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Diese Welt gibt noch Rästel auf: Die lang erwartete Adaption der zweiten Hälfte der Romanvorlage liefert erneut grandioses Worldbuilding, von einer Breite und Tiefe, für die das Kino wie geschaffen ist. „Dune: Part Two“ ist aber auch brutales Erschöpfungskino.

Dune: Part Two (2024)

Eine Filmkritik von Kai Hornburg

Der vergiftete Triumph

Duke Leto Atreides ist tot. Die Harkonnen, angeführt vom durchtriebenen Baron Vladimir Harkonnen (Stellan Skarsgård), haben die Herrschaft über den wertvollen Wüstenplaneten Arrakis erlangt. Sie ahnen nicht, dass Lady Jessica (Rebecca Ferguson), die Frau des verstorbenen Herzogs, und ihr Sohn Paul (Timothée Chalamet) die Flucht in die unwirtlichen Weiten der Wüste überlebt haben. Eine Gruppe Fremen unter der Führung von Stilgar (Javier Bardem) hat ihnen Zuflucht gewährt. Und während sie sich allmählich mit der Kultur des Wüstenvolks vertraut machen, schwört sich Paul, eines Tages Rache für den Tod seines Vaters zu nehmen.

Nahtlos schließt Dune: Part Two dort an, wo der erste Film endete. Die lang erwartete Fortsetzung adaptiert die zweite Hälfte des ersten Buches der sechs Bände umspannenden Dune-Saga von Frank Herbert. Auch Denis Villeneuve kehrt als Regisseur zurück und setzt abermals auf die bewährten Stammkräfte aus Teil eins, darunter Komponist Hans Zimmer, Editor Joe Walker und Kameramann Greig Fraser. Es ist darum wenig überraschend, dass sich Dune: Part Two auch ästhetisch nahtlos an seinen Vorgänger anschließt. Erneut spannt sich das breite, orangegelbe Wüstenpanorama von Arrakis auf, welches selbst die brutalistischen Herrschaftsbauten der nun von den sinistren Harkonnen beherrschten Wüstenhauptstadt Arrakeen wie Miniaturen erscheinen lassen. Und wieder sind es die Nahaufnahmen gegerbter Gesichter und Hände, die die Totalen dieser Megastrukturen in eine menschliche Intimität zu zwingen versuchen.

Der Vorlage folgend gilt das erste Drittel der immerhin 167 Minuten Laufzeit dem Wüstenvolk der Fremen und ihrer Kultur. Und erneut liegt hierin eine der großen Stärken dieser Dune-Interpretation: Villeneuves Dune ist keine unbelebte Greenscreen-Wand oder ein gut gemachter LED-Backdrop, sondern eine anfassbare, plastische und belebte Welt, die den Wüstensand bis an die Sitzkante des Zuschauers trägt. Echte Drehorte und gebaute Sets sorgen für ein Gefühl der Immersion und erlauben es dem breiten Darstellerensemble, mit der Welt in Interaktion zu treten. Ein Resultat dieser haptischen Gegenwärtigkeit sind glaubwürdige, extrem körperliche Schauspielleistungen, die die Realität von Dune nicht theatralisch behaupten müssen, da sie im Habitus stets präsent ist (auch wenn hier abermals niemand wirklich schwitzt oder blutet).

Auch Dune: Part Two liefert grandioses Worldbuilding, von einer Breite und Tiefe, für die das Kino wie geschaffen ist. Immerzu sieht und hört man etwas, das man nicht versteht, einen wundern und staunen lässt. Ja, diese Welt gibt noch Rätsel auf und beschwört den oft vermissten Sense of Wonder herauf, den so viele CGI-Orgien vermissen lassen. Die vielen Sprachen und Dialekte dieser Welt, von der aus dem Arabischen derivierten Fremen-Sprache bis zu der gutturalen Lautkommunikation der Sardaukar, vermitteln ein unmittelbares Gefühl von gelebter Kultur und Geschichte, die sich in jedem kommunikativen Akt neu ausdrückt.

Allerdings macht das sensationelle erste Drittel auch deutlich, dass sich der Kontrast zu den tumben Harkonnen allmählich erschöpft, gerade weil die Fremen so detailreich und auch untereinander uneinig gezeichnet sind. Die neuen Regenten von Arrakis bleiben die blassen, sinistren Space-Skinheads, die weder über eine interessante Motivation für ihr Handeln verfügen noch über besonders interessante Methoden, ihren Gegenspielern Steine in den Weg zu legen. Die Harkonnen bleiben bis zum Ende tumbe Handlanger, die sich im Verlauf der Geschichte mehr und mehr als Türsteher des galaktischen Imperators Shaddam IV (Christopher Walken) herausstellen.

Dieser dürfte im Übrigen gerne mehr Leinwandzeit haben, gerade in der Interaktion mit seiner Tochter Irulan (Florence Pugh), deren Figur in der Saga als Chronistin der Ereignisse rund um die Geschichte von Paul Atreides auftritt und als Bene Gesserit selbst in das machtpolitische Ränkespiel auf Dune involviert ist. Das Interessensgeflecht, das sich im ersten Film behutsam aufgespannt hat, führt dieser zweite Teil zu ersten großen Konsequenzen – und fügt zugleich neue Fragezeichen hinzu. 

Bis zum Ende dieses Filmes bleibt ein Zweifel darüber bestehen, wer hier überhaupt gewonnen hat und zu welchem Preis. Und gerade diese Restzweifel, beispielsweise an der göttlichen Provenienz Pauls, greifen ein Herzstück der Vorlage auf, die Kritik und Dekonstruktion der eigenen Geschichte stets mitdachte. Man könnte sogar sagen: Die Dekonstruktion der Heldenreise und des Messias-Mythos ist der Kern dieser ganzen Saga. Die zunehmende Verehrung von Pauls Atreides als prophezeiter Erlöser der Fremen stürzt nicht nur Paul selbst in ein Dilemma, sondern auch die Fremen, die untereinander lange darüber streiten, wie die Zeichen von Pauls Ankunft und seiner Taten zu deuten sind – ob es sich dabei überhaupt um Zeichen handelt. Diese Kritik verkörpert sich vor allem in der Figur der Chani (Zendaya), die sich durch eine sich behutsam entfaltende Romanze zu Paul zugleich in einem beständigen, inneren Konflikt befindet, den der Film am Ende mit einer radikalen Neuinterpretation ihrer Figur beantwortet.

Derweil füllt Pauls Mutter Jessica zunehmend eine leitende Rolle in der spirituellen Führungsriege der Fremen aus und beginnt, die Prophezeiung für den Aufstieg ihres Sohnes zu instrumentalisieren. Dabei wird das Spiel des mysteriösen Frauenordens der Bene Gesserit immer wieder angedeutet, aber nie gänzlich offengelegt. Das ist Futter für mögliche folgende Filme – an Vorlagenmaterial mangelt es jedenfalls nicht und Villeneuve hat unlängst mitgeteilt, an einem Drehbuch zum zweiten Buch Dune Messiah zu arbeiten.

Dune: Part Two ist aber auch brutales Erschöpfungskino. Die Zimmerschen Soundkulissen brechen wie Wellen über die Zuschauer herein, zugleich erzeugt jede Maschine in dieser Welt ein magenerschütterndes Brummen – sei es der Spice-Harvester der Harkonnen, der wie ein Insekt durch den Sand kriecht, die bereits aus dem ersten Teil bekannten Ornithopter mit ihrem libellenhaften Flügelschlag oder die Strahlenwaffen, unter deren Hitze jede Gesteinsformation zerbirst. Wir sehen diese Welt nicht nur, wir hören sie auch – auch dann, wenn wir scheinbar nichts hören und die Fremen sich lautlos über den Wüstensand bewegen, die Ohren immer gespitzt nach dem bedrohlichen Grollen eines sich ankündigenden Sandwurms. Eine Stille, die man festhalten möchte, deutet sich doch bereits am Horizont dieses andeutungshaften Films eine ganze Kaskade von Eskalationen an, von denen Dune: Part Two lediglich das Vorspiel zu markieren scheint.

Dune: Part Two (2024)

Dune: Part Two“ erzählt die Geschichte der mythischen Reise von Paul Atreides, der sich mithilfe von Chani und den Fremen auf einen Rachefeldzug gegen die Verschwörer begibt, die seine Familie vernichtet haben. Der junge Paul steht vor der Wahl zwischen der Liebe seines Lebens und dem Schicksal des gesamten Universums. Mit allen Mitteln aber muss er versuchen, eine schreckliche Zukunft zu verhindern – eine Zukunft, die niemand außer ihm vorhersehen kann.

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Meinungen

Hans im Glück · 17.03.2024

Die Bilder und der Score sind schon sehr gut.
Die Story aber finde ich eher schwach. Langatmig, nicht nachvollziehbare Sprünge und diese ganze Schwarzweiß-Sequenz war einfach nur grotesk.
Auch fehlten mir einfach Erklärungen. Zuerst wird erzählt, dass es extrem schwer ist, einen Wurm zu reiten und plötzlich ziehen ganze Völker mit Kindern und Gebrechlichen auf diesen durch die Wüste.