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Darling der Woche

Farewell, Satai Denlenn: Zum Tod von Mira Furlan

Ein Beitrag von Christian Neffe

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Mira Furlan
Crosa from Nuernberg, CC BY 2.0

Von den jugoslawischen Theaterbühnen zu einem von Science-Fiction-Fans verehrten Fernsehgesicht in den USA — so in etwa ließe sich die Karriere von Mira Furlan in wenigen Worten zusammenfassen. Die reichen jedoch nicht aus, um dem Leben und politischen Engagement dieser wandlungsfähigen Frau, die kürzlich im Alter von 65 Jahren verstorben ist, gerecht zu werden. Doch von vorne.

Geboren wurde Mira Furlan am 7. September 1955 in Zagreb, genoss dort eine klassische Schauspielausbildung an der Akademie für Dramatische Künste und brachte ihre Karriere ab den 70er Jahren ins Rollen. Neben diversen Auftritten in jugoslawischen Serien und Fernsehfilmen verdingte sie sich vor allem am kroatischen Nationaltheater in Zagreb. Dort spielte sie die Ophelia in Hamlet, erhielt Rollen in Schade, dass sie eine Hure ist, The Devil’s Disciple oder in Ein Monat auf dem Lande. Letztere war laut einem Interview ihre letzte Rolle am Nationaltheater — „and holds a special place in my heart“. Schnell kamen auch Kinoproduktionen hinzu: 1985 war Furlan etwa in Emir Kusturicas Papa ist auf Dienstreise zu sehen, für den es die Goldene Palme in Cannes gab. Innerhalb ihres Landes avancierte Furlan zum gefeierten Kino- und Bühnenstar — und machte sich auch abseits davon als feministische Aktivistin einen Namen.

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Ihre zivilgesellschaftlichen und politischen Ambitionen wie auch ihre jüdische Herkunft machten sie ab den späten 80ern zum Angriffsziel (ultra-)nationalistischer Konservativer. Zum einen, weil Furlan mit dem serbischen Film- und Theaterregisseur Goran Gajic verheiratet war und in Belgrad zusammenarbeitete. Furlan pendelte zwischen Zagreb und Belgrad — auch als Jugoslawien auseinanderzubrechen begann. Statt sich auf eine Seite zu schlagen, arbeitete sie weiterhin in beiden Städten, setzte sich für ein friedliches Zusammenleben ein — und wurde zum Hassobjekt kroatischer Nationalisten. Furlan wurde verfolgt, bedroht, brachte ihre Enttäuschung über ihre Landsleute in einem offenen Brief zum Ausdruck. „Ich kann mich nicht zum Hass zwingen“, hieß es darin. Sie verlor ihre Stelle am Theater und wanderte 1991 schließlich in die USA aus.

It was a situation where any pacifism was perceived as treason (…) and where, all at once, your nationality became the only thing that mattered. I could not accept that. I felt as if I was losing my identity to the war. (…). It was a sick place where I felt I was losing my sanity and my soul. That’s why I left. That’s why we left.

Es dauerte einige Monate, bis Furlan dort beruflich Fuß fasste, fand dann jedoch eine Rolle, die sie über fünf Jahre beibehielt: In der Science-Fiction-Serie Babylon 5 verkörperte sie Botschafterin Satai Denlenn, über 111 Folgen hinweg, womit sie sich in die Herzen der Fans spielte. 1996 erhielt sie den Sci-Fi Universe Award als beste Nebendarstellerin.

I was stunned at the scope of that parallel world called science-fiction fandom. Those fans are certainly the most devoted and loyal fans of all. I’ll never forget my first science-fiction convention where a fan told me, „Welcome to the family.“

Einer Handvoll weiterer Fernsehfilm- und Serienauftritte folgte Mitte der 00er-Jahre ihre zweite ikonische Rolle: In 20 Folgen der Mystery-Serie Lost wurde sie zur schiffbrüchigenWissenschaftlerin Danielle Rousseau, die dem Mysterium hinter der Insel noch mehr Futter gab. Auch musikalisch versuchte sie sich: 1998 erschien ihr Album Song from Movies That Have Never Been Made.

Ihrer Heimat hatte Furlan niemals gänzlich den Rücken gekehrt: Ab den frühen 2000ern erhielt sie in den jugoslawischen Nachfolgestaaten erneut mehrere Film- und Fernsehrollen, spielte auch wieder auf der Bühne auf. Den Hass, der ihr einst entgegenschlug, vergas sie jedoch nie. Vergessen heile keine Wunden, sagte sie einmal.

Furlan verstarb am 20. Januar in Folge einer Infektion mit dem West-Nil-Virus. Auf ihrem Twitter-Account hinterließ sie eine Abschiedsbotschaft: „I look at the stars. It’s a clear night and the Milky Way seems so near. That’s where I’ll be going soon.“ Farewell.

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