genauso wenig ernst nehmen kann wie das Video zu ihrer neuesten Single, ein Cover von Wicked Game

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Kings of Rock flimmerte über viele Jahre bei mir nach – und flammte nun nochmal auf. Nach über 15 Jahren konnte ich Tenacious D kürzlich, zusammen mit meiner Cousine und 9000 anderen Menschen, live in Berlin erleben, und das übertraf sämtliche Erwartungen. All die Hits wurden gespielt, und natürlich war auch eine ganze Menge überzogenes Schauspiel und klamaukiger Humor dabei, wenn sich JB und Kyle Gass auf der Bühne streiten, weil der eine ein größeres Instrument hat, und sich schließlich kurzzeitig trennen; wenn neben dem E-Gitarren-, dem Bass- und dem Schlagzeugspieler auch der Mann am Licht ein Solo performen darf und einfach mal eine Minute Stille herrscht, während die Lichter herumflackern; oder wenn der Mann für die Spezialeffekte niedergemacht wird, weil die Pyro nicht funktioniert. Jack Black mag weder ein besonders guter Schauspieler noch ein begnadeter Musiker sein (obwohl er stimmlich durchaus zu beeindrucken weiß), aber gerade die Mischung aus beidem macht seine Bühnenpräsenz so unglaublich unterhaltsam.

Ein 15 Jahre währender Kreis hat sich damit für mich geschlossen. Meine Erinnerungen an diesen Film, an die Freude, die meine Cousine und ich beim Anschauen hatten, ist um ein weiteres Erlebnis, eine weitere Facette reicher. Kings of Rock – Tenacious D mag als Film seine Fehler und Probleme haben – doch er hat nicht nur unsere gemeinsame Biografie geprägt, sondern uns an diesem Juniabend in Berlin auch mit 9000 weiteren Menschen zusammengebracht. Wenn auch nur für zwei, dafür umso fantastischere Stunden.

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