Park Chan-wook ist einer jener Regisseure, von denen mich ein einziger Film völlig umgeworfen und viel verändert hat. Die Rede ist dabei natürlich von Oldboy aus dem Jahre 2004, mit dem er das internationale Publikum im Sturm eroberte und dem niemand Geringeres als Spike Lee die Ehre eines Remakes widerfahren ließ. Es folgten weitere Filme, die sich wie Oldboy dem Thema Rache widmeten, erst mit Die Taschendiebin (2016) wurde der südkoreanische Regisseur spürbar ruhiger, aber nicht minder bildgewaltig.

Sein letzter Film Die Frau im Nebel  fächert abermals eine neue Facette im Schaffen Park Chan-wooks auf: Ein beinahe klassischer Thriller, der recht deutlich an Alfred Hitchcocks Werkphase in den späten 1950er und frühen 1960er Jahren erinnert, als dessen Filme düsterer wurden und obsessiver. Ein Ermittler, der zwischen seinem Einsatzort und seinem Zuhause pendelt, wird an einen Tatort gerufen: Ein Mann ist von einem hohen Felsen abgestürzt, ob er freiwillig aus dem Leben schied oder gestoßen wurde, weiß niemand. Im Laufe seiner Ermittlungen lernt der Polizist die schöne junge Witwe des Verstorbenen kennen — und verfällt ihr derart, dass er seine Prinzipien aus den Augen verliert.

Plaion Pictures

In seine elegante Geschichte um Sehnsucht, Begehren und dem Gefühl der Fremdheit hat Park Chan-wook noch zwei andere Kriminalfälle eingeflochten, doch letzten Endes geht es gar nicht um deren Auflösung, sondern vielmehr um das Evozieren eines Gefühls der Verstrickung, des Ausgeliefertseins, das der Film in wunderschöne Bilder und Stimmungen taucht.
Die Frau im Nebel (viel eleganter und treffender ist der englische Titel Decision to Leave) ist derzeit bei MUBI zu sehen und definitiv einer jener Filme, die man nicht verpasst haben sollte.