Auch wenn ihr Ruf schlecht ist: Ab und an schaffen es dann doch ein paar alte Klassiker in die großen Streaming-Bibliotheken. So ist seit Anfang des Jahres bei Amazon Prime Billy Wilders Das Appartement zu sehen, und wie könnten wir anlässlich dessen anders, als diesen fünffach oscarprämierten Streifen zu empfehlen? Eben.

Im Mittelpunkt: der Büroangestellte C.C. Baxter (Jack Lemmon), der sein Appartement nahe dem Central Park alle paar Abende an Kollegen aus den höheren Etagen vermietet, damit die dort ein paar Stunden mit ihren Affären verbringen können. Weshalb er selbst oft Stunden länger im Büro sitzt oder in der New Yorker Kälte ausharren muss – dafür winkt jedoch eine große Beförderung. Baxter hat ein Auge auf die Fahrstuhlführerin Ms. Kubelik (Shirley MacLaine) geworfen. Die aber ist die Geliebte seines Chefs Jeff Sheldrake (Fred MacMurray), und der speist sie immer wieder mit dem leeren Versprechungen, seine Frau für sie zu verlassen, ab und nutzt nun ebenfalls Baxters Appartement für Treffen mit ihr aus. Das Drama ist vorprogrammiert.

Wilder hat hier nicht nur die Idee von Airbnbs schon Jahrzehnte vorweggenommen, sondern auch einen herrlich tragikomischen Film über die Toxizität patriarchaler Machtstrukturen gedreht. Die betrifft sowohl Frauen wie Ms. Kubelik, die von den Herren in der Chefetage gnadenlos belogen und ausgenutzt werden, als auch gutherzig-naive Arbeitstiere wie Baxter, der für die Aussicht auf eine bessere Stelle Kälte, Beschimpfungen und später sogar Prügel bezieht, bis er endlich, endlich seine moralische Integrität findet. Und natürlich versteht es Wilder wie kein Zweiter, seinen Figuren Profil einzuschleifen, zwischen Lachen und Weinen zu pendeln und das Erzählprinzip von Chekhov’s gun umzusetzen: Aus kleinsten Andeutungen und Elementen wird am Ende eine einzige Aneinanderreihung von Payoffs. Großes Kino.

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