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Streaming-Tipp des Tages: Sick of Myself

Ein Beitrag von Mathis Raabe

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Filmstill zu Sick of Myself (2022) von Kristoffer Borgli
Sick of Myself (2022) von Kristoffer Borgli

Das besondere Talent des norwegischen Regisseurs Kristoffer Borgli ist definitiv auch in seinem aktuellen Kinofilm Dream Scenario zu erkennen. Allerdings geht der Öffentlichkeitsparabel mit Nicolas Cage schneller die Puste aus als dem Vorgänger Sick of Myself. Nur ein Jahr lag zwischen dem Festivalhit und der ersten US-Produktion, in der Begriffe wie „Cancel Culture“ nun ausgesprochen werden anstatt die Meta-Ebene über die Bilder und auch ambivalenter zu kommunizieren. Ein Zugeständnis an Hollywood oder einfach ein Schnellschuss? Immerhin: Das Interesse an gesellschaftlicher Gegenwart zieht sich durch, die Borgli dann als Versuchsanordnung durch absurde Prämissen jagt. Es wird sich also hoffentlich lohnen, diesen Filmemacher weiter zu verfolgen. Sick of Myself kann man aktuell bei MUBI nachholen.

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Auch hier geht es um die Währung Aufmerksamkeit. Signe (Kristine Kujath Thorp) ist mit einem Künstler zusammen, der gerade ein bisschen durchstartet und deshalb weniger Aufmerksamkeit in seine Partnerin investiert. Nachdem sie bei einem Abendessen festgestellt hat, dass sie sich erfolgreich in den Mittelpunkt rücken kann, indem sie gesundheitliche Probleme vortäuscht – eine allergische Reaktion –, stößt sie im Internet auf ein Medikament, das als Nebenwirkung eine schwere Hautkrankheit auslöst. Bald kann sie durchs Zugrunderichten ihres eigenen Körpers nicht nur von ihrem Partner gesehen werden, sondern auch von einer breiten Öffentlichkeit.

Anhand dieser in mehrfachem Sinne ungesunden Figur lässt sich über die Kommodifizierung des Körpers durch Schauspielende, Models und Influencer nachdenken, aber auch spezifischer über Krankheit und Andersartigkeit als Ware in Mode und Marketing, oder über den Selbstverwirklichungsdruck, der gerade jungen Frauen eingeredet wird. Die Stärke des Films liegt in dieser Vielfalt der Lesarten und in seiner konsequent unangenehmen Inszenierung: der Beiläufigkeit drastischer Handlungen, der schlechten zwischenmenschlichen Kommunikation. Nie wird die Anspannung durch einen simplen Gag aufgelöst.

Auf Neudeutsch könnte man sagen: Dieser Film ist cringe. Im Gegensatz zu Nicolas Cages Figur in Dream Scenario fällt die Identifikation mit Signe schwer, aber man kennt die Umstände, die sie prägen, und kann schwer wegblicken von ihrem aufmerksamkeitsheischenden Tanz in den Abgrund, so ungelenk und hässlich er auch ist.

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