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Nippon Connection 2024: Die Highlights beim Festival des japanischen Films

Ein Beitrag von Mathis Raabe

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Nippon Connection 2024

Das Festival des japanischen Films in Frankfurt am Main nimmt seinen Bildungsauftrag ernst und präsentiert dieses Jahr einmal wieder rund hundert Kurz- und Langfilme. Darunter sind viele Filme, die innerhalb des letzten Jahres erschienen sind. Es gibt aber auch eine Retrospektive zum japanischen Film Noir sowie Sonderveranstaltungen zum Thema „Crossing Borders“, bei denen unter anderem die deutsch-japanische Koproduktion Die Tochter des Samurai (1937) gezeigt wird, die als erste in Japan gedrehte westliche Produktion überhaupt gilt. Weil Darstellerin Kotone Furukawa mit dem „Rising Star Award“ ausgezeichnet wird, kann man auch Wheel of Fortune and Fantasy (2021) von Ryûsuke Hamaguchi, seit Drive My Car einer der großen Namen des internationalen Arthouse-Kinos, bei einer Sondervorführung sehen. Um den Überblick über das große Programm zu erleichtern, empfehlen wir im Folgenden noch einige weitere Highlights. Das Festival findet dieses Jahr vom 28. Mai bis zum 2. Juni in verschiedenen Frankfurter Kinos statt.

Das vollständige Programm und Tickets bekommt man hier.
 

Kubi von Takeshi Kitano

In seiner Heimat ist Takeshi Kitano nicht nur als Regisseur bekannt, sondern auch als Fernsehpersönlichkeit, etwa als Gastgeber der Gameshow Takeshi’s Castle. International kennt man ihn vor allem als Macher von Yakuza-Filmen wie Violent Cop, Hana-bi und Brother. Kubi ist nun erst sein zweiter Ausflug ins Samurai-Genre.

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Nachdem er mit Zatoichi 2003 ein ikonisches Samurai-Franchise neu auflegte, will Kitano das Genre diesmal neu denken. Der Film zeigt ein historisches Ereignis, bei dem ein General gegen seinen Lehnsherren putschte: den sogenannten Honnōji-Zwischenfall. In Kubi kämpfen die Samurais aber nicht nur gegeneinander, sondern auch gegen unterdrückte Homosexualität, und kämpfen dann auch mal gar nicht mehr, sondern lieben sich abseits des Schlachtfelds.

Pale Flower von Masahiro Shinoda

Diese stylishe Film-Noir-Großstadtballade von 1964 lässt sich als Grundstein des nihilistischen Yakuza-Kinos begreifen, das Kitano dann in den Neunzigerjahren formalisierte. Frisch aus dem Gefängnis entlassen, findet sich ein Gangster in Glücksspiel-Lokalitäten und zwischen zwei Frauen wieder: einer alten Liebe und einer mysteriösen Femme Fatale, die schnelle Autos fährt und den Männern das Geld aus der Tasche zieht.

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Begleitet von einem jazzigen Soundtrack, verlieren sich die Figuren im Adrenalinsog der Nacht, und wir gleich mit. Die Femme Fatale ist allerdings noch an einem weiteren, drogensüchtigen Mann interessiert, der einen noch riskanteren Tanz am Rande des Abgrunds verspricht. Der Klassiker ist frisch restauriert; vor zwei Jahren wurde diese Version bei der Berlinale uraufgeführt.

All The Long Nights von Shô Miyake

Dass die Arbeitswelt schlecht geeignet ist, um an seiner psychischen Gesundheit zu arbeiten, lernen in diesem Film zwei Kolleg*innen, die unter Panikattacken respektive ausgeprägtem PMS leiden. Warum wird Letzteres eigentlich im Kino selten ernsthaft verhandelt, obwohl so viele Menschen davon betroffen sind?

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All The Long Nights verspricht, ein warmherziger, aber nicht naiver Filme zu sein: Die Kritik an sittlichen und kapitalistischen Zwängen steht zwischen den Zeilen. Dass die Figuren im Zwischenmenschlichen Halt finden, bedeutet nicht gleich eine Liebesbeziehung noch die Lösung aller Probleme. Die ersten Festival-Vorführungen haben Regisseur Shô Miyake Vergleiche mit dem ebenso zarten wie klug beobachteten Kino von Yasujiro Ozu eingebracht – ein großes Lob.

Best Wishes To All von Yûta Shimotsu

Best Wishes To All dürfte noch für Aufsehen sorgen, wenn er bei den Genrefilm-Festivals ankommt. Vom Regisseur selbst als ein „japanischer A24-Film“ beschrieben, beginnt er als Familiendrama, bevor sich ein (metaphorischer?) Horror breitmacht: Eine angehende Krankenschwester (Kotone Furukawa) kehrt ins Haus ihrer Kindheit zurück, um ihre Großeltern zu besuchen, und stößt auf verdrängte Wunden und versteckte Monster.

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Die teils drastischen Gruselbilder erinnern nicht von ungefähr an die Hochphase des J-Horror-Hypes: Produzent ist Takashi Shimizu, Regisseur von Ju-on: The Grudge (2000). Auch damals schon spielten die Abgründe hinter dem Schein heilen Familienlebens eine wichtige Rolle.

Predator: The Secret Scandal of J-Pop

Johnny Kitagawa gilt als Begründer des asiatischen Boy- und Girlband-Systems, das aktuell durch den südkoreanischen Exportschlager K-Pop wieder hoch im Kurs steht, und immer wieder auch in der Kritik – wegen der Folgen, die der harte Drill der Industrie für die psychische und körperliche Gesundheit der jungen Menschen haben kann.

© BBC Two

Erstaunlich wenig bekannt ist in diesem Kontext, dass schon über Kitagawa und seine japanische Talentagentur Johnny & Associates schon seit den 1960er-Jahren Gerüchte über sexuellen Missbrauch kursieren. Die Fernsehjournalist*innen Megumi Inman und Mobeen Azhar leisteten 2023 mit diesem für die BBC produzierten Dokumentarfilm einen wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung des Themas.

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