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Nippon Connection goes Online: Das 20. Japanische Filmfestival als Stream

Ein Beitrag von Bianka-Isabell Scharmann

In Zeiten von Covid-19 müssen auch Jubiläen anders gefeiert werden. Dass sich Nippon Connection, das weltweit größte Filmfestival für Japanischen Film, für eine Online-Ausgabe entschieden hat, ist daher aus vielen Gründen ein großes Glück. Wir zeigen euch, was das Programm zu bieten hat und welche Filme sich lohnen. 

Meinungen
Eine Frau in einem weißen Kleid mit roten Blumen und Boxhandschuhen vor einer Wand sitzend mit recht weit gespreizten Beinen
"100 Yen Love"

Vom 09. bis einschließlich 14. Juni öffnen sich die digitalen Pforten der 20. Nippon Connection, des weltweit größten Filmfestivals für japanischen Film. Es gibt über 70 Kurz- und Langfilme über Vimeo-on-Demand zu entdecken und darüber hinaus ein umfangreiches Rahmenprogramm, das japanische Kultur in all ihren Facetten per Stream in die heimischen Räume bringt. 

In insgesamt 7 Sektionen ist das diesjährige Jubiläumsfestival unterteilt. Neben „Nippon Cinema“, „Nippon Animation“, „Nippon Visions“, „Nippon Kids“ und „Nippon Docs“ gibt es dieses Jahr aus gegebenem Anlass auch die Sektion „Best of Nippon Connection“, in der Filme aus den letzten Ausgaben des Festivals gezeigt werden. Unter „Nippon Connected“ findet man das bereits angesprochene Rahmenprogramm. Außerdem ist der Themenschwerpunkt der 2020er Ausgabe den „Female Futures? — Neue Frauenbilder in Japan“ gewidmet. 

 

Wie kann gestreamt werden? 

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Filme aus dem Programm des Festivals zu streamen. Zum einen kann man einfach einen einzelnen Film leihen. Das kostet 5€ und ermöglicht einen 24 Stunden währenden Zugang zum Film. Wenn man sich vorab das Programm gut ansieht und weiß, was man sehen möchte, dann lohnt sich der Erwerb der 10er Karte. Diese gibt es bereits im Vorverkauf und kostet 40€. Einen detaillierteren Ablauf zu den einzelnen Schritten der Bestellung gibt es auf der Webseite des Festivals.

 

Die Filme — was lohnt sich? 

Bei den über 70 Filmen fällt die Auswahl nicht leicht. Daher haben wir vorab einen Blick auf das Programm geworfen und aus den verschiedenen Sektionen besonders sehenswerte Filme herausgesucht. Zunächst zu den Kurzfilmen.

  • Gezeichnet, zwei Frauen auf zwei Sesseln nebeneinander
    "Constant Metamorphosis"

    Constant Metamorphosis — Independent Animated Shorts by Women

    Insgesamt 12 Kurzfilmtitel bekommt man hier zum Preis von einem Spielfilm. Das besondere an den Filmen: Sie sind alle von Frauen und setzen sich klar vom Mainstream des japanischen Animationsfilms ab. Insgesamt sind Arbeiten von vier Künstlerinnen zu sehen: Makiko SUKIKARA, Yoko YUKI, Lisa FUKAYA und Sarina NIHEI. Dieses Kurzfilmprogramm läuft im Schwerpunktthema „Female Futures“. 

Von Kultklassiker bis modernen Frauenbildern

Im Bereich des Spielfilms sollte man sich auf keinen Fall einen Klassiker des Japanischen Kinos entgehen lassen, an den man sonst gar nicht so einfach rankommt: House, das wilde, surreale und handgemachte Horrorspektakel des Kultregisseurs Nobuhiko OBAYASHI von 1977 wird zu Ehren des Regisseurs gezeigt, der am 10. April 2020 verstarb. 

 

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Der Plot ist recht schnell erzählt: Ein Schulmädchen und sechs Klassenkamerad*innen reisen aufs Land, um dort im Haus ihrer Tante zu übernachten. Wie sich herausstellt, spukt es dort gewaltig. House ist purer Horrorfilmspaß. 

Darüber hinaus können wir diese Filme aus den verschiedenen Sektionen empfehlen: 

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    100 Yen Love (2014) von Masaharu TAKE 

    Dieser Film wurde in 2014 als der japanische Beitrag um den besten, fremdsprachigen Film in das Rennen um den Oscar bei der Academy eingereicht. Die 32-Jährige Ichiko (Sakura ANDO) lebt noch zuhause, hat keine Arbeit und keine Perspektive. Dann eskaliert ein Streit mit ihrer Schwester, in dessen Folge sie auszieht. Ichiko nimmt Arbeit in dem 100 Yen-Shop um die Ecke an. Dort trifft sie auf den verschlossenen Boxer Yuji (Hirofumi ARAI), die Romanze zwischen den beiden kommt jedoch nur schwer in Gang. Frustriert zieht Ichiko selbst die Handschuhe an und beginnt, zu boxen. 

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    Dancing Mary (2019) von SABU

    Kult-Regisseur SABU ist dafür bekannt, sein Handwerk perfekt zu beherrschen — das stellte er zuletzt z.B. eindrucksvoll anhand Mr. Long unter Beweis. Der Trailer zu Dancing Mary in Kombination mit dem Vorwissen über die Fähigkeiten des Regisseurs versprechen daher so einiges. Hier werden Komödie, Jakuza-Action und Geisterstory miteinander verbunden. Was nach einem wahnwitzigen Projekt und nach B-Movie klingt, wird in den Händen SABUs zu einer runden Sache. 

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    Labyrinth of Cinema (2019) von Nobuhiko OBAYASHI

    Noch ein Obayashi-Film, der sich zu entdecken lohnen dürfte — auch, weil es sein letzter war: Filme über die Liebe zum Kino gibt es viele (zuletzt Once Upon a Time in Hollywood), Filme, in denen Figuren von der Leinwand steigen und real werden auch (Purple Rose of Cairo), doch wenige davon sind regional spezifisch. Obayashi erweckt in Labyrinth of Cinema die Kriegs- und Filmgeschichte Japans zum Leben. Mit unglaublicher Experimentierfreude erzählt, ist dies eine Verbeugung vor der Kraft des Films. 

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    My Sweet Grappa Remedies (2019) von Akiko OKU

    Die Regisseurin Akiko OKU ist dafür bekannt, feinsinnige Porträts von Frauen in der japanischen Gesellschaft zu schaffen. In diesem geht es um die 40-jährige Yoshiko (Yasuko MATSUYUKI), eine kinderlose Büroangstellte, die kaum Freundschaften hat. Sie dokumentiert ihr Leben minutiös in ihrem Tagebuch. Diese Einträge sind es dann auch, die den Film miterzählen, man hört ihre Stimme als Voice-Over. Kaum merklich schiebt sich in diese Erzählungen eine neue Liebe. 

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    The Journalist (2019) von Michihito FUJII

    Das Verhältnis von der Presse zur Regierung in Japan wird durch unausgesprochene Regeln strukturiert: Die Regierung gewährt Zugang zu Informationen, die Presse ist nicht allzu kritisch. Vor dem Hintergrund dieses Klimas ist The Journalist ein beachtenswerter Film aus dem Mainstream, da dieser die Pressefreiheit direkt thematisiert. Der Film versetzte nach Erscheinen die Öffentlichkeit sowie die Filmindustrie in Aufregung. Im Zentrum steht die Journalistin Yoshioka, die ein anonymes Fax erhält — und mit diesem beginnt die Aufdeckung eines Skandals, der sich bis in höchste Regierungskreise zieht. 

    In Kombination zu The Journalist lohnt es sich, die Dokumentation i-Documentary of The Journalist (2019) von Tatsuya MORI zu sehen, die das Leben und die Arbeit der Journalistin, auf der der Spielfilm basiert, lose dokumentiert. 

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    Under Your Bed (2019) von Mari ASATO

    In diesem Film wird eine Kindheitsangst real: Der Feind unter meinem Bett. Der zurückgezogen lebende Naoto, der sich weniger für Menschen als für seine Aquarienfische interessiert, beginnt aufgrund einer Zufallsbekanntschaft seiner Jugendliebe Chihiro nachzustellen — er geht soweit, sich bei ihr unter dem Bett zu verstecken. Under Your Bed ist ein Horrorfilm, der die bekannten Regeln des Stalking-Thrillers auf den Kopf stellt. 

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    The Night Is Short, Walk On Girl (2017) von Masaaki YUASA

    Dass Animation nicht gleichzusetzen ist mit Kinderfilm, sollte mittlerweile bekannt sein. The Night Is Short, Walk On Girl ist nämlich sicherlich nicht für Kinder. In diesem geht es um Senpai, der sich in eine Kommilitonin verliebt und ihr durch die Nacht folgt. Viel mehr als um die Romanze stehen hier die Bewegungen der jungen Frau durch die nächtliche Stadt im Fokus. Eine absurde Situation folgt in diesem filmischen Kunstwerk auf die nächste. 

Rahmenprogramm und Nippon Kids

Neben dem kostenpflichtigen Filmprogramm gibt es auch ein umfangreiches Angebot kostenfreier Veranstaltungen. Dazu zählen Workshops, Vorträge und sogar Konzerte, vom obligatorischen Origami-Workshop bis zu Performances Japanischer Comedy. Besonders spannend für Filmfans sind sicherlich die Podiumsdisskussionen, die sich dem diesjährigen Filmfestivalschwerpunkt – Female Futures? -, den letzten 20 Jahren japanischen Kinos und der Zukunft der japanischen Filmindustire nach Covid-19 widmen.

Und auch die Vorträge versprechen, spannend zu werden: wer schon immer mehr über den Kimono erfahren wollte, hat nun die Chance. Außerdem wird es um die Filmvertonung gehen und die Rolle der Frauen im japanischen Kino der Gegenwart. Der Spagat zwischen Tradition und Moderne, so bezeichnend für Japan, er spiegelt sich auch im Rahmenprogramm des Festivals wider.

Das Festival bietet außerdem ein umfangreiches Programm für Kinder. Neben kostenpflichtigen Workshops beispielsweise im Bereich Manga gibt es viele Kinderfilme zu entdecken. So könnte in der Zeit des Filmfestivals statt homeschooling das Entdecken der japanischen Kultur auf dem Lehrplan stehen. 

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