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10 Jahre hat es gedauert, bis „Avengers: Infinity War“ einen ersten Abschluss erhoffen lässt. Hat sich das Warten und viele Filme gucken gelohnt?

Avengers: Infinity War (2018)

Eine Filmkritik von Sonja Hartl

Krieg der Steine

Unendlich kommt einem das Mavel Cinematic Universe (MCU) bisweilen vor. Sein Ursprung liegt fast genau 10 Jahre zurück, am 14. April 2008 feierte Iron Man Premiere – und es begann die Phase Eins oder anders ausgedrückt: 4 Filme später, in denen Hulk, Thor und Captain America sowie wichtige Nebencharaktere eingeführt wurden, kam der erste Avengers-Film, damals noch unter der Regie von Joss Whedon.

Seither wurde das MCU kontinuierlich erweitert, manche Filme wie Black Panther waren gelungen, andere weniger. Doch nun, nach 10 Jahren und 18 Filmen lässt sich sagen: Es fügt sich alles zusammen. Avengers: Infinity War ist ein spannender Film, dem es gelingt, die Figuren zu vereinen, den spezifischen Tonfall und Art jedes Einzelheldens zu erhalten und sich dennoch wie ein ganzer Film anzufühlen und ansehen zu lassen. 

Avengers: Infinity War beginnt am Ende von Thor: Tag der Entscheidung. Thanos (Josh Brolin) will seinen zweiten Infinity-Stein in seinen gigantischen Handschuh stecken. Diese Steine, so wurde es wiederholt in den Filmen erzählt, geben dem Träger die Macht über eine bestimmte Dimension. Wer alle 6 Infinity-Steine in seinen Besitz bringt, ist nahezu unbesiegbar. Deshalb wurden diese Steine an verschiedenen Orten verteilt. Aber Thanos will diese Steine besitzen. Er ist – wie ebenfalls aus vorherigen Filmen bekannt – der Oberschurke aller Schurken, der böseste aller Bösewichter. Und hier schon gelingt diesem Film etwas Gutes: Thanos überzeugt als Gegenspieler, er wird nicht einfach zu einer glatten Verkörperung des Bösen, sondern bekommt eine Vergangenheit, einen Charakter und sogar eine grausame Motivation, die es ihm erlaubt sich als Held zu fühlen: Aufgrund der Überbevölkerung will er die Bevölkerung halbieren, damit alle genug zu essen und Zugang zu Ressourcen haben – und gleichermaßen würden sie ihm als Herrscher und Erlöser huldigen. Besitzt er alle Infinity-Steine, reicht ihm dafür ein Fingerschnipsen. 

Thanos zerstört und vernichtet, deshalb stellen sich ihm die mittlerweile aufgelösten Avengers in verschiedenen und hier auch neuen Gruppierungen gegenüber. Dabei ergeben die neuen Paarungen mitunter einige Gags, die wohltuend dosiert und clever platziert sind. Geht es zu weit, sie hier zu verraten? Das hängt wohl von der jeweiligen Spoiler-Empfindlichkeit ab – und allein diese Überlegung verweist auf eine weitere Seite des MCU: Plot-Details, die vermutlich eh in gut einer Woche weithin diskutiert werden, werden extrem geschützt und sollen von Kritiker*innen, die den Film immerhin zwei Tage vor regulärem Start sehen konnten, ebenfalls geheimgehalten werden. Damit hat dieses Franchise quasi eigene Bewertungsmaßstäbe in die Filmkritik eingeführt: Schon das Versprechen, nicht zu viel Inhalt zu verraten, schränkt den Diskurs ein. Auch ist die Frage kaum mehr, ob Avengers: Infinity War ein guter Film ist, vielmehr spielen die Erwartungen, mit denen man ihn sieht, eine Rolle. Ist er besser als erwartet — ja, ist er.

Damit läuft letztlich alles auf den Spaß hinaus, den es macht, diesen Film zu gucken. Und ja, es macht Spaß. Sicherlich wäre es schön gewesen, wenn Black Panther (Chadwick Boseman) mehr Zeit auf der Leinwand bekommen hätte. Ohnehin ist aufgrund der Vielzahl der Figuren der Raum, den jede/r bekommt, äußerst beschränkt – und manches Wiedersehen hätte Stoff für mehr als eine Bemerkung gegeben. Ebenso ist auffällig, dass hier dann doch wieder Frauen häufig gegen zumindest rein äußerlich weiblich wirkende Wesen kämpfen. Außerdem der Fortgang der Handlung an zwei Stellen lediglich möglich ist, weil sich die beteiligten Personen nicht sonderlich clever und viel zu emotional verhalten. Dass sie von den Anwesenden daran nicht gehindert wurden, ist verwunderlich. Auch scheint die Konzentration von Anthony und Joe Russo darauf gelegen haben, die vielen Helden und Figuren in einen Film zu fügen – was ihnen wunderbar gelingt. Dennoch muss zumindest angemerkt werden, dass eine wirklich eigene Handschrift – wie sie beispielsweise Ryan Coogler bei Black Panther und auch Taika Waititi bei Thor: Tag der Entscheidung hatten – in diesem Film nicht zu erkennen ist.

Aber: Die Kampfszenen sind überwältigend, die Handlung ist durch die vielen Orte und Charaktere nicht ausgewalzt, sondern temporeich. Bei den langjährigen Marvel-Kämpfern Iron Man (Robert Downey jr.) und Captain America (Chris Evans) zeichnen sich sichtbare Ermüdungserscheinungen ab, Thor (Chris Hemsworth) leidet gar unter einer Art posttraumatischer Belastungsstörung. Die vielen Kämpfe fordern ihren Tribut – und angesichts eines Gegenspielers wie Thanos fragen sich viele Charaktere, ob sie den Kampf nicht besser vermieden hätten. Als dann Wakanda Ort des finalen Kampfes wird, lässt sich das auch als der Preis lesen, den das Land bezahlt, weil es aufgehört hat, sich vor der Welt zu verstecken und Teil eines internationalen Bündnisses geworden ist. Es gibt überraschende Tode, es gibt neue Verbindungen — und zugleich wechseln sich düstere Szenen mit amüsanten One-Linern ab. Dabei nimmt dieser Film sich ernst und bietet dennoch einigen Service für Fans. 

Avengers: Infinity War ist gewaltig, verheerend und wahnsinnig, dazu außerordentlich düster und dennoch unterhaltsam. Es ist ein gigantischer Showdown – und entfacht das Feuer für das MCU wieder neu. Denn das Ende – inklusive der Post-Credit-Szene wirklich ganz am Ende des Abspanns – lässt auf einen neuen, dunkleren Ton hoffen. Es sei denn, der nächste Teil heißt Resurrection

Avengers: Infinity War (2018)

Baron Zemo ist es gelungen, Iron Man und Captain America gegeneinander aufhetzen, so dass es nun zwei Superhelden-Teams auf der Erde gibt. Und als sei dies nicht bereits schlimm genug, müssen es die Helden auch noch mit dem finsteren Titanen Thanos aufnehmen, der mithilfe der „Infinity-Steine“ die gesamte Galaxie unterjochen will.

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