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Nach dem Krebstod von Hauptdarsteller Chadwick Boseman richtet sich die Fortsetzung zum Marvel-Hit „Black Panther“ notgedrungen neu aus und trifft dabei vor allem in den bedächtigen Momenten die richtigen Töne. An den Vorgänger reicht der Film gleichwohl nicht heran.

Black Panther: Wakanda Forever (2022)

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Der Trauer Raum geben

Die Nachricht vom Tod des gerade einmal 43 Jahre alten Chadwick Boseman erschütterte 2020 die Filmwelt. Vom Krebsleiden des US-Schauspielers, der mit der Comicadaption „Black Panther“ internationale Bekanntheit erlangt hatte, wusste die Öffentlichkeit nichts. Und auch die kreativen Köpfe des ungemein erfolgreichen Marvel-Blockbusters, die bereits eifrig an einer Fortsetzung bastelten, hatten keine Ahnung, wie es um ihren Hauptdarsteller stand. Bosemans viel zu frühes Ableben stellte Regisseur Ryan Coogler und Marvel-Strippenzieher Kevin Feige vor viele Fragen und veranlasste sie zu einer Neuausrichtung der Geschichte um König T’Challa alias Black Panther, dessen Rolle – darüber war man sich sehr früh einig – nicht mit einem neuen Schauspieler besetzt werden sollte. Andere Lösungen mussten her, was unter den Fans des ersten Teils für allerhand Spekulationen sorgte. Denn – auch das war klar – irgendjemand würde im Sequel den Black-Panther-Anzug überstreifen. 

Aufsehen erregte die Produktion von Black Panther: Wakanda Forever außerdem, weil sich die nach Bosemans Tod stärker ins Zentrum rückende Letitia Wright bei den Dreharbeiten verletzte und im Laufe der Corona-Pandemie einen fragwürdigen impfkritischen Tweet verbreitete. Letzteres ließ manche Medien sogar laut darüber nachdenken, ob sie ihren Part als T’Challas kleine Schwester Shuri verlieren würde. Inzwischen hat sich das Rauschen im Blätterwald gelegt, und Wright ist fester Bestandteil des fertigen Films, der ohne große Umschweife mit dem krankheitsbedingten Ableben des mutig-aufrechten Wakanda-Herrschers einsteigt.

Shuri, die sich im Vorgänger als echtes Forschungsgenie erwies, will ihren Bruder mithilfe der Technik retten, muss aber einsehen, dass jede Hilfe zu spät kommt. Während sie sich daraufhin, um den Schmerz zu verdrängen, nur noch mehr in ihre Arbeit verbeißt, hat ihre Mutter Ramonda (Angela Bassett) als neue Anführerin alle Hände voll zu tun. Im Inneren herrscht nach dem Verlust des Königs, der als mit Superkräften ausgestatteter Black Panther Sicherheit garantierte, große Konfusion. Und außerhalb der Grenzen scharren andere Länder schon mit den Hufen, um endlich in großem Umfang in den Besitz des nur in Wakanda vorkommenden Supermetalls Vibranium zu gelangen. Ramonda wehrt einen ersten Angriff ab und lässt bei einer UN-Versammlung keinen Zweifel daran, dass sie auf weitere Attacken brutaler antworten wird.

Als irgendwo am Meeresgrund überraschend Vibranium gefunden und das ausgeschickte Bergungsteam ermordet wird, gerät Wakanda umgehend ins Visier der Behörden. Hinter dem Blutbad steckt jedoch der mit seinem Unterwasservolk namens Talokan bislang im Verborgen lebende Namor (Tenoch Huerta), der einen großen Rundumschlag vorbereitet und dafür die mächtigen Wakandaner als Verbündete gewinnen möchte. Gemeinsam könne man die restliche Welt für ihre Sünden bestrafen. Eine akute Gefahr sieht er in einer Person, die für den US-Geheimdienst ein Werkzeug zur Aufspürung des Vibraniums entwickelt hat. Ihrer will er habhaft werden und braucht dazu die Hilfe Wakandas. Shuri und Okoye (Danai Gurira), Kopf der königlichen Leibgarde, machen sich schließlich auf den Weg in die Vereinigten Staaten, um das Zielobjekt aufzuspüren. Schon bald haben sie die junge Studentin Riri Williams (Dominique Thorne) als Gesuchte identifiziert. Doch dann erleben die drei Frauen eine böse Überraschung…

Wie ein Schatten liegt der Tod des alten Black Panther bzw. Chadwick Bosemans über dem Film, der gleich in den ersten Minuten erstaunlich viel Feingefühl für Trauer und Huldigung beweist. T’Challas letztes Geleit ist kraftvoll inszeniert, liefert spektakulär-bewegende Bilder einer ganz in Weiß gekleideten Menschenprozession, verfällt dabei aber nicht in billige Brechstangenmelodramatik. Vor dem Schauspieler verneigen sich die Macher*innen rund um Coogler, indem sie wenig später das bekannte Marvel-Intro komplett auf Boseman zuschneiden. Auch im weiteren Verlauf gibt es kleine, eher leise Momente, aus denen der Schmerz über den Verlust herausgearbeitet wird. Besonders erwähnen muss man in diesem Zusammenhang die ehrlich berührende Abspannszene, die gleichermaßen Traurigkeit und Hoffnung vermittelt. Gerade weil Black Panther: Wakanda Forever um Tod und Abschied kreist, ist es lobenswert, dass Coogler und Drehbuchmitautor Joe Robert Cole die in der Marvel-Reihe so sehr kultivierten Humoreinlagen auf ein Minimum begrenzen. Vereinzelt blitzen launige Anflüge auf. Der Grundton ist aber, dem Kontext angemessen, ernst.

Vergleicht man den 30. Beitrag des Marvel Cinematic Universe mit dem Ende Oktober 2022 angelaufenen DC-Spektakel Black Adam, wird deutlich, wie viel es ausmacht, wenn nicht alles wie ein großer CGI-Brei daherkommt. Wirkt letztgenannter Film wegen seines lieblosen digitalen Effektgewitters oft schrecklich künstlich, präsentiert sich Black Panther: Wakanda Forever als ordentliche Mischung aus handgemachten Actionelementen und Computerkomponenten. Bilder von nie dagewesener Wucht sollte man nicht erwarten. Das ein oder andere optische Leckerli zaubern Coogler und Co. aber aus dem Hut. Für etwas frischen Wind im Marvel-Kosmos sorgen beispielsweise die Impressionen aus der mesoamerikanischen Unterwasserwelt, die Kenner*innen im Superheld*innen-Universum natürlich an den DC-Streifen Aquaman erinnern dürften. 

Etwas unsauber fallen leider der erzählerische Aufbau und die Figurenführung aus. In der Geschichte, die nebenbei koloniale Praktiken geißelt und über die zerstörerische Kraft von Racheimpulsen sinniert, ist logisch längst nicht jeder Schlenker wasserdicht. Dem Subplot um den CIA-Agenten Everett K. Ross (Martin Freeman) fehlt jede Dringlichkeit. Die als hochbegabte Tüftlerin eingeführte Riri Williams, die 2023 ihre eigene Serie bekommt, bleibt verhältnismäßig blass. Der Dreh in Shuris Charakterbogen wird im Showdown eher plump auf den Weg gebracht. Und insgesamt ist Black Panther: Wakanda Forever mit 161 Minuten Laufzeit ein gutes Stück zu lang geraten. Das alles bricht dem Film nicht das Genick, hat aber zur Folge, dass er, trotz seiner einfühlsamen Trauermomente, dem stimmigeren ersten Teil nicht das Wasser reichen kann.

Black Panther: Wakanda Forever (2022)

Eine Fortsetzung, die die unvergleichliche Welt von Wakanda und all die reichen und vielfältigen Charaktere, die im Film von 2018 eingeführt wurden, weiter erforschen wird.

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