Schon die erste Sequenz, diese erste Einstellung von Der Wert des Menschen erzählt uns alles, was wir über Thierry (Vincent Lindon) und seine Probleme wissen müssen: Er hat kürzlich seinen langjährigen Job als Maschinist verloren und steckt nun inmitten der bürokratischen Mühlen des Jobcenters. Das hat ihn jüngst in einen Weiterbildungskurs zum Kranfahrer gesteckt, zusammen mit 14 anderen, doch nur zwei fanden letztlich eine Anstellung. Dem Rest wurde gesagt, sie bräuchten trotz des Kurses Erfahrung mit derartigen Maschinen. Schon wieder vier Monate verschwendet; nicht mehr lang, dann wird Thierrys Arbeitslosengeld gekürzt, wenn er keinen Job findet.

Das gelingt ihm schließlich — als Wachmann in einem Supermarkt. Doch seine Augen, so die Anweisung von oben, sollen sich nicht nur auf Ladendiebe, sondern auch auf das Kassenpersonal richten, denn der Chef will Stellen kürzen, und jede noch so kleine Verfehlung wird genutzt, um Kündigungen auszusprechen.

Stephane Brizés Der Wert des Menschen ist purer, nüchternen und gerade deshalb so erschütternder Sozialrealismus im Stile eines Ken Loach; der quasi-dokumentarische Inszenierungsstil mit seinen langen, schnittfreien Einstellungen, seiner distanziert beobachtenden Kamera, seinen authentischen Dialogen verleiht dem Film einen unheimlichen Sog. So kreist der Film ständig um die titelgebende Frage, welchen Wert der einzelne Mensch in einem auf Optimierung, Funktionalität und Profitmaximierung ausgelegten System hat — und zeichnet Vincent Lindons Figur als wortkargen, kernigen Arbeiter, der darum ringt, sich einen letzten Rest an Würde zu bewahren. Denn auch wenn man in Langzeitarbeitslosigkeit steckt, so ist das noch lange kein Grund, sich selbst aufzugeben.

Der Wert des Menschen ist im Freevee- und Silverline-Channel von Amazon Prime, bei Sooner und bei Filmfriend verfügbar sowie bei allen gängigen VoD-Anbietern zur Leihe und zum Kauf.