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Ein verschlafenes Städtchen an der irischen Küste braucht neue wirtschaftliche Impulse. Da kommt die Geschäftsidee eines Inders aus England, der seinen abtrünnigen Sohn beruflich unterbringen will, gerade recht. Conor McDermottroes Komödie plädiert mit jugendlichem Schwung für Multikulturalität.

Halaleluja - Iren sind menschlich! (2017)

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Multikulti in der Provinz

Das irische Küstenstädtchen Sligo hat der Jugend wenig berufliche Perspektiven zu bieten, aber bei Wellenreitern ist der Ort sehr beliebt. Raghdan (Nikesh Patel), der aus England hierherkam, weil sein Vater ihn mit seiner Cousine zweiten Grades verheiraten wollte, hat schnell Anschluss an junge Surfer gefunden. Der junge Moslem indischer Herkunft, der bei seinem Onkel Jamal (Paul Tylak) und Tante Doreen (Deirdre O‘Kane) wohnt, ist neuerdings sogar glücklich verliebt, in die junge Irin Maeve (Sarah Bolger). Doch zur Feier seines 21. Geburtstags erwartet Raghdan eine unangenehme Überraschung, denn sein Vater Amir (Art Malik) ist zu Besuch gekommen.

Prompt macht der Geschäftsmann dem zugedröhnt angetroffenen Spross am nächsten Morgen Vorhaltungen. Ob er sein ganzes Leben damit verbringen wolle, zu trinken, sich zu prügeln und herumzuhuren, fragt er ihn. Und dann offeriert er Raghdan als Geburtstagsgeschenk eine Geschäftsidee: Der örtliche Schlachthof hat dichtgemacht und Amir möchte ihn zusammen mit Raghdan wiedereröffnen, um dem Sohn dort eine solide berufliche Existenz zu ermöglichen. Natürlich muss die Fleischproduktion halal sein, die Rinder sollen künftig von einem muslimischen Schlachter auf die religiös vorgeschriebene Weise getötet werden. Raghdan nimmt das Angebot an und steht im Betriebsgebäude überraschend Maeves Vater Martin Logan (Colm Meaney) gegenüber. Weil er der Geschäftsführer des früheren Schlachthofs war, hat ihm Amir dieselbe Position angeboten, ohne zu wissen, dass er seinen Sohn schon kennt. Nun muss Raghdan dem Vater sagen, dass er eine Freundin hat, und zwar eine, die er nicht auf der Stelle zu heiraten gedenkt. 

Die Komödie des irischen Regisseurs Conor McDermottroe (Swansong) spielt in dessen Heimatstadt und beweist, dass Heimatverbundenheit und Multikulturalität keine Gegensätze sein müssen. Ein frischer Wind durchzieht die ganze Geschichte, in der ethnokulturelle Klischees kräftig durchgeschüttelt werden und Menschen verschiedener Herkunft, die alle ihre Eigenheiten oder gar Spleens haben, miteinander klarkommen müssen. In ihren Dialogen witzeln die Charaktere zum Teil bewusst über das Schubladendenken. So sagt der Schwarze, aus Sligo stammende Graffitikünstler Neville (Jerry Iwu) zu seinen jungen Freunden mit großer Geste, er werde die Insel seiner Vorfahren nicht mehr verlassen. Auch deutsche Genauigkeit in finanziellen Dingen wird aufs Korn genommen, wenn der von David Kross gespielte Jasper – es handelt sich um eine deutsche Koproduktion – einmal einem geschäftlichen Angebot Raghdans skeptisch begegnet. 

Diversität spielt in dieser unbekümmert-versöhnlichen Geschichte eine zentrale Rolle. Jasper ist schwul, Raghdan nennt sich selbst einen „Rock‘n‘Roll-Muslim“, nämlich einen, der sich die Freiheit nimmt, mit den Freunden ein Bier zu trinken. Der islamische Schlachter, den Vater Amir für den neuen Betrieb auserkoren hat, hat einen rötlichen Bart – weil er Ire ist. Die BDSM-Beziehung, die Onkel Jamal und Tante Doreen pflegen, und überhaupt Doreens Freizügigkeit, die nichts dabei findet, Raghdan in ein Gespräch zu verwickeln, während er in der Badewanne sitzt, sorgen zusätzlich für provokante Würze. 

Die Musik alterniert zwischen indischen Klängen und englischsprachigen Popsongs, wie um den Protagonisten das gewünschte Multikulti-Gefühl vorzuleben. Dass die raue irische Herzlichkeit nicht zu kurz kommt, dafür sorgt schon der Sympathieträger Colm Meaney. Sein Charakter Martin ist als Geschäftsführer der geborene Diplomat, er krempelt die Ärmel hoch und sorgt dafür, dass sich Amirs Wünsche und die schrullige, auch etwas betagte irische Belegschaft nicht gegenseitig ausschließen. Allerdings prescht er auch übers Ziel hinaus, als er zur Eröffnungsfeier die Arbeiterinnen einen Bauchtanz aufführen lässt. Amir weiß, dass der Imam der muslimischen Gemeinde so etwas nicht goutiert. 

Ohne ein paar Konflikte kann die bunte Multikulti-Gemeinschaft dann doch nicht entstehen. Auch kommt Raghdan nicht darum herum, dem dominanten Vater irgendwann Paroli zu bieten. Am irischen Himmel herrscht nicht immer eitel Sonnenschein. Die grauen Wolken über der grünen Dünenlandschaft und die oft kühlen Farben passen gut zu der rauen bis schrägen Authentizität vieler Einzelszenen. Alles soll dynamisch wirken, aber das ständige Hin und Her zwischen verschiedenen kurzen Begegnungen gerät dabei oberflächlich. Vor allem aber täuschen Gestaltung und Erzählstil nur dürftig über den sehr auf das harmonisch-versöhnliche Miteinander bedachten Kurs hinweg, dessen gespielte Naivität den Unterhaltungswert dieses filmischen Zeitvertreibs doch merklich drosselt.

Halaleluja - Iren sind menschlich! (2017)

Der junge Moslem Raghdan Aziz (Nikesh Patel) versucht, einen heruntergekommenen Schlachthof im Westen Irlands zur ersten Halal-Fleischfabrik umzumodeln. Als wäre das nicht schon schwer genug, bekommt er es aber auch noch mit dem alltäglichen Kleinstadtrassismus, seiner Ex und deren wütendem Vater zu tun.

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