Guardians of the Galaxy

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Außenseiter räumen auf

Dass laute und bunte Blockbuster nicht immer hohl und abgestumpft sein müssen, lässt sich in diesem Sommer an der Comic-Verfilmung Guardians of the Galaxy beobachten. Ein abgedrehtes, aber ebenso charmantes Großprojekt, dessen sagenhafte Einspielergebnisse keineswegs vorhersehbar waren, nahmen sich die Marvel Studios in diesem Fall doch einer eher unbekannten Vorlage an.
1969 ließen Arnold Drake und Gene Colan ein eigenwilliges Superhelden-Team auf die Leserschaft los, das 2008 eine Auffrischung durch Dan Abnett und Andy Lanning erfuhr. Deren Version liegt dem von James Gunn rasant in Szene gesetzten Space-Abenteuer zugrunde, mit dem das fortlaufende Marvel-Kinouniversum auf mittlerweile zehn Spielfilme anwächst (der letzte Beitrag war das Captain-America-Sequel The Return of the First Avenger). Wobei sich die Guardians of the Galaxy vor ihren prominenten Vorgängern nicht verstecken brauchen.

Auch wenn wir es hier mit einem Weltraum-Spektakel zu tun haben, entführt uns der Film zunächst auf die Erde, wo wir im Jahre 1988 zum ersten Mal unserer Identifikationsfigur begegnen: dem kleinen Peter Quill (Wyatt Oleff), der nach dem Krebstod seiner Mutter urplötzlich vom Space-Piraten Yondu (Michael Rooker) gefangen genommen wird und seinen Heimatplaneten für immer verlassen muss. Mehr als zwei Jahrzehnte später ist der Menschenjunge zu einem versierten Räuber (nun gespielt von Chris Pratt) herangewachsen, der sich selbst Star-Lord nennt und die Weiten der Galaxie unsicher macht. Sein neuester Coup, der Diebstahl einer Kugel mit geheimnisvollem Inhalt, bringt den unbekümmerten Draufgänger allerdings schneller in Schwierigkeiten, als ihm lieb ist.

Da der größenwahnsinnige Ronan (Lee Pace) das geheimnisvolle Artefakt für den Titanen Thanos (Josh Brolin) beschaffen soll, setzt er die unerbittliche Killerin Gamora (Zoe Saldana) auf Star-Lord an. Als sie den Dieb auf dem Planeten Xandar stellen kann, kommen ihr der waffenschwingende Waschbär Rocket (Originalstimme: Bradley Cooper) und dessen Begleiter, der riesige Baum Groot (Originalstimme: Vin Diesel), in die Quere, die das Kopfgeld abkassieren wollen, das auf Quill ausgesetzt ist. Nach einer wüsten Schießerei werden die vier Unruhestifter von den örtlichen Behörden festgenommen und in ein Hochsicherheitsgefängnis gesperrt. Da dort grausame Bedingungen herrschen, beschließt das Quartett, gemeinsam auszubrechen und die wertvolle Kugel an einen zahlungskräftigen Interessenten zu verkaufen. Unerwartete Hilfe bekommen die Kriminellen vom grimmigen Hünen Drax (Dave Bautista), der sich an Ronan für die Ermordung seiner Familie rächen will. Einmal in Freiheit, erkennt die bunt zusammengewürfelte Truppe jedoch, welche gefährliche Macht das Diebesgut beinhaltet.

Was den eigentlichen Plot betrifft, bewegt sich Guardians of the Galaxy zumeist in bekanntem Fahrwasser. Markerschütternde Überraschungen sucht man vergebens, obwohl die tempo- und actionreiche Handlung so manchen Haken schlägt. Viel wichtiger als eine ausgeklügelte Geschichte ist allerdings die explosive Dynamik, die von den im Zentrum stehenden Antihelden immer wieder ausgeht. Vertrauen ist zunächst ein Fremdwort, und jeder hält seine Herangehensweise für die geeignetste, weshalb die beschlossene Zusammenarbeit ständig in Gefahr gerät. Glücklicherweise gehen James Gunn und Mitautorin Nicole Perlman bei der Charakterzeichnung mit dem nötigen Feingefühl zu Werke, sodass die zum Teil recht widerspenstigen Figuren nie unsympathisch erscheinen.

Im Gegenteil, hat man sich an das merkwürdige Heldenteam einmal gewöhnt, wächst es einem schnell ans Herz, da jedes Mitglied über herrlich absurde Eigenschaften verfügt. Während Drax aufgrund seiner intellektuellen Unbeholfenheit viele Wortspiele und Metaphern in den falschen Hals bekommt, ist Star-Lord vernarrt in seinen Walkman (Achtung Backstory!) und die auf einer Kassette befindlichen Musikstücke aus den 1970er und 1980er Jahren, zu denen er wiederholt das Tanzbein schwingt. Eben damit will er die unnahbare Alien-Dame Gamora für sich einnehmen, legt mit seinen Annäherungsversuchen jedoch einige – äußerst witzige – Bruchlandungen hin. Weitaus mehr als heimliche Stars sind die beiden Computerwesen Rocket und Groot, deren Interaktion mit den menschlichen Darstellern schon allein deshalb überzeugt, weil die Figuren nahezu perfekt animiert daherkommen. Bildet der eigensinnige und ziemlich vorlaute Waschbär das komische Zentrum des Films, sorgt der einsilbige Baum – er beherrscht im Prinzip nur einen Satz („Ich bin Groot“) – für einige überraschend emotionale Zwischentöne. Erst recht, als er zum Ende hin, im wahrsten Sinne des Wortes, über sich hinauswächst.

Trotz großer Schauwerte (wunderbar detailreich gestaltete Weltraumszenarien) und allerhand Action-Passagen ist nicht zu übersehen, worauf es den Machern vor allem ankommt: die verquere, langsam gedeihende Freundschaft zwischen den grundverschiedenen Protagonisten, die schrittweise lernen, Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen und ihren Gefährten zu vertrauen. Angesichts einer so charmant-überdrehten Mischung aus Exzess, Komik und Feinfühligkeit verzeiht man dem Film auch, dass er ein ums andere Mal in die dramaturgische Notfallkiste greift und einigen Gaststars etwas wenig Raum zum Glänzen gibt (beispielsweise Glenn Close und Benicio Del Toro). Bleibt nur zu hoffen, dass die Guardians ihre anarchische Ausstrahlung beibehalten, wenn sie in der bereits angekündigten Fortsetzung 2017 auf die Leinwand zurückkehren.

Guardians of the Galaxy

Dass laute und bunte Blockbuster nicht immer hohl und abgestumpft sein müssen, lässt sich in diesem Sommer an der Comic-Verfilmung „Guardians of the Galaxy“ beobachten. Ein abgedrehtes, aber ebenso charmantes Großprojekt, dessen sagenhafte Einspielergebnisse keineswegs vorhersehbar waren, nahmen sich die Marvel Studios in diesem Fall doch einer eher unbekannten Vorlage an.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen