Die innere Sicherheit (2000)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Eine Familie im Untergrund: Seit 15 Jahren leben die beiden Deutschen Hans (Richy Müller) und Clara (Barbara Auer) und ihre Tochter Jeanne (Julia Hummer) in Portugal, immer wieder wechseln sie den Ort und den Namen – ein Leben auf der Flucht. Was keiner wissen darf: Hans und Clara waren früher einmal Terroristen und sind nun abgetaucht. Unter dieser äußerst schwierigen Situation leiden alle, besonders aber Jeanne, die nie eine Schule besuchte und nie Freundinnen, sondern immer nur ihre Eltern hatte. Und die unbestimmte Angst vor der Entdeckung, vor dem Zerbrechen des familiären Glücks – sofern man ein Leben unter diesen Umständen überhaupt als Glück bezeichnen kann. Das alles gerät in Gefahr, als Jeanne sich in den deutschen Surfer Heinrich (Bilge Bingül) verliebt und in das Ferienhaus der Familie eingebrochen wird. Mit einem Mal ist die Legalisierung des Lebens der Familie in Brasilien in Gefahr geraten, Zahlungen der ehemaligen Gesinnungsgenossen aus Deutschland bleiben aus, so dass Hans, Clara und Jeanne widerwillig nach Deutschland zurückkehren müssen, um wieder an Geld zu kommen. Doch die Komplizen von einst sind wieder fest im bürgerlichen Leben verankert. Und als Jeanne Heinrich wieder trifft, nimmt das Schicksal seinen Lauf…

Inspiriert durch Songtexte des in Bad Kleinen erschossenen RAF-Terroristen Wolfgang Grams, in denen er seine Versuche beschrieb, im Untergrund ein normales Leben zu führen, verfassten Christian Petzold und sein Co-Autor Harun Farocki ein Drehbuch, das mit kühl-distanziertem Blick, aber voller Einfühlungsvermögen die Tragödie einer Familie auf der Flucht beleuchtete: „Nachrichten aus dem Untergrund, die davon erzählten, dass da irgendwelche Gespenster an ihrer Menschwerdung arbeiteten. Die hier in der Geschichte zeugten ein Kind. Sie werden Familie. Begehren das Normale. Wenn Gespenster Menschen werden möchten, dann sind sie immer Protagonisten einer Tragödie“, so äußerte sich Petzold zu seinen Intentionen. Das Schattenhafte der Existenz, die Brüchigkeit des Realen und die Gespenster der Vergangenheit, sie sind so etwas wie der rote Faden, der durch das Werk von Petzold führt – sei es in Wolfsburg, in Gespenster oder in Yella. Von allen Regisseuren der so genannten Berliner Schule ist er mit Sicherheit der enigmatischste und metaphysischste und seine Filme, das zeigt auch Die innere Sicherheit, sind bei aller Kälte hoch emotionale und sehr komplexe Dramen, die zu genauer Beobachtung einladen und die zu langem Nachdenken verführen.
 

Die innere Sicherheit (2000)

Eine Familie im Untergrund: Seit 15 Jahren leben die beiden Deutschen Hans (Richy Müller) und Clara (Barbara Auer) und ihre Tochter Jeanne (Julia Hummer) in Portugal, immer wieder wechseln sie den Ort und den Namen – ein Leben auf der Flucht.

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