Letztes Jahr war noch ein Céline-Sciamma-Film in den deutschen Kinos zu sehen, den sie möglichst zeitlos gestaltete: Petite Maman, eine Fabel, die zeigt, dass die Gefühlswelten von Kindern nicht minder komplex sind als die von Erwachsenen.

Ihr vorheriger Film Porträt einer jungen Frau in Flammen hat dagegen eine klar verortbare historische Zeitlichkeit. Er spielt während der Künstlerinnenbewegung des 18. Jahrhunderts, als es viele weibliche Porträtmalerinnen gab, deren Namen nicht bis heute überdauert haben. In diesem Setting beschäftigt sich Sciamma aber (wie auch schon in Mädchenbande) mit weiblicher Solidarität – wiederum ein zeitlos relevantes Thema.

Das Patriarchat ist in Porträt einer jungen Frau in Flammen kaum zu sehen. Der Film ist ganz nah bei der jungen Malerin Marianne und bei ihrem Model Héloïse, der Tochter einer Gräfin. Die beiden Frauen entwickeln eine Liebesbeziehung, begegnen auch der Hausangestellten Sophie solidarisch und auf Augenhöhe und tanzen in einer besonders schönen Szene mit Frauen aus einem nahgelegenen Dorf um ein Feuer. All das geschieht auf einer Insel in der Bretagne, wo man die Außenwelt gut wegträumen kann. Im Hintergrund zieht das Patriarchat aber unsichtbar die Fäden und verleiht dem Film seine Tragik: Das Porträtgemälde ist für einen Adeligen in Mailand gedacht, an den Héloïse verheiratet werden soll. Die Beziehung ist von Anfang an zum Scheitern verurteilt.

Darüber hinaus erzählt Sciamma in Porträt einer jungen Frau in Flammen auch ein Stück Kunstgeschichte, setzt sich anhand der Porträtmalerei mit männlichen und weiblichen Blickkonstruktionen auseinander und demonstriert brillanten Einsatz von Musik. Bei der letzten Wiederkehr von Der Sturm, einem ikonischen Geigenstück aus Vivaldis Vier Jahreszeiten, sind Tränen garantiert.

Porträt einer jungen Frau in Flammen ist seit dem 14. Februar bei MUBI verfügbar.