Es ist schon erstaunlich, dass es in der Kategorie der sogenannten Desktop-Filme — solche also, die ausschließlich auf Computer- und Handy-Bildschirmen stattfinden und erzählt werden — bisher so wenig gibt. Dabei greift diese Spielart des Found Foutage doch wie keine andere unsere alltäglichen Sehgewohnheiten auf und macht aus ihnen Fiktion. Zugegeben, viele Genres eignen sich hierfür nicht — bislang vor allem Horror (Unknown User), RomCom (Language Lessons) und Thriller. Die beiden gelungensten Vertreter: Searching (2018) und der Nachfolger im Geiste, Missing (2023).

Im Mittelpunkt: die 18-jährige June (Storm Reid), deren Mutter und Stiefvater (schwieriges Verhältnis…) in den Urlaub fahren. Was der Pubertierenden, die nun endlich mal sturmfrei hat, erst ganz gut in den Kram passt, entwickelt sich zu einer intensiven Spurensuche samt internationalem Polizeieinsatz, als Junes Mutter verschwindet.

Natürlich: Nichts ist hier so, wie es anfangs scheint, eine Wendung jagt die nächste. Und das in einem Tempo, das einen die gelegentlichen „Funktioniert das wirklich so?“-Momente schnell vergessen lässt. Missing ist cleveres, dynamisches und höchst potentes Spannungskino in ungewöhnlicher, erfrischender Form. Das Regieduo Nicholas D. Johnson und Will Merrick erzählt seine Geschichte, die Lebensverläufe der Figuren nur anhand von Videocalls, Browserverläufen und alltäglichen Digital-Tools; und findet dabei trotz gleichen Blickwinkels immer wieder neue Inszenierungsideen. Ein radikaler Gegenwartsfilm — den man gerade deshalb möglichst zeitnah sehen sollte.

Missing ist aktuell bei Netflix verfügbar sowie bei allen gängigen VoD-Anbietern.