Eine Frau ist eine Frau

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Eine tautologische Delikatesse

Es ist das spielerische Spiel mit dem Schauspiel, das im Vordergrund dieses kurios komponierten Films von Jean-Luc Godard aus dem Jahre 1961 steht. Innerhalb einer kleinen, schlichten Geschichte um ein junges Paar und dessen Freund ereignen sich turbulente Stilübungen über das Beziehungsleben, die vor kauzigen Einfällen, (un)sinnigen Dialogen, karikierender Komik und Bezügen zu den unterschiedlichsten Filmgattungen nur so strotzen.
Die Dänin Angela (Anna Karina), eine kapriziöse Persönlichkeit mit einem kräftig ausgeprägten Hang zu theatralischen Inszenierungen, hat es nach Paris verschlagen, wo sie sich als Striptease-Tänzerin in einem drittklassigen Etablissement verdingt. Mit ihrem Liebsten Émile Récamier (Jean-Claude Brialy), der in einer Buchhandlung arbeitet, bewohnt sie eine kleine Wohnung, während Alfred Lubitsch (Jean-Paul Belmondo), der gemeinsame Freund der beiden und ein verschlagenes Schlitzohr, ihr insgeheim den Hof macht.

Eines Abends eröffnet Angela Émile im häuslichen Ambiente rund um einen misslungenen Braten ihren dringenden Kinderwunsch, den sie bereits eine Weile im Stillen gehegt und konkretisiert hat, denn genau dieser Tag fällt in die Phase ihrer akribisch berechneten Fruchtbarkeit. Als Émile sich jedoch wenig begeistert von diesem für ihn völlig überraschenden Projekt seiner Liebsten zeigt, entspinnt sich ein ebenso alberner wie zäher Streit zwischen den beiden, der darauf hinausläuft, dass Angela trotzig verkündet, unbedingt sofort schwanger werden zu wollen, wenn nicht von ihm, dann eben von einem anderen Mann, den sie sich suchen werde. Daraufhin bietet der erzürnte Émile seine Hilfe diesbezüglich an und ruft ausgerechnet Alfred auf den Plan, der ohnehin in Angela verliebt ist …

Eine Frau ist eine Frau, der bei den Internationalen Filmfestspielen von Berlin 1961 im Wettbewerb lief und mit dem Silbernen Bären für Anna Karina als Beste Darstellerin sowie mit einem Spezialpreis für den Regisseur Jean-Luc Godard ausgezeichnet wurde, ist eine filmische Perle, die sich jeglicher Kategorisierung dermaßen entzieht, dass mitunter der Eindruck entsteht, der ungezähmte französische Filmemacher habe mit diesem Schelmenstück gar sein Publikum ein wenig auf den Arm nehmen wollen. Da erheben sich die Protagonisten bei Zeiten für einen Augenblick aus ihrer Rolle und wenden sich direkt an das unauslotbare Territorium ihrer Zuschauerschaft – allein dieser kleine Kunstgriff installiert filigran eine Meta-Ebene, die den Film als solchen aus der üblichen Gefangenheit in der fiktiv erstarrten Welt befreit.

Der musikalischen Komponente kommt eine große Bedeutung zu: Sequenzen der Dramaturgie mit anschwellender Musik, die sogar die Dialoge überdeckt, erinnern wiederum auch in Kombination mit tänzerischen oder pantomimischen Einlagen an ein Musical, während der Chanson Tu t’laisses aller / Du läßt Dich geh’n von Charles Aznavour aus der Jukebox, der eingangs als harmlose romantische Begleitmusik erscheint, sich später als derbe zynischer Abgesang einer im Niedergang begriffenen Liebesbeziehung entpuppt. Auch Gesprächselemente wie „Immer, wenn man mit jemandem zusammen ist, ist man nicht zusammen. Und umgekehrt.“ von Angela tragen die nicht selten grotesk anmutende Komik des Film, ebenso wie die Szenen der „Bücherkommunikation“, während welcher das Paar schweigend über Buchtitel miteinander kommuniziert, die sie sich gegenseitig zeigen, wenn der Streit die verbale Ebene der Verständigung hinter sich gelassen hat.

Die Figur des ausgekochten Überlebenskünstlers Alfred, schlichtweg wundervoll von Jean-Paul Belmondo verkörpert, besticht durch schräge kleine Wortgewandtheiten, Geschichten, Tricks und sonstige Umtriebe, deren Schalkhaftigkeit mit explosiven Pointen ganz hervorragend unterhält. Die Rückbezüglichkeiten und Verweise auf die Filmwelt als solche repräsentieren einen Aspekt der eigenen Einbindung des Films in die Geschichte des Mediums, die einer Ironisierung nicht entbehrt, wenn Belmondo mit Außer Atem / À bout de souffle das Werk schlechthin erwähnt, das mit ihm selbst in der Hauptrolle längst zu einem unvergesslichen Kultfilm avanciert ist. Das ist grandioses, ganz großes Kino gleichzeitig jenseits von Mainstream wie Arthouse, wobei der wahrhaft findige Schluss von Eine Frau ist eine Frau eine unverblümte, dabei köstlich schräge und unerhört leichte Absage an gängige Moralvorstellungen enthält, die selbst für die heutige Zeit noch eine deftige Provokation darstellt – ein Film, der mit gewaltigem Charme zur mehrmaligen Sichtung verführt.

Eine Frau ist eine Frau

Es ist das spielerische Spiel mit dem Schauspiel, das im Vordergrund dieses kurios komponierten Films von Jean-Luc Godard aus dem Jahre 1961 steht. Innerhalb einer kleinen, schlichten Geschichte um ein junges Paar und dessen Freund ereignen sich turbulente Stilübungen über das Beziehungsleben, die vor kauzigen Einfällen, (un)sinnigen Dialogen, karikierender Komik und Bezügen zu den unterschiedlichsten Filmgattungen nur so strotzen.
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