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Er ist da, der womöglich bedeutendste Superheldenfilm aller Zeiten. Aber wird er den vielen Erwartungen auch gerecht?

Black Panther (2018)

Eine Filmkritik von Sonja Hartl

Long live Wakanda

Dass Black Panther sehnsüchtig erwartet wurde, ist fast noch eine Untertreibung. Schon 1992 sprach Wesley Snipes davon, einen Black-Panther-Film zu drehen, im September 2005 wurde von den Marvel Studios bekanntgegeben, dass Black Panther einer der zehn Filme sein sollte, die von ihnen produziert werden. Nun ist er da, Ryan Cooglers Beitrag, als 18. Film des Marvel-Universum.

Nachdem sein Vater König T’Chaka (John Kani) bei dem Anschlag auf das Gebäude der Vereinten Nationen (man erinnere sich an The First Avenger: Civil War) ums Leben gekommen ist, kehrt T’Challa (Chadwick Boseman) in seine Heimat Wakanda zurück und wird zum König gekrönt. Unterdessen macht sich Ulysses Klaue (Andy Serkis) daran, zusammen mit Erik Killmonger (Michael B. Jordan) ein Artefakt aus einem Londoner Museum zu stehlen, das aus Vibranium besteht. Damit steht die erste Aufgabe des neuen Königs fest: Er muss Ulysses Klaue stellen – was seinem Vater nie gelungen ist.

Black Panther ist ein Film, an den viele Hoffnungen und hohe Erwartungen gestellt wurden. Einige erfüllt er mühelos, gerade im Hinblick auf die so wichtige Repräsentation. Der Cast besteht weit überwiegend aus Schwarzen Schauspieler*Innen. Die Guten und die Bösen, die Starken, die Schwachen, die Klugen, die Naiven, die Mächtigen, die Einflussreichen werden von Schwarzen Schauspieler*Innen gespielt. Und zwar in einem Film, der weltweit gezeigt wird, der in einem weiterhin populären Universum spielt, der über ein Riesenbudget verfügt und fraglos einer der erfolgreichsten Filme des Jahres werden wird. Wie wichtig, wie bedeutsam das ist, lässt sich an zahlreichen Reaktionen schon sehen – und das sind nur die, die öffentlich sind.

Darüber hinaus zeigt dieser Film, was möglich wäre, wenn Afrika nicht kolonialisiert worden wäre. Wakanda ist die Utopie eines Staates, in der sich gewissermaßen zwei Realitäten spiegeln: auf der einen Seite gilt Wakanda als eines der ärmsten afrikanischen Länder, auf der anderen Seite verbirgt sich unter dieser Oberfläche ein hochtechnisiertes, weit entwickeltes Land, in dem das weltweit begehrte Vibranium vorkommt. Dieses Wakanda, das wahre Wakanda, das vor der Welt verborgen bleibt, entspricht einer Idealvorstellungen, einem Wunschtraum – vermutlich vor allem afroamerikanischer Provenienz – von einem Ursprungsort. Und doch ist hier ein wenig zu viel Wunsch und zu wenig Wirklichkeit. Mit Wakanda geht der Film um, was der Welt oft genug vorzuwerfen ist: Es wird zum Symboldbild für Afrika – für einen ganzen Kontinent. Die Gegensätze des Kontinents werden ausgeblendet und es entsteht ein Marvel-Afrika. 

Sicherlich klingen die Nöte auf dem Kontinent bisweilen an, an zwei, drei Stellen wird T’Challa vorgeworfen, dass Wakandas Reichtum und Entwicklungsstand sich vor allem darauf gründet, dass es sich vor der Welt verbirgt und die Augen vor der Lage der anderen Nationen verschließt. Beispielsweise kümmert es sich zwar um Notleidende in anderen Ländern, lässt aber keine Geflüchteten ins eigene Land, weil diese nur ‚ihre eigenen Probleme mitbringen würden‘. Hierin liegt ein hochspannender Ansatzpunkt, aber das Potential dieses Konflikts wird allzu schnell zugunsten der bekannte Auseinandersetzung eines Sohnes mit dem Mann, der seinen Vater einst verletzte, übersehen.

Jedoch hängt damit eine zweite spannende Frage  zusammen: Theoretisch könnte T’Challa bei der Nachfolge auf den Thron seines Vaters herausgefordert werden. Tatsächlich aber verzichten seine Altersgenossen der anderen Stämme darauf. Wakanda ist quasi eine Erbmonarchie, in der der König weitreichende Rechte hat. Dieses Herrschaftssystem ist nicht mehr zeitgemäß, als es aber herausgefordert wird, wird aus dem komplexen Gegenspieler mit guten Argumenten allzu schnell ein machtbesessener, größenwahnsinniger Bösewicht. Das ist schade, denn wie sehr sich gerade Black Panther für die Behandlung dieser Themen eignet, zeigt der Neustart der Comic-Reihe von Ta-Nehisi Coates eindrucksvoll – wenngleich sie natürlich nicht die Grundlage dieser Adaption sind. 

Und auch im Film lässt sich anfangs nicht einfach Position beziehen: Erik Killmonger will die Menschen auf der ganzen Welt befreien, er will die unterdrückten Schwarzen mit Vibranium-Waffen ausstatten, damit sie nicht mehr unterdrückt werden. An ihm sieht man die Folgen eines Aufwachsens in einer Gesellschaft mit systematischem Rassismus – und zudem bringt er in Nachfolge von Malcom X. ein gutes Argument: Hat Wakanda nicht die Verpflichtung, anderen Menschen zu helfen? 

Leider verlässt der Film in der zweiten Hälfte diesen Kurs, um auf zusehends bekanntere Marvel-Pfade zurückzugehen. Sicherlich spielen hier Erwartungen eine problematische Rolle: Ryan Coogler hat bisher mit Fruitvale Station und Creed zwei phantastische Filme abgeliefert, Black Panther wurde bereits im Vorfeld zu mehr gemacht, als er letztlich ist, so sehr sich in der ersten Hälfte auch bemüht. Klar, er spricht Unterdrückung, Diskriminierung und Rebellion an, er hinterfragt Herrschaftsprinzipien und Überzeugen und das macht ihn zu einer Ausnahme im Marvel-Universum. Darüber hinaus aber steckt doch eine ganze Menge Marvel in ihm. Zumal dann in der zweiten Hälfte auch die Heldenverehrung eintritt, die – wie das Bild von Afrika – allzu amerikanisch anmutet. 

Aber das heißt nicht, dass Black Panther kein guter Film wäre: Er hat atemberaubende Bilder, immer wieder taucht und wirbelt die Kamera von Rachel Morrisson umher, so dass man mitgerissen ist von dem Strudel dieser Eindrücke. Bei den Kostümen (von Ruth E. Carter) werden verschiedene Traditionen aus Ghana, von den Massai, Tuareg, Dogon und Zulu aufgriffen, in dem Produktionsdesign werden fantastische neue Orte entwickelt, in denen Mythologie und Technologie verbunden sind. Bei den Figuren gibt es eine Vielzahl hochspannender Frauencharaktere – von T’Challas Schwester Shuri (Letitia Wright), die eine Variation des nerdigen Geeks ist, bis zu Spionin Nakia (Lupita Nyong’o) und Okoye (Danai Gurira) als Anführerin der Dora Milalje. Sie sind schlau, sie kämpfen, sie sind unvergesslich.

Michael B. Jordan ist ein hochgradig charismatischer Gegenspieler, trotz des Ausgangs einer der besten Bösewichte, die Marvel hatte. Zudem verzichtet Black Panther auf die Ironie und den Humor anderer Marvel-Filme. Deshalb ist Black Panther ein Film, der sich für viele wohltuend vom Marvel-Einheitsbrei abhebt und für andere nicht weit genug geht. Es bleibt dennoch zu hoffen, dass es weitere Black-Panther-Filme geben wird – schließlich haben andere Thronfolger im Marvel-Universum bereits drei Einzelabenteuer auf dem Buckel. 

Black Panther (2018)

Nach den Ereignissen in Captain America: Civil War kehrt König T’Challa in sein abgeschottetes, aber technologisch überaus fortschrittliches Heimatland Wakanda zurück, um seiner Nation als neuer Anführer zu dienen. Doch bald schon muss er feststellen, dessen es noch andere Parteien gibt, die die Macht im lande anstreben. Als sich zwei seiner Konkurrenten verschwören, muss sich der Superheld namens Black panther mit dem CIA-Agenten Everett K. Ross und Mitgliedern einer Spezialeinheit verbünden, um einen Kriegsausbruch zu verhindern.

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