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Gelingt dem einst tief gefallenen, inzwischen aber wieder aufstrebenden M. Night Shyamalan mit „Glass“ ein starker Abschluss seiner Superhelden-Trilogie, die auch die beiden Filme „Unbreakable – Unzerbrechlich“ und „Split“ umfasst?

Glass (2019)

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Superkräfte vs. Größenwahn

Nach einer spätestens ab 2006 einsetzenden kreativen Schwächeperiode, die diverse verunglückte Produktionen – unter anderem das peinliche Will- und Jaden-Smith-Vehikel After Earth – hervorbrachte, feierte der „The Sixth Sense“-Schöpfer M. Night Shyamalan 2015 mit dem bizarr-amüsanten Mystery-Thriller The Visit ein ordentliches Comeback. Zu einem noch größeren Erfolg, sowohl bei Kritikern als auch beim Publikum, avancierte seine Folgearbeit Split, an deren Ende der für seine Überraschungen berühmte und berüchtigte Regisseur eine kleine Bombe platzen lässt. Was bis zur letzten Szene als gänzlich eigenständiger Film daherkommt, gibt sich plötzlich als eine Geschichte zu erkennen, die im Universum von Shyamalans Superhelden-Drama „Unbreakable – Unzerbrechlich angesiedelt ist.

Mit Glass schließt der Filmemacher nun den Kreis und steckt die Figuren beider Werke im finalen Kapitel der Trilogie über Menschen mit übernatürlichen Fähigkeiten zusammen. David Dunn (Bruce Willis), der in Unbreakable – Unzerbrechlich ein Zugunglück ohne Kratzer überlebte, im Folgenden von einem gewissen Elijah Price alias Mr. Glass (Samuel L. Jackson) bedrängt wurde, seine Superhelden-Qualitäten anzunehmen, und am Ende seine besonderen Gaben tatsächlich für die gute Sache einzusetzen wusste, heftet sich dieses Mal an die Fersen des psychisch kranken Kevin Wendell Crumb (James McAvoy). Jenes unter einer dissoziativen Identitätsstörung leidenden Mannes, der seinen 23 unterschiedlichen Persönlichkeiten auf der Zielgeraden von Split eine monströse 24. hinzufügte. Als sogenannte Bestie – ausgestattet mit wundersamer Körperkraft und tierischen Kletterfähigkeiten – gelang ihm damals die Flucht vor der Polizei.

Wer angesichts dieser Gemengelage nun eine actionreiche Hetzjagd vermutet, dürfte überrascht sein. Denn Shyamalan bringt den kriminelle Zeitgenossen aufspürenden Dunn bereits im ersten Akt von Glass mit Crumb bzw. der Bestie zusammen. Mehr noch: Nachdem sich die beiden eine handfeste Prügelei geliefert haben, werden sie von einer Spezialeinheit verhaftet und landen in derselben Psychiatrie wie der von der Glasknochenkrankheit betroffene, übermenschlich intelligente Price, der gegenüber Dunn in der finalen Szene von Unbreakable – Unzerbrechlich zugab, für diverse Katastrophen – unter anderem das Zugunglück – verantwortlich zu sein, da er erst auf diese Weise als Davids böser Widersacher seinen Platz im Leben finden konnte.

Großes Interesse für die drei mit außergewöhnlichen Fertigkeiten gesegneten Patienten zeigt die ehrgeizige Dr. Ellie Staple (Sarah Paulson), die um jeden Preis beweisen will, dass Mr. Glass, Dunn und Crumb in Wahrheit keine Superhelden sind, sondern von einer besonderen Form des Größenwahns befallen wurden. Während die Psychiaterin die Insassen von ihrer Theorie zu überzeugen versucht, stoßen Davids erwachsen gewordener Sohn Joseph (Spencer Treat Clark) und Crumbs einstiges Entführungsopfer Casey Cooke (Anya Taylor-Joy) außerhalb der Klinikmauern auf interessante Hinweise.

Gerade vor dem Hintergrund der bombastischen Marvel- und DC-Schlachten muss man Shyamalan für seinen Umgang mit dem Superheldenphänomen auf die Schulter klopfen. Obschon er in seiner Trilogie bekannte Motive und Erzählmuster aufgreift, treibt er mit ihnen ein unterhaltsames, reflektiertes Spiel und verweigert sich noch dazu den üblichen Effektkaskaden. Unbreakable – Unzerbrechlich präsentiert sich in erster Linie als emotional berührendes, in der Realität verankertes, auch filmisch ausgeklügeltes Charakterdrama um einen desillusionierten Mann, das erst gegen Ende ein wenig ins Fantastische ausgreift. Split wiederum ist lange Zeit ein beklemmender Psychoschocker, den die Geburt der Bestie schließlich zu einem übernatürlichen Thriller macht. Bis zum Showdown erinnert der nun startende Glass an eine etwas schrägere Version von Das Schweigen der Lämmer, wobei die Idee, das Superheldentum der drei Protagonisten zu problematisieren, durchaus ihren Reiz hat.

Shyamalan schüttelt einige hochintensive Passagen aus dem Ärmel und treibt den schon in Split famosen McAvoy erneut zu einer furchteinflößenden, alle anderen Darsteller überstrahlenden Performance an. Wie der Schotte dieses Mal sogar noch häufiger innerhalb einer Szene von einer Identität zur nächsten springt, ist absolut beeindruckend und sorgt für echte Gänsehautmomente. Statt Actionfeuerwerke abzubrennen, setzt der Abschluss der Superheldenreihe auf therapeutische Gespräche und verhandelt die Gesetzmäßigkeiten der Comic-Welt ähnlich markant wie das erste Kapitel der Trilogie.

Unübersehbar ist allerdings auch, dass der Regisseur und Drehbuchautor Probleme hat, seine Figuren überzeugend unter einen Hut zu bringen. In den Hintergrund gerät mit seiner Festnahme etwa David Dunn, dessen persönliche Geschichte in Unbreakbale – Unzerbrechlich noch so stark berühren konnte. Weniger Raum bekommt in Glass überdies die in Split eindringlich gezeichnete und gespielte Casey Cooke, wenngleich das Skript ihr zwei ehrlich ergreifende Augenblicke mit ihrem früheren Peiniger Kevin schenkt. Titelheld Mr. Glass zeigt bis auf kleine Zuckungen im Gesicht lange Zeit keine Regungen, darf in der zweiten Hälfte dann aber aktiver werden. Ein bisschen unglaubwürdig ist bei allem Verständnis für seine ausgeprägte Intelligenz, wie frei sich der hochgefährliche Kriminelle plötzlich in der psychiatrischen Anstalt bewegen kann.

Diskussionen befeuern wird in jedem Fall – das kennt man bei Shyamalan bereits – der letzte Akt, der erwartungsgemäß mehrere Wendungen bemüht und die Auseinandersetzung mit den Regeln des Superheldengenres auf die Spitze treibt. Hier und auch an früheren Stellen verhebt sich der Regisseur ein wenig an seinen Ambitionen und dreht im Schlussspurt das Twist-Rad einen Tick zu weit. Trotz der genannten Defizite, die Glass zum wohl schwächsten Teil der Reihe machen, muss man Shyamalans Mut anerkennen, in einem intimen Rahmen und ohne knallige Effektsalven von übernatürlichen Menschen zu erzählen. Besser, man stolpert beim Zusammenwürfeln zahlreicher Ideen, als dass man sich in einer Formelhaftigkeit ergeht, wie sie in manchen Marvel- und vielen DC-Verfilmungen zum Vorschein kommt.

Glass (2019)

Für seine neue Arbeit „Glass“ kombiniert M. Night Shyamalan die Erzählungen zweier seiner Werke – von „Unbreakable“ (2000) und „Split“ (2016). So kehren sowohl Bruce Willis als David Dunn und Samuel L. Jackson als Elijah Price (alias Mr. Glass) aus „Unbreakable“ als auch James McAvoy als Kevin Wendell Crumb und Anya Taylor-Joy als Casey Cooke aus „Split“ zurück – und es kommt zu fatalen Begegnungen zwischen diesen Figuren.

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Meinungen

Martin Zopick · 23.05.2021

Wenn die Anzahl der Oscarnominierungen von der Goldenen Himbeere übertroffen werden, sagt das schon einiges über die Qualität der Arbeiten von Regisseur Night Shyamalan aus.
Hier hat er zwei in Verbindung stehende Themen bearbeitet: Größenwahn und Identitätsstörung. Er hat sich dafür drei Superdarsteller ausgesucht: James McAvoy (Kevin), Bruce Willis (David) und Samuel Jackson (Mr Glass).
Nur was er dann als kryptisches Geschwurbel auf uns ablässt, ist selten so krautig gewesen. Aus allerlei Versatzstücken müssen sich die Zuschauer selbst Persönlichkeitsbilder der drei erstellen. Kevin ist der aufgeblasene Kraftprotz Hulk, David, der mit dem Helfersyndrom und Mr. Glass (Titel!) hat alles erfunden. Zwischen den dreien agiert die hilflose Psychiaterin Dr. Staple (Sarah Paulson). Sie macht unter den absonderlichen Gestalten die unglücklichste Figur: planlos, inkompetent schwurbelt sie sich durch die Terapiestunden.
Während der ersten Hälfte versucht der Zuschauer sich auf die Handlung einen Reim zu machen, was im weiterenn Verlauf resigniert aufgegeben wird. Dann kommt Ärger auf: z.B. wie die Betreuer in ‘freier Wildbahn‘ um die Patienten herum agieren. Die Fachleute sind den Patienten ausgeliefert. Na ja!? Dabei wirkt James McAvoy als Dreikäsehoch nur lächerlich.
Regisseur Shyamalan würzt den Plot mit Weisheiten aus der Taschenpsychologie wie z.B. ‘Eltern sind der Schlüssel zum Verständnis der absonderlichen Söhne. Und als höchste aller Weisheiten verrät uns Shyamalan ‘Es darf keine Götter unter uns geben.‘
Selbst wenn man sucht, wird man keine finden. Außerdem kommen am Ende alle Probanden irgendwie um. Da ist mir die Himbeere noch zu schade. Ich vergebe die saure Gurke für diesen Murks. Wie kann man sich so eine sinnfreie Zeitverschwendung bloß antun?!

The One and Only · 14.04.2019

Volle Enttäuschung!
Ich hatte nach Split was ganz anderes erwartet.
Als ich den Trailer zu Glass sah dachte ich mir: " Ohh geil, der wird sicher sau gut!"
Genau das Gegenteil traf zu.
Der Film war weder spannend noch irgendwie schlüssig wenn man den Film Unbreakbale nicht kennt.
Ich persönlich dachte auch nicht das Split in eine "Filmreihe" gehört.
Für mich einer der größten Flopps !!!

. · 26.01.2019

Der Film war dauerhaft spannend. Er war etwas brutaler, als Split, dennoch hat es sich gelohnt. Sehr unterhaltend.

Hamdi · 25.01.2019

Volle Enttäuschungen. Schade die 9,90 EUR die dafür bezahlt habe

Lalaper · 23.01.2019

Ich mochte den Film. Vor allem die schauspielerische Leistung von James McAvoy war beeindruckend 👍🏻

Tyhian · 22.01.2019

einfach klasse film