Love Is All You Need

Eine Filmkritik von Festivalkritik Venedig 2012 von Beatrice Behn

Eine Rom-Com mit Haaren auf den Zähnen

Romantische Komödien als Genre leiden sehr unter der Dominanz der seichten Unterhaltungsformate, die Hollywood für sie entwickelt hat. Manchmal hat man das Gefühl, dass sich diese Gattung seit Doris Day in den 1950er Jahren gar nicht mehr groß weiterentwickelt hat. Natürlich muss man dabei berücksichtigen, dass das Genre eben auch davon lebt, dass es quasi immer die gleiche Geschichte wieder erzählt. Eine totale Revolution sollte man hier also nicht erwarten. Dass man innerhalb der Grenzen aber doch Einiges erneuern kann, zeigt Susanne Biers Film Love Is All You Need.
Nachdem sie mit ihrem letzten Beitrag, dem Familien- und Sozialdrama In einer besseren Welt zuletzt den Oscar für den besten fremdsprachigen Film abräumen konnte, ist Love Is All You Need eine krasse Kehrtwende. Nach der Vorführung, die hier in Venedig mit gemischten Reaktionen aufgenommen wurde, kamen schnell die ersten Vergleiche Mamma Mia! auf. Es gibt auch auf den ersten Blick viele Parallelen. Eine der Hauptrollen wurde mit Pierce Brosnan besetzt, der Hauptteil der Szenen spielt in einem Haus im Süden – dieses Mal Italien und nicht Griechenland. Und auch die Geschichte an sich hat ähnliche Züge. Ida (Trine Dyrnholm) und ihr Mann Leif (Kim Bodnia) haben sich gerade halbwegs von Idas Brustkrebserkrankung erholt. Noch ist nicht klar, ob der Krebs endgültig besiegt ist, aber immerhin gibt es Entwarnung.

Ein weiterer Grund zur Freude ist die bevorstehende Hochzeit ihrer Tochter Astrid (Molly Blixt Egelind) mit Philip (Sebastian Jessen), den sie gerade mal drei Monate kennt. Kurz vorm Abflug erwischt Ida ihren Mann aber mit einer anderen und bevor sie sich versieht, wird sie verlassen und Leif posaunt überall herum, dass er mit der Neuen zusammenzieht. Noch im Schock fährt sie nach Italien und trifft auf dem Weg Philip (Pierce Brosnan), den Vater des Bräutigams, ein von Zorn zerfressener Mann, der den Verlust seiner Frau nicht überwinden kann.

Die beiden vom Leben gezeichneten bilden den bitteren Kern der sonst eher süßlichen Frucht des Filmes. Eine Szene sticht hier besonders heraus: Idas vom Krebs gezeichneter Körper wird komplett nackt gezeigt. Sie hat eine Brust verloren und ihr sind die Haare ausgefallen. Sie ist eine Frau mittleren Alters und auch ihre Figur entspricht nicht dem gängigen Filmideal für Frauen. Und trotzdem – nein, deswegen inszeniert sie Susanne Bier so, wie sie eben ist – ein Mensch, verletztlich und voller „Fehler“, das Gegenteil von Botox, Photoshop und Weichzeichner. Dabei umschifft es der Film geschickt, Idas Krankheit ausbeuterisch oder gefühlsduselig zu behandeln und macht es einfach zum Fakt: Diese Frau hat Krebs, so ist das im Leben eben.

Zwar ist es ein vielfach erprobtes Mittel für Regisseure und Drehbuchautoren, Menschen auszuwählen, denen es nicht gut geht und diese dann im Verlaufe des Filmes dem Paradies der Liebe zuzuführen, doch hier hat man das Gefühl, man träfe auf zwei vielschichtige und facettenreiche Menschen mit nachvollziehbaren und ernsthaften Problemen. Ihre Vorliebe für tiefgreifende Familiendramen lässt Bier hier ebenfalls einfließen und das gibt dem Film eine ganz eigene Note, der ihn vor der totalen Beliebigkeit rettet, die ihn ansonsten ereilen würde. Denn der Rest des Filmes hält sich dann doch eher an Konventionen und kommt im Inhalt Mamma Mia! tatsächlich recht nah.

Eines freilich darf man nicht vergessen – Love Is All You Need ist immer noch ein dänischer Film und die Dänen sind ja bekannt für ihren morbiden, schlagfertigen Humor. So mancher Spruch, der hier gemacht wird, würde in Hollywood zu einigem Entsetzen führen. Sollte es von diesem Film ein Remake geben (was gar nicht so unwahrscheinlich ist), ist jetzt schon klar, dass von denen kein einziger übrig bleiben wird.

(Festivalkritik Venedig 2012 von Beatrice Behn)

Love Is All You Need

Romantische Komödien als Genre leiden sehr unter der Dominanz der seichten Unterhaltungsformate, die Hollywood für sie entwickelt hat. Manchmal hat man das Gefühl, dass sich diese Gattung seit Doris Day in den 1950er Jahren gar nicht mehr groß weiterentwickelt hat. Natürlich muss man dabei berücksichtigen, dass das Genre eben auch davon lebt, dass es quasi immer die gleiche Geschichte wieder erzählt. Eine totale Revolution sollte man hier also nicht erwarten. Dass man innerhalb der Grenzen aber doch Einiges erneuern kann, zeigt Susanne Biers Film „Love is All You Need“.
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Meinungen

Bernd Reinhardt · 17.12.2012

Regisseurin Susanne Bier ist Realistin und Romantikerin zugleich ...

ihr gelingt mit "Love Is All You Need" ein lebensnaher Film, authentisch, bittersüss, bewegend ... skurill, ernst und doch humorvoll ...einfach alle Facetten des Lebens werden hier dargestellt ....

es geht um eine Frau mit Krebserkrankung, die sich trotz dieser -- und privater Probleme mit Ehemann -- nicht unterkriegen läßt - Trine Dyrholm spielt die Rolle dieser Ida so ausdrucksstark und sensibel, sowas habe ich schon lange nicht mehr im Kino gesehen ... allein ihre Performance ist der Film wert ... sensationell !

auch Pierce Brosnan überzeugt auf ganzer Linie

Der Film zeigt auf schöne Weise, dass Liebe auf jeden Fall generell gesund ist und auch gesundet ... mehr wird nicht verraten ... chaotisch, witzig, ernst und originell ! Volle Empfehlung!

Gisela Müller · 13.12.2012

man kommt aus dem Kino und ist rundherum zufrieden, gut gelaunt und summt noch lange Dean Martin's sont "That's amore" !

Kai · 23.11.2012

[01:33] als diese beiden Menschen sich nun treffen ist es um sie geschehen...
wirklich allerliebst sagst du das!

lg kai