In den Tiefen der Netflix-Videothek geht öfter mal so einiges verloren, selbst manch ein Exklusivfilm. So auch dieser: The Stranger dürfte wohl nur bei wenigen auf der Startseite des Streaming-Dienstes auftauchen, was angesichts der durchaus beachtlichen Qualität dieses Thrillers eine mittelgroße Schande ist. Basierend auf einer wahren Geschichte spielt der in Westaustralien und erzählt von der Suche der Polizei nach dem Schuldigen in einem Entführungsfall. Ein achtjähriger Junge verschwand 2002 spurlos, acht Jahre später hat man nun einen Verdächtigen am Haken: Henry (Sean Harris mit dichtem Rauschebart), einen innerlich wie äußerlich kaputten Herumtreiber, der zwischen nervös und labil schwankt. Unter dem Decknamen Mark versucht ein Polizist (Joel Edgerton, ebenfalls mit dichtem Rauschebart) ihm Hinweise zu entlocken und ihn im besten Fall zu einem Geständnis zu bewegen, indem er vorgibt, ihn in eine Verbrecherorganisation einzuschleusen.

Würde es den Begriff „düster“ nicht schon längst geben, er müsste für The Stranger erfunden werden. Regisseur und Autor Thomas M. Wright (Acute Misfortune) hat hier einen dunklen, hochgradig beklemmenden Film mit einer zum Schneiden dichten Atmosphäre inszeniert, der in die Tiefen der menschlichen Seele blickt und der zwar auch ein paar überflüssigen Drehbuch-Kniffe mitbringt, aber einen trotzdem von Anfang bis Ende packt und nicht mehr loslässt. Schuld, Sühne, Reue, Vergebung und der verzweifelte Kampf, sich von seiner Vergangenheit zu lösen — thematisch ist The Stranger durchaus ein schwererer Brocken, inszenatorisch jedoch allem voran ein wahnsinnig spannender Krimi.

The Stranger ist exklusiv bei Netflix zu sehen.