Guardians of the Galaxy Vol. 2

Eine Filmkritik von Katrin Doerksen

Triumph des „weird shit“

Die Beschützer der Galaxis kämpfen gegen ein garstiges Tentakelwesen mit elefantendicker Haut, blinden Augen und multiplen Zahnreihen. Es sieht nicht gut aus für sie – da legt die Kamera unvermittelt einen Schwenk hin und Baby Groot beginnt das Tanzbein zu schwingen. Die Kampfgeräusche rücken in den Hintergrund, die Laserstrahlen aus den Kanonen der Guardians könnten im unscharfen Bildhintergrund auch als Lightshow einer Disco durchgehen. Es gebe, erklärt Drax the Destroyer (Dave Bautista) später, nur zwei Sorten von Lebewesen: diejenigen, die tanzen. Und jene, die das nie tun. Falls sich diese Kategorien auch auf Filme anwenden lassen, ist Guardians of the Galaxy Vol. 2 ganz sicher ein Film, der tanzt.

Das Mixtape seiner Mutter mit dem schönen Titel Awesome Mix #2 spielt immer noch in Peter Quills (Chris Pratt) Walkman. James Gunns Sequel zu seinem 2014er Guardians of the Galaxy kitzelt alle Rezeptoren, die dafür zuständig sind, aus Klängen, aus Farben und Gesichtern Erinnerungen zu emulieren. Das schafft nicht nur der fantastische Soundtrack aus Peters Walkman. Gunn ist auch nach wie vor ein Regisseur, der nicht vergessen hat, woher er kommt. Mit knallbuntem Pulp-Look und sarkastischem Humor schmuggelt er die Begeisterungsfähigkeit und den Spaßfaktor aus alten Troma-Tagen in das sonst so trübe Marvel Cinematic Universe. Einer rasanten Bruchlandung mit Totalschaden folgen nur kurz betretene Gesichter – und dann der Ausruf: „That was awesome!“ James Gunn verschafft auch alten Weggefährten ihre Auftritte: zum Beispiel dem Kultschauspieler Michael Rooker, der ein zweites Mal den Ravager Yondu verkörpert, Peters Ziehvater. Damit wird er zu einer Schlüsselfigur im von daddy issues gespickten Guardians of the Galaxy Vol. 2.

Es ist eine Gruppierung von Außenseitern, von Gescheiterten und Unglückseligen, die sich hier abwechselnd gegenseitig an die Gurgel gehen oder einander die Haut retten. Gunns Drehbuch wird ihnen allen gerecht, formt Persönlichkeiten statt nur exzentrisch bemalter Aliens und verleiht der Galaxis mithilfe der komplexen Hintergrundgeschichten Tiefe: Yondu, der einfach zu oft in seinem Leben falsche Entscheidungen getroffen hat. Gamora (Zoe Saldana) und ihre Schwester Nebula (Karen Gillan), entzweit durch die Intrigen ihres übermächtigen Vaters. Der schurkische Handlanger (Sean Gunn), der angesichts der Rohheit seiner Kameraden die Seiten wechselt. Die in Isolation aufgewachsene und sozial inkompetente Mantis (Pom Klementieff), die sich nicht im Geringsten ihrer eigentlichen Stärke bewusst ist. Die Beschützer der Galaxis sind keine gravitätisch über den Ereignissen schwebenden Superhelden. Sie müssen einstecken, dass es ein Ächzen und Stöhnen ist.

Zur schmissigen 1980er-Jahre-Mucke setzt sich Guardians of the Galaxy Vol. 2 aber vor allem aus Actionsequenzen zusammen, die bei aller detailverliebten Sorgfalt auch perfekt die Aufmerksamkeitsspanne der Social-Media-geschulten Generation bedienen. James Gunn reitet also nicht nur die Nostalgiewelle. Yondus rot leuchtender Pfeil spießt einen Mann nach dem anderen auf und lässt einen glauben, man folge einem neonleuchtenden Kettenreaktionsvideo auf YouTube. Wenn die Guardians in ihrem Raumschiff durch Wurmlöcher von Planet zu Planet springen, verzerren sich ihre Gesichter als gerate ein Snapchat-Filter völlig außer Rand und Band. Und der paradiesgleiche Planet, auf dem Peter schließlich seinem biologischen Vater Ego (Kurt Russell) gegenübersteht, mutet an wie das Pendant zu einem sorgfältig weichgezeichneten Instagram-Schnappschuss – angekommen im Land der ewig währenden golden hour.

Es passt ins Konzept, dass ausgerechnet an diesem Ort der makellosen Schönheit, der Harmonie nach antikem Ideal, das Böse lauert. Immer wieder baut James Gunn Momente auf, die vor Pathos triefen, nur um sie im letzten Moment doch noch mit einem gut sitzenden Spruch zu torpedieren, die Perfektion als illusionär zu entlarven – und die Illusion als lächerlich. Einmal geht mitten im Kampf eine von Quill zum überdimensionalen Pac-Man geformte Energiekugel auf ein naturalistisches Gottes-Abbild los. Der ultimative Sieg des fantasievollen Comic-Pragmatismus über hyperrealistisches Bedeutungsgehuber. Oder, so nennt es Quill, der Triumph des „weird shit“.
 

Guardians of the Galaxy Vol. 2

Die Beschützer der Galaxis kämpfen gegen ein garstiges Tentakelwesen mit elefantendicker Haut, blinden Augen und multiplen Zahnreihen. Es sieht nicht gut aus für sie – da legt die Kamera unvermittelt einen Schwenk hin und Baby Groot beginnt das Tanzbein zu schwingen. Die Kampfgeräusche rücken in den Hintergrund, die Laserstrahlen aus den Kanonen der Guardians könnten im unscharfen Bildhintergrund auch als Lightshow einer Disco durchgehen.

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Meinungen

Jan · 18.05.2017

Optisch ist der zweite Teil (wie schon der erste) eine Augenweide aber die Gags sind unterirdisch. Wurden die Dialogschreiber ausgetauscht???