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Obwohl nicht jeder Versuch, deutsches Genre-Kino für Netflix zu drehen, von Erfolg gekrönt war, hört der Streaming-Dienst nicht auf. Nun kommt mit „Paradise“ ein Film, der sich trotz einiger Mängel absolut sehen lassen kann.

Paradise (2023)

Eine Filmkritik von Nikolas Wolff

Kann der deutsche Film wieder Science-Fiction?

Einst waren Science-Fiction-Filme aus Deutschland das Maß aller Dinge. Leider ist es ein Jahrhundert her, das Regisseure wie Fritz Lang kompromisslos ihre Visionen umsetzten, seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs verkam der deutsche Film in Sachen Horror und Science-Fiction immer mehr zur Lachnummer. Erst seit wenigen Jahren gibt es mit Werken wie „Aus meiner Haut“ oder „Der Nachtmahr“ wieder ernstzunehmende Versuche, solche Themen zu bearbeiten. Auch Netflix hilft, denn der Streaming-Dienst steckt immer wieder Geld in solche Ideen, auch wenn viele Ergebnisse davon nicht der Rede wert waren. Mit „Paradise“ hat Netflix allerdings einen deutschen SciFi-Thriller produziert, der sich gleich aus mehreren Gründen sehen lassen kann.

Berlin, die nahe Zukunft. Ein mächtiger Konzern hat das wissenschaftliche Patent darauf, Menschen Lebenszeit abzukaufen und sie genetisch kompatiblen Kunden zu übertragen – für eine Menge Geld. Zwar kleidet sich das Unternehmen unter der Leitung von Sophie Theissen (Iris Berben) gern in Forschungsambitionen, doch am Ende zählt der Gewinn. Max (Kostja Ullmann) juckt das wenig, ist er doch der erfolgreichste Verkäufer von Lebenszeit-Deals, vorzugsweise an Flüchtlinge, die sich mit ihrem Opfer endlich eine Chance auf ein Bleiberecht erhoffen. Ernüchtert wird Max dann aber schnell, als seine Frau Elena (Marlene Tanczik) nach einem angeblich selbst verschuldeten Wohnungsbrand ihre hinterlegte Sicherheit zahlen muss: fast 40 Jahre Lebenszeit! Max versucht alles, um die Entnahme zu verhindern, doch das System ist gnadenlos.

Vor allem in den ersten 30 Minuten, die wie eine sehr gelungene Folge der SciFi-Anthologie-Serie Black Mirror beginnen, haben es in sich: Regisseur Boris Kunz, der auch als Co-Autor fungierte, verliert keine Zeit, den Absturz einer heilen Welt hinein in eine völlige Katastrophe zu bebildern. Und dabei das Publikum auch emotional mitzunehmen. Weil Ullmann und Tanczik ihre Rollen so intensiv spielen, lässt sich das Geschehen auf dem Bildschirm kaum abschütteln, zu grausam wirkt das Szenario, zu kalt lässt es die meisten Beteiligten. Und Paradise traut sich in diesen 30 Minuten auch, philosophische Fragen zu stellen, wie es sich für jeden guten Science-Fiction-Film gehört. Denn so plump die Ausgangslage auf den ersten Blick auch scheint, die Frage danach, ob brillante Wissenschaftler oder Künstler der Welt nicht länger erhalten bleiben sollten, als die Natur es vorsieht, lassen sich nicht so einfach wegwischen, zumindest ein Gedankenspiel im Kopf werden die meisten Zuschauer:innen durchaus zulassen.

Am Ende dieses gelungenen Auftakts muss der Film sich dann entscheiden, in welche Richtung er seine Geschichte erzählen will: Bleibt es bei tiefgründigen Fragen nach Ethik und Fortschritt oder geht es doch mehr in Richtung eines Thrillers? Erwartungsgemäß entscheidet sich die Netflix-Produktion für Letzteres und muss sich ab diesem Moment an US-Produktionen messen lassen, die aus dystopischen Themen Actionreißer gemacht haben, wie etwa Die Insel oder In Time – Deine Zeit läuft ab. Und gegen diese vor allem optisch gelungenen Visionen mit deutlich höherem Budget kann Paradise nicht bestehen. So ist die zweite Hälfte des Films sehr viel beliebiger als die erste, obwohl das gute Drehbuch immer wieder Platz für Charakterentwicklung und Diskussionen über richtig und falsch findet. So ganz geht die Philosophie trotz einiger gelungener und einiger sehr durchschnittlicher Action- und Spannungsmomente also nicht verloren. Und das macht Paradise bei durchaus berechtigter Kritik an ein paar Wendungen und nicht immer glaubhaften Entwicklungen der Charaktere zu mehr als der typischen Netflix-Produktion, die auf reine Unterhaltung abzielt. 

Zwar bietet der Film letztlich nur einen ansehnlichen Thriller mit leichtem philosophisch-soziologischem Unterbau, aber das ist bereits mehr, als Netflix seinen Filmen normalerweise zugesteht. Und Kunz bringt seine Geschichte auch mit einer Konsequenz zu Ende, die sich nicht als reine Unterhaltung abtun lässt. Gerade weil der Film nicht alle offenen Fragen beantwortet und einige Ereignisse ganz bewusst im Dunkeln lässt.

Paradise (2023)

Nachdem seine Frau gezwungen war, 40 Jahre ihrer Lebenszeit einzulösen, um eine Schuld zu begleichen, sucht ihr Mann verzweifelt nach einem Weg, diese Zeit zurückzubekommen.

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Meinungen

A · 03.01.2024

Der Film war super !
Spannend vom Anfang bis zum Ende.
Das Thema hat mir sehr gut gefallen.
Hoffe bald gibt es einen zweiten Teil !

Dawatcher · 13.11.2023

In dem Film wird die Lebenszeit von den Menschen gestohlen. Dasselbe haben die jetzt mit mir gemacht 2 Stunden bs.

Mk · 10.10.2023

Ähnelt etwas SEHR an den Film "In Time" ☠️den deutschen gingen mal wieder die Ideen aus und die mussten wieder mal was von den Amis klauen.

Molokovellocet · 21.09.2023

Sozial- und Klimakritik mit der Brechstange. Geklautes Skript, Charakterentwicklung gleich null, kein roter Faden. Einer der schlechtesten Netflix Filme, die ich bis jetzt gesehen habe!

DK · 29.08.2023

Deutscher "In Time" der wirkt wie Tatort.
3/10

Kristina · 25.08.2023

Ich hab den Film bis zum ersten Gender-Hicks geschaut und dann sofort abgeschaltet.

Eric · 21.08.2023

Ich habe den Film zu schauen angefangen und es schien zunächst vielversprechend. Bis nach wenigen Minuten die erste Person im Film mit dem Gendersprech anfing.
Ich habe sofort ausgeschaltet. Ich will sowas nicht! Ich habe gefürchtet, dass es dazu früher oder später kommt, aber das ist sehr viel früher. Ich gucke es jedenfalls nicht.

Raymond · 14.08.2023

Jetzt wird schon in einem Film gegendert. Ja und die Klimaerwärmung muss natürlich auch erwähnt werden. Also selbst in einem Film Gehirnwäsche. Damit ist der Film bei mir trotz interessantem Thema durch.

DerSeher · 12.08.2023

Der Film ist an sich sehr gut, aber...
Die Zukunftsvision ist nicht so extrem weit hergeholt wie in anderen Filmen, dennoch spielt die aktuelle grüne Ideologie eine viel zu große Rolle. Beginnend beim Gendern über die Retterrolle von Anarchisten, die gegen ein böses kapitalistisches Biotechunternehmen kämpfen und sogar für ihre überzeugung morden. Klimakriese wird ebenfalls erwähnt und die reichsten 5% seien dafür verantwortlich.
Das Szenenbild ist angenehm, mit vielen Details wie z.B. LCD Litfaßsäulen die es zwar heutegibt, jedoch in der Zukunft diese rahmenlos werden. Auch Berlin der Zukunft sieht vertraut aus.
2 von 5 Punkten wegen der grünen Agenda und der aufgezwungenen Gendersprache.

Peter · 05.08.2023

Bei all den aktuellen Geschehnissen und politischen Wandel, nicht besonders einfallsreich. Der Film spiegelt wieder was hier in einigen Punkten langfristig auch umgesetzt wird.. Ein Film der genau diesem Wahnsinn eine Ende setzt wäre hier von Nöten.. billig und einfallslos

Wohn Jick · 03.08.2023

Film ist ganz in Ordnung.
Schauspieler sind gut und das Setting mit Atmosphäre stimmen auch.

Wer sich jedoch gedacht hat zu gendern, gehört entlassen.

Ron F., · 07.08.2023

Absolut richtig. Diese Agenda-Politik ist eine Frechheit und schützt nicht Menschen, sondern verkrüppelt nur unsere Sprache und unser Hirn.

Keule · 09.08.2023

Wollte eigentlich direkt aufhören zu gucken aber war leider interessiert wie es weitergeht