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Mit „Lucy ist jetzt Gangster“ hat Till Endemann einen Film auf Augenhöhe mit dem jungen Publikum gemacht: Ein zehnjähriges Mädchen erzählt aus seinem Alltag – und davon, wie sie zum Gangster werden und eine Bank ausrauben muss.

Lucy ist jetzt Gangster (2022)

Eine Filmkritik von Verena Schmöller

Gangster in Bonbonfarben

„Wer glücklich ist, macht die Welt ein bisschen besser.“ Davon ist die zehnjährige Lucy felsenfest überzeugt. Und weil das Eis ihrer Eltern alle Menschen in Werlach-Bimsheim glücklich macht (nicht umsonst trägt deren Eisdiele den Namen Felicità), verändern Lucy und ihre Familie die Welt zum Positiven. Bis zu dem Zeitpunkt, als die teure Eismaschine durch eine Unachtsamkeit kaputt geht – und das Eis zur Neige… 

Plötzlich ist nichts mehr gut im Städtchen: Die Polizisten probieren noch einen Milchshake, geben sich dann aber doch geschlagen und greifen zum Wassereis am Stiel, auch wenn das einfach nicht dasselbe ist. Die Sportlerinnen werden nach einer Niederlage nicht mehr mit Eis getröstet, und auch der Wachmann der städtischen Bank ist nur noch deprimiert, weil er nicht mehr seine tägliche Ration Pistazie bekommt. So kann das nicht weitergehen, denkt sich Lucy (gespielt von den Zwillingen Valerie und Violetta Arnemann), und weil ihre Eltern (Kostja Ullmann und Franziska Wulf) keinen weiteren Kredit erhalten und auch sonst recht ideenlos sind, nimmt Lucy die Zukunft der Gelateria Felicità selbst in die Hand.

Lucy ist jetzt Gangster erzählt also vom Engagement und der Eigeninitiative einer Zehnjährigen. Weil die anderen nichts tun, muss Lucy übernehmen – auch wenn was sie vorhat eigentlich gar nicht ihrem Naturell entspricht. Lucy ist ehrlich, höflich, immer darauf bedacht, die anderen an ihrer guten Laune teilhaben zu lassen – eigentlich „viel zu gut für diese Welt“, das hört die Grundschülerin immer wieder von den Menschen um sie herum. Aber genau das will sie auch sein – wegen des Gleichgewichts, wie sie sagt, irgendjemand müsse die bösen Menschen ja ausgleichen, sonst kippe die Welt doch irgendwann um. Nun aber will, nein, muss sie genau zu einem solch bösen Menschen werden, einem Gangster, und nicht weniger als eine Bank ausrauben.

Zu diesem Zweck schaut sie sich zunächst ein bisschen was von Onkel Carlo (Kailas Mahadevan) ab, der immer einmal wieder Anspielungen auf die italienische Mafia macht, sucht sich dann aber einen Trainer: den frechen Mitschüler Tristan (Brooklyn Liebig), einen Profi im Bösesein. Der soll sie zu einem Gangster machen, im Gegenzug gibt sie ihm Nachhilfe in Mathe und allen anderen Fächern.

Der Großteil des Films besteht aus diesem Gangster-Training, oder der „Operation Lucyfer“, wie Tristan und Lucy das Ganze nennen. Lucy soll betrügen, erpressen, klauen und sich einen Kehricht darum scheren, was andere von ihr denken. Sie tut sich sichtlich schwer damit. Doch weil die Zeit drängt und keine andere Lösung in Sicht ist, gelingt es Lucy immer mehr, ein ernstes Gesicht aufzusetzen und einzufordern, was sie will und braucht. Aus der braven Musterschülerin wird so allmählich eine, die ihre eigenen Regeln aufstellt. Aber auch Tristan verändert sich. Und dann ist da noch Lucys beste Freundin Rima (Lisa Marie Trense), die Wind von der Aktion bekommt und den Bankraub verhindern will. Die Jungdarsteller*innen spielen ihre Rollen überzeugend, gerade den Schwestern Valerie und Violetta Arnemann gelingt der Wechsel von unschuldig/brav zu selbstbestimmt/gemein überzeugend.

Das Besondere an dieser Gangsterkomödie für Grundschüler ist, dass sie nicht einen der immer selben Plots für Kinder erzählt, sondern eine originelle Geschichte, die auch mal Haken schlägt und schwer vorhersehbar ist – weder für die begleitenden Eltern noch für den Nachwuchs. An manchen Stellen gerät der Film von Till Endemann etwas albern und übertrieben, aber das verzeiht man ihm dann doch, weil er auf Augenhöhe mit dem jungen Kinopublikum ist und voller schöner Einfälle steckt.

Lucy ist jetzt Gangster ist größtenteils aus der Sicht von Lucy erzählt. Immer wieder tritt sie als Erzählerin auf und spricht direkt in die Kamera, nimmt also die Zuschauerinnen und Zuschauer mit in ihre Welt und Weltsicht. Deshalb funktioniert auch das Kuriosum, das der Film vorstellt. Es ist eine Versuchsanordnung, eine märchenhafte Geschichte in einem märchenhaften, viel zu schönen und in Bonbonfarben getunkten Universum mit viel zu freundlichen Menschen und einer überschaubaren Kleinstadt-Welt. 

Das Setting erinnert an skandinavische Filme: Fast alles – das Zuhause von Tristans Familie einmal ausgenommen, das ist der einzige Raum, in dem es Handys zu geben scheint – erinnert an eine nostalgisch verklärte frühere Zeit, und sieht so aus, wie man es als Kind malen würde: die Häuser, die Autos, der Schulranzen und die Zöpfe der Mädchen – ein stimmiger Retro-Look, der zur Geschichte passt, die vom Glück erzählt. Es ist das kleine Glück, das sich eben dann einstellt, wenn es für jedes Problem das richtige Eis gibt.

Lucy ist jetzt Gangster (2022)

Es geht um ein liebes, superbraves Mädchen, das Gangster werden und eine Bank überfallen will, um die Eisdiele ihrer Eltern vor dem Ruin zu retten. Der Klassenrüpel soll sie dabei unterstützen.

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Meinungen

Ursula Ostermaier · 05.04.2023

Obwohl.icj schon 74 bin, hat mir dieser Film sehr gut gefallen. Die vielem witzigen Einfälle Bund die tollen Darsteller machen den Film zu einem.grossen Vergnügen.....macht Kinder froh und Ereachsene ebenso