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Familienzwist trotz Urlaubsidylle. Gabriele Muccino (Sieben Leben, Kiss the Coach) kehrt nach Italien zurück und hetzt in „Zu Hause ist es am schönsten“ gleich 19 Verwandte um Stefano Accorsi aufeinander.

Zuhause ist es am schönsten (2018)

Eine Filmkritik von Falk Straub

Familienfest und andere Schwierigkeiten

„Es heißt, die Familie sei unser Ausgangspunkt. Wir fliehen vor ihr, und am Ende kehren wir zu ihr zurück“, macht sich Paolo (Stefano Accorsi) im Cabrio neben Schwager Diego (Giampaolo Morelli) Gedanken aus dem Off. Paolo ist so einer, der auszog, um die Welt zu sehen und Poet zu werden, während seine Geschwister Sara (Sabrina Impacciatore) und Carlo (Pierfrancesco Favino) zu Hause im elterlichen Restaurant schuften. Bei seiner Rückkehr schleppt nicht nur Paolo schweres Gepäck mit sich herum.

Alba (Stefania Sandrelli) und Pietro (Ivano Marescotti) haben zur Goldenen Hochzeit geladen und all ihre Verwandten sind in ihr traumhaftes Haus auf der Insel Ischia gekommen. Sogar Carlos Ex Elettra (Valeria Solarino) mit der gemeinsamen Tochter Luna (Elisa Visari) und deren bestem Freund Edoardo (Renato Raimondi) sind da. Während Carlo die turtelnden Teenager kritisch beäugt, ist seiner zweiten Ehefrau Ginevra (Carolina Crescentini) Carlos gutes Verhältnis zu Elettra ein Dorn im Auge.

Die Sonne lacht, nur Beatrice (Claudia Gerini) zieht ein langes Gesicht, weil sie an ihrem an Alzheimer erkrankten Mann Sandro (Massimo Ghini), Pietros Neffe, verzweifelt. Mit ihren blonden Haaren und ihrem roten Kleid wirkt sie wie eine jüngere Version ihrer Schwiegermutter Pietros Schwester Maria (Sandra Milo). Während Sandro kaum einen klaren Gedanken fassen kann, behält Marias anderer Sohn Riccardo (Gianmarco Tognazzi) sein Geld nicht beisammen. Dabei hat der Taugenichts mit musikalischer Ader jeden Cent nötig. Seine Freundin Luana (Giulia Michelini) ist schwanger. Doch bei wem er auch vorstellig wird, keiner in der Familie hat einen Job für ihn übrig.

Und dann ist da noch die unglücklich verheiratete Isabella (Elena Cucci), Riccardos und Sandros Cousine vom Familienzweig ihres verstorbenen Vaters. Vor aller Augen flirtet sie schamlos mit Paolo. Blutsverwandt sind die beiden ja nicht, also was soll‘s? Nicht die einzige Liebeswirrung. Ginevras Kontrollsucht entzweit sie immer weiter von Carlo und Sara findet heraus, dass Diego ihr Hörner aufsetzt. Statt eines Geschäftstermins erwartet ihn seine Geliebte Arianna (Tea Falco) in Paris. Doch ein Sturm hält ihn zurück. Der Fährverkehr ist vorübergehend eingestellt. Aus einem angedachten Nachmittag werden 2 Übernachtungen auf der Insel. Mit dem Seegang nehmen auch die zwischenmenschlichen Wogen zu.

Ganz schön voll! Insgesamt 19 Familienmitglieder wuseln durch Gabriele Muccinos Film und doch ist alles verständlich. Im Vorbeigehen stellt er ihre Verwandtschaftsbeziehungen vor, viel müheloser als es diese Kritik je könnte. Dann springt die Kamera während der Anfahrt zur Fähre unvermittelt von einem Auto zum nächsten, gleitet am Pier und später an Deck von Gespräch zu Gespräch. So elegant Muccino sein Personal einführt, wechselt er auch auf der Insel die Nebenkriegsschauplätze. Es wird geliebt, gestritten, gesungen und viel gegessen.

Zu Hause ist es am schönsten markiert auch für Gabriele Muccino eine Heimkehr. Nach 12 Jahren in Hollywood, wo er die Dramen Das Streben nach Glück (2006), Sieben Leben (2008), Väter und Töchter (2015) sowie die romantische Komödie Kiss the Coach (2012) realisierte, ist der Regisseur und Drehbuchautor wieder in Italien und greift auf alte Bekannte zurück. Stefanie Sandrelli, Stefano Accorsi, Pierfrancesco Favino und Sabrina Impacciatore spielten schon 2001 in Muccinos drittem Spielfilm Ein letzter Kuss, die 3 Letztgenannten auch 9 Jahre später in dessen Fortsetzung Baciami ancora. Als ungleiches Geschwistertrio lassen sie ihren Regisseur auch dieses Mal nicht im Stich.

Obwohl mächtig viel los ist und all die Verwicklungen hektisch ineinandergreifen, sieht das bei Muccino stets nach Dolcefarniente aus, nicht zuletzt, weil Shane Hurlbuts Kamera die familiären Gewitterwolken vor strahlender Kulisse einfängt. Muccinos Film ist weder Fisch noch Fleisch, ein bisschen Drama, ein wenig Komödie, mehr Appetithappen als Festmahl. Dabei gelingen ihm – ob unbeabsichtigt oder nicht, sei dahingestellt – interessante Gesellschaftsbeobachtungen. Die von Riccardo am Klavier vorgetragenen Schlager handeln allzu gern von Schürzenjägern, die mit ihren Eroberungen prahlen oder unglückliche Liebe beklagen. Die 3 Generationen schmettern sie lauthals mit, die Frauen stets im Kleid und hochhackigen Schuhen. Außer der geschiedenen Elettra trägt keine eine Hose, was freilich nicht heißt, dass sie in ihren Beziehungen nicht die Hosen anhaben. Am Ende kehrt jeder verändert in sein altes Leben zurück und belügt sich doch weiter selbst. Typisch Familie eben.

Zuhause ist es am schönsten (2018)

Zur Feier der Goldenen Hochzeit der Großeltern trifft sich eine vielköpfige Familie auf der Insel, auf die die Alten gerade gezogen sind. Als ein Sturm aufzieht und die Verbindung zur Außenwelt kappt, ist die Familie aber auf sich selbst zurückgeworfen und muss sich mit den Altlasten, Lügen und Geheimnissen der Vergangenheit auseinandersetzen.

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