Väter und Töchter - Ein ganzes Leben

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Formelhaftes Gefühlskino

Wenn Hollywood nach dick aufgetragenen Melodramen verlangt, ist Gabriele Muccino oft nicht weit. Mit der Aufsteigergeschichte Das Streben nach Glück legte der italienische Filmemacher 2006 seine erste englischsprachige Regiearbeit vor, auf die der Schmachtfetzen Sieben Leben und der Romantic-Comedy-Unfall Kiss the Coach folgten. Schablonenhafte Studioproduktionen mit einem klaren Bekenntnis für Kitsch und Schmalz. Große Gefühle bestimmen auch Muccinos neuestes Werk, das Familiendrama Väter und Töchter – Ein ganzes Leben, dessen Drehbuch der Regisseur im Presseheft überschwänglich als bestes Skript adelt, das er jemals gelesen habe. Erschreckend, sollte er Brad Deschs einfallslos zusammengestoppeltes Elaborat ernsthaft für eine mitreißende Geschichte halten.
Die Handlung setzt ein im Jahr 1989. Zu einem Zeitpunkt, als der Bestsellerautor Jake Davis (Russell Crowe) und seine kleine Tochter Katie (Kylie Rogers) den Verlust der Ehefrau respektive Mutter betrauern. Verursacht wurde der plötzliche Tod, wie uns Muccino in plumpen Rückblenden zeigt, durch einen Autounfall, den Jake mitverantwortet hat. Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass er und sein Kind von nun an auf sich allein gestellt sind, hat der Autor auch noch mit heftigen Krampfanfällen zu kämpfen, die auf eine manisch-depressive Psychose als Reaktion auf das Unglück hindeuten. Schweren Herzens beschließt Jake, sich für einige Monate in einer Klinik behandeln zu lassen, und bringt Katie für diese Zeit bei ihrer Tante Elizabeth (Diane Kruger) und ihrem Onkel William (Bruce Greenwood) unter, die nach seiner Entlassung einen Sorgerechtsstreit vom Zaun brechen.

Auf einer zweiten Erzählebne, die sich parallel zum ersten Strang entwickelt, lernen wir 25 Jahre später die mittlerweile erwachsene Katie (Amanda Seyfried) kennen, die – wie soll es bei einem Menschen mit einem traumatischen Verlust im Kindesalter anders sein – Psychologie studiert und sich als Sozialarbeiterin in einen besonders komplizierten Fall verbeißt. Nach Feierabend sucht die bindungsunfähige junge Frau regelmäßig ihr Heil in sexuellen Abenteuern, bis sie eines Tages dem charmanten Nachwuchsschriftsteller Cameron (Aaron Paul) begegnet, der Katie zeigt, dass eine feste Beziehung nicht zwangsläufig Panikattacken auslösen muss. Ob sie wirklich bereit ist, sich auf einen anderen Menschen einzulassen, steht jedoch in den Sternen.

Dass die inneren und äußeren Konflikte, die auch aus einem Groschenroman stammen könnten, nicht vollends am Publikum vorbeigehen, ist dem engagierten Auftreten der prominenten Darstellerriege zu verdanken. Allen voran Russell Crowe und Jungschauspielerin Kylie Rogers, die das innige Vater-Tochter-Verhältnis glaubhaft und berührend zum Ausdruck bringen. Ihr Zusammenspiel wirkt ehrlich vertraut und lädt den Film gelegentlich mit echten Emotionen auf, was zuweilen auch für die behutsame Annäherung zwischen Amanda Seyfrieds Katie und Aaron Pauls Cameron gilt.

Kaschieren können die Darsteller, zu denen auch Altstar Jane Fonda in einer blassen Nebenrolle gehört, allerdings nicht, dass Deschs Debütdrehbuch zahlreiche Klischees verwurstet und diese zum Teil unbeholfen verknüpft. Elizabeth und William sind der Inbegriff der wohlhabend-hinterfotzigen Verwandten und haben freilich nicht das Wohl der kleinen Katie, sondern einzig und allein ihre eigenen Interessen im Blick. Bedauernswert ist vor allem Diane Kruger, die als schnippische Trinkerin losgelöst von subtilen Zwischentönen agieren und auf der Zielgerade eine himmelschreiend dumme, frauenherabwürdigende Plattitüde zum Besten geben muss. Was die deutsche Hollywood-Schauspielerin an ihrem Part fasziniert haben könnte, entzieht sich spätestens hier dem Vorstellungsvermögen des entgeisterten Kritikers. Während der Wechsel zwischen den beiden zeitlich getrennten Handlungssträngen Komplexität und Tiefgang vorgaukelt, befolgt der Film die meiste Zeit das Motto „Malen nach Zahlen“ und bemüht dabei psychologische Erklärungsansätze auf dem Niveau einer billigen Klatschzeitschrift. Bei so viel erzählerischer Tristesse ist es schon ein Segen, dass Muccino inszenatorisch nicht jede Gelegenheit für melodramatische Exzesse beim Schopfe packt. Überdies kann er von Glück sagen, dass sein Ensemble beherzt gegen die Banalitäten der Geschichte anspielt. Wäre dem nicht so, ließe sich Väter und Töchter – Ein ganzes Leben in jedem Fall unter dem Schlagwort „komplett misslungen“ abheften.

Väter und Töchter - Ein ganzes Leben

Wenn Hollywood nach dick aufgetragenen Melodramen verlangt, ist Gabriele Muccino oft nicht weit. Mit der Aufsteigergeschichte „Das Streben nach Glück“ legte der italienische Filmemacher 2006 seine erste englischsprachige Regiearbeit vor, auf die der Schmachtfetzen „Sieben Leben“ und der Romantic-Comedy-Unfall „Kiss the Coach“ folgten. Schablonenhafte Studioproduktionen mit einem klaren Bekenntnis für Kitsch und Schmalz.
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