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Computerspiel im Film - vier kluge Beispiele

Ein Beitrag von Redaktion

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Filmstill zu Tron (1982) von Steven Lisberger
Tron (1982) von Steven Lisberger

Manche bedeutende Filme haben einen engen Bezug zum Computerspiel. Häufig wird dabei die Spielehandlung in eine Filmhandlung umgesetzt. Daneben gibt es solche Filme, in denen das Computerspiel selbst eine entscheidende Rolle spielt. Bei spannenden, rasend schnellen Plots gerät so manches Computerspiel außer Rand und Band und die gesamte Menschheit nicht selten an den Rand der Vernichtung — utopische wie dystopische Visionen mit inbegriffen. Innerhalb des Zeitraums 1982 bis 2018 möchten wir vier besonders erinnerungswürdige Filme dieser Art herausheben.




Intro: Film und Spiel — eine besondere Verbindung



Es kann nicht sonderlich verwundern, dass Spiel und Film zueinander passen. Denn der Spielfilm ist letztlich nichts anderes als Teil eines Spiels. Ein Rollenspiel, das dem Zuschauer eine bestimmte, ausgewählte Realität vermitteln möchte. Es liegt deshalb nahe, dass Feature-Filme auch Spiel-Elemente aufgreifen oder gleich die gesamte Handlung eines Videospiels übernehmen. Werden dabei Computerspiele zum Thema, ergeben sich oftmals besondere Möglichkeiten, utopische Handlungen mit technischen Raffinessen miteinander zu verbinden. Dabei sind die dramatischen Entwicklungen rund um Computerspiele im Film oftmals nicht so utopisch angelegt, als dass man sich diese nicht in der Realität vorstellen könnte. Bei der Betrachtung und Beurteilung lässt sich dabei die Weiterentwicklung der Möglichkeiten im Videospielbereich über die Jahrzehnte hinweg nachverfolgen. Filme aus den 1980er-Jahren setzen dabei naturgemäß noch andere technische Möglichkeiten um, als dies Filme des 21. Jahrhunderts tun (können). 


TRON (1982)


Dieser großartige Disney-Film ist eines der ersten filmischen Werke, das am Computer entstandene, animierte Szenen einsetzt. Mit dem Titel „Tron“ wollten die Macher auch direkt auf einen Computerbefehl (‚Trace on‘) bei der Suche nach Fehlern von Basic-Programmen, respektive einen Maschinenbefehl im Kontext einer bestimmten Rechnerfamilie, Bezug nehmen.



Kevin Flynn ist ein begabter Programmierer. Er vermutet, dass Dillinger, der Präsident seines ehemaligen Arbeitgebers, der Computerfirma Encom, einige von ihm entworfene Computerspiele gestohlen hat. Auf der Suche nach Beweisen für seinen Verdacht muss sich Flynn dem ‚Master Control Programm‘ (MCP) stellen. Dabei soll ein eigens entwickeltes Programm namens ‚Tron‘ den MCP ausschalten — doch dieser Hacking-Versuch misslingt. Ein Laser digitalisiert nun Flynn und erweckt ihn im Computer zu einer virtuellen Existenz in Gefangenschaft. Flynn soll nun an Spielen auf dem Raster teilnehmen und um sein Leben kämpfen. Derweil wird deutlich, dass Dillinger eine vom MCP kontrollierte, virtuelle Realität geschaffen hat. Dort treten ursprünglich humanoide Wesen nun digital gegeneinander ein, die ihren Programmierern nachempfunden sind…

Die starke visuelle Wirkung des Films resultiert bis heute aus dem sogenannten Backlit-Animation-Effekt. Es handelt sich dabei um ein optisches Verfahren, bei dem die Handlung mit den realen Schauspielern zunächst in Schwarz-Weiß gefilmt wurde. Später wurden Szenen vergrößert und auf verschiedene Art und Weise bearbeitet, unter anderem auch koloriert. TRON stellt auch deshalb ein Meilenstein der Filmgeschichte dar, weil dieser Film der einzige ist, bei dem die genannte Technik im großen Umfang eingesetzt wurde. Es handelt sich also ausdrücklich nicht um einen klassisch animierten Trickfilm.




WAR GAMES — KRIEGSSPIELE (1983)


Thematisiert wird die Gefahr eines Atomkriegs zwischen den Großmächten, wenn die Verantwortung für einen möglichen Krieg lernfähigen Computern übertragen wird. Im Angesicht von KI-Entwicklungen der jüngsten Zeit dürfte der bereits 1983 entstandene Film seine Aktualität kaum verloren haben.



Am Anfang steht hier eine Rückblende. Diese zeigt die Simulation einer Reaktion auf einen sowjetischen Angriff mit Atomwaffen auf die Vereinigten Staaten. In eine Übung involvierte Soldaten in Raketensilos verweigern den Abschussbefehl für Raketen. Sie wissen nicht, dass es sich nur um eine Simulation handelt. Infolgedessen wird die Kontrolle über die Abschusssysteme dem Computer ‚Wopr‘ übertragen. Dieser kann über die Kommandozentrale ‚Norad‘ ohne menschliche Beteiligung direkt über den Abschuss von Atomraketen entscheiden.

David Lightman ist ein computerbegeisterter Schüler. Er hackt sich von seinem Wohnsitz in Seattle in das Computersystem eines Spieleherstellers, gelangt jedoch versehentlich in das Computersystem ‚Wopr‘. In Unkenntnis, womit er es tatsächlich zu tun hat, klickt David die strategische Simulation „Weltweiter, thermonuklearer Krieg“ als Spiel an. David spielt auf Seiten der Sowjetunion und beginnt einen Erstschlag mit atomaren Waffen auf die USA. Das Verteidigungssystem ‚Norad‘ wertet diesen Angriff nun als real. Es werden Maßnahmen wie Abfangjäger in Gang gesetzt, die jedoch keine realen Raketen erkennen können. Doch ‚Wopr‘ setzt die Simulation fort und will das Spiel unbedingt gewinnen…



WAR GAMES — KRIEGSSPIELE bleibt durch seine intelligente und weiterhin aktuell wirkende Handlung in Erinnerung. Denn bis heutzutage ist die Gefahr einer computergestützten, atomaren Katastrophe durchaus real.


EXISTENZ (1999)


Für diesen Film zeigte sich David Cronenberg als Regisseur, Drehbuchautor und Produzent verantwortlich. Kennzeichnend in EXISTENZ ist eine biokybernetische Verbindung mit technischen Gadgets wie Spielekonsolen. Dabei verschmelzen reale Welten und Spielwelten auf surreale Weise. 



Ein neues Computerspiel wird vorgestellt. Dabei lassen sich reale Menschen mit einer Spielkonsole verbinden. Diese Konsole ist ein biokybernetisches System, das die Anmutung von tierischem Gewebe hat. Über diese Vernetzung soll ein besonderes Spielerlebnis erreicht werden, weil das Eintauchen in eine andere Realität vollständig möglich wird. Außerdem sorgt die neuartige Konsole dafür, dass es den Spielern nicht bewusst ist, wann sie sich in der echten und wann sie sich in der Spiele-Realität befinden. Während der Präsentation kommt es jedoch zu einem Angriff auf die Entwicklerin des Spiels, Allegra Geller. Sie kann flüchten, muss aber feststellen, dass die Spielekonsole beschädigt wurde. Eine Reparatur wird nur dadurch möglich, dass das bereits gespeicherte Spiel weitergespielt wird…

Für den / die Betrachter/in des Films wird zunehmend unklar, ob man sich in der äußeren Filmhandlung oder im eigentlichen Spiel befindet. Die Spielewelt scheint dabei immer verrückter zu werden. Die Protagonisten müssen Aufgaben erfüllen, treffen auf seltsame Wesen und sehen sich mit Parallelen zur realen Welt konfrontiert. Es kommt zu Durchbrechungen, in denen sich die Protagonisten wieder in der sogenannten Wirklichkeit wähnen. Surreale Ereignisse lassen aber gleichzeitig vermuten, dass sie sich weiterhin im Spiel befinden. 



Gearbeitet wurde mit verschiedenen, verschachtelt gestalteten, optischen Ebenen. Dabei bedient sich der Film der Ästhetik von Cyberwelten. Kritiker sehen eine perfekte Umsetzung der virtuellen Vorstellungswelt eines Computerspiels. EXISTENZ wurde auf der Berlinale 1999 mit dem Silbernen Bären für eine herausragende künstlerische Leistung ausgezeichnet. 




READY PLAYER ONE (2018) 


Steven Spielberg führte Regie bei diesem besonderen Science-Fiction-Film. Grundlage für die Geschichte ist ein Roman von Ernest Cline. READY PLAYER ONE spielt mit den Erwartungen der Menschen an virtuelle Welten und deren Faszination sowie Möglichkeiten als Kontrast zu einer als sinnlos empfundenen Realität.



In der Mitte des 21. Jahrhunderts fliehen die Bewohner aus überbevölkerten und verelendeten Slum-Städten in virtuelle Welten. Besonders das Metaversum ‚Oasis‘ erfreut sich großer Beliebtheit. Dabei handelt es sich um ein Multiplayer-Virtual-Reality-Spiel, das über eine Online-Plattform bedient wird. Die Faszination geht hauptsächlich davon aus, dass man in dieser virtuellen Welt fast alles erleben kann, was man sich vorstellt. Unter anderem können die Spieler Coins verdienen und dafür bestimmte Artefakte und Gegenstände erwerben. Allerdings ist das Spielen in ‚Oasis‘ auch risikoreich. Wenn der eigene Avatar den Bildschirm-Tod stirbt, verliert man alles. Ein möglicher Ausweg: Der Programmierer der faszinierenden Cyber-Welt hat in einem Video-Testament verfügt, dass der Finder eines von ihm versteckten Easter-Eggs sein reales Vermögen aus Aktien und die Macht über ‚Oasis‘ bekommen soll…


READY PLAYER ONE wurde von der Kritik größtenteils positiv aufgenommen und als Liebeserklärung an Videospiele wie an das Kino an sich beschrieben. Dabei kam das Motion-Capture-Verfahren zum Einsatz.

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