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DOC BLOG: Schau An! "The Belovs" von Victor Kossakovsky

Ein Beitrag von Kirsten Kieninger

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Wer von Victor Kossakovsky bisher nur den Film Vivan las Antipodas (oder sogar gar keinen) kennt, der sollte sich unbedingt The Belovs ansehen. Mit diesem Film gelang dem russischen Regisseur 1992 der internationale Durchbruch. Heute hat er als Dokumentarfilmer weltweit auf Filmfestivals über 100 Auszeichnungen zusammengetragen. Im Rahmen einer umfangreichen Online Retrospektive ist dieses frühe, auch mehrfach preisgekrönte Werk bis einschließlich 1. Februar 2015 kostenlos im Stream zu sehen!


(Filmstill aus The Belovs — Foto: courtesey of Doc Alliance Films)

Für westliche Verhältnisse leben die Belovs wie aus der Zeit gefallen, die schwarz-weiße Filmästhetik befördert diese Anmutung: Ein einfaches Holzhaus irgendwo auf dem weiten russischen Land, eine Kuh im Stall, eine Hündin mit heilendem Speichel am Küchentisch, ein paar Hühner auf dem Hof, ein Traktor vor dem Tor und viel Wodka in den Adern. Das sind die Konstanten im Leben von Anna Belova und ihrem Bruder Michail. Zwei Ehemänner hat Anna schon überlebt, geblieben sind ihr die tägliche Routine und die alkoholgeschwängerten Diskussionen mit ihrem Bruder. Wenn einmal zwei weitere Brüder zu Besuch kommen, dann wird es am Tisch in der Stube schon mal lauter. Doch diese Diskussionen ist harmlos im Vergleich zu dem unerbittlichen Duell, das sich Anna und Michail liefern, wenn sie wieder allein sind — wenn der Wodka aus Michail spricht, wenn Annas russische Seele den Schmerz weg singt und schließlich die Kamera beginnt durch den Raum zu tanzen:

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(The Belovs — Regie: Victor Kossakovsky, Russland 1992, 58 Minuten)

Victor Kossakovsky hat einige Monate mit den Belovs verbracht, bevor er zu drehen begann und diese Intimität kommt dem Film zugute. The Belovs lebt — ganz anders als der durchgestylte Vivan las Antipodas von einer ungeschönten Unmittelbarkeit, die in den Jahren nicht an ihrer direkten, emotionalen Kraft, Komik und vor allem Tragik verloren hat.

Die Antipoden hat Kossakovsky übrigens auch schon damals gekonnt zusammengebracht: The Belovs überrascht im Mitttelteil mit einer äußerst rasantesten Traktorfahrt auf unbefestigter russischer Straße, unterlegt mit lateinamerikanischer Salsamusik.

Und wer sich noch weiter für Vctor Kossakovsky interessiert, dem sei an dieser Stelle Patrick Holzapfels Essay über den Filmemacher empfohlen.

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