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Adam und Evelyn sitzen in ihrem Garten in der DDR. Dann fahren sie in den Urlaub nach Ungarn. Plötzlich wird die Grenze geöffnet und alles ändert sich. Aber was machen die beiden jetzt? Abhauen? Zurück nach Hause? Wo sind ihre Wurzeln und sind sie tief genug? 

Adam und Evelyn (2018)

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Äpfel gibt’s halt auch im Westen

Adam (Florian Teichtmeister) und Evelyn (Anne Kanis) sitzen in ihrem schnuckeligen Garten irgendwo in der Pampa. Um sie herum sind Blumen, Bäume, Tiere — und die DDR. Ganz schön, das Leben, findet Adam, der entspannt von zuhause aus als Damenschneider arbeitet. Das kann doch nicht alles gewesen sein, denkt aber Evelyn, die gerade eine Gastronomie-Ausbildung macht und sich gefangen fühlt. Von dem Land, in dem sie lebt aber auch von Adam, der so genügsam, so lethargisch ist und den sie auch gerade erwischt hat dabei, wie er eine seiner Kundinnen begrabscht. Und das einen Tag vor ihrem Urlaub am Balaton. 

Es ist Sommer 1989 und Dinge sind in Bewegung. Adam interessiert das nicht. Evelyn schon. Sie fährt alleine, ohne Adam, den Grabscher, in den Urlaub. Mit dabei ihre Freundin Mone (Christin Alexandrow) und ihr Liebhaber aus dem Westen Michael (Milian Zerzawy). Adam fährt hinterher. In seinem klapprigen Wartburg, Baujahr 1961, Farbe himmelblau. Auf dem Weg gabelt er die klatschnasse Katja (Lena Lauzemis) auf. Die hat versucht, nach Ungarn zu kommen, um dort in die schon überfüllte Botschaft zu gelangen und vielleicht irgendwie ausreisen zu können. Jetzt hat sie aber ihren Pass und alles andere verloren. Adam hilft aus und schmuggelt sie über die ungarische Grenze. Da sind sie nun: Adam, Michael, Evelyn, Mone und Katja. In der flirrenden Sommersonne ändert sich die politische Lage täglich und plötzlich passieren Dinge. Zum Einen schläft Evelyn mit Michael, woraufhin Mone abreist, zum Anderen öffnen die Ungarn die Grenze nach Österreich. Freies Geleit in den Westen. Aber was nun? Abhauen und alles zurück lassen? Wieder nach Hause und die eine Chance, die man vielleicht hat, nicht nutzen? Und was ist überhaupt mit Adam und Evelyns Beziehung?

Regisseur Andreas Goldstein weiß genau, wovon er erzählt. Er wurde selbst in der DDR geboren und ist Teil dieser Generation Menschen, die die letzte Erwachsenengeneration der DDR sind. Aufgewachsen und sozialisiert im Osten und gerade dann, wenn man im Leben angekommen sein soll, ändert sich alles. Ist der Westen nun die goldenen Chance, der verlockende Apfel oder ein Trugbild, das lockt und einen dann unglücklich macht? Gerade diese Frage, die Frage nach der Zukunft und den Wurzeln ist es, die Adam und Evelyn genau in dieser Zeit der Wende, aber vor dem endgültigen Wissen um den Fall der Mauer umtreibt. In ihrer Essenz ist es aber auch in Frage nach der Beziehung der beiden. Adam ist tief verwurzelt und zufrieden mit seinem Leben. Er braucht nichts tun, nichts ändern, sich nicht anpassen, denn seine Existenz ist gesichert durch das System, dessen Nachteile er einfach durch seinen Garten nicht sehen will oder kann. Evelyn hingegen sieht ihre Chance im Westen. Endlich studieren. Kunstgeschichte vielleicht. Oder ein Café eröffnen. 

Goldsteins Werk Adam und Evelyn ist ein bedachter Film und ein bisschen spröde. Es erinnert an Sandkuchen essen. Süss und deliziös, aber auch ein wenig schwierig und trocken. Letzteres ist dabei keineswegs negativ gemeint - im Gegenteil. Genau dieses Tempo und die Art des Langsamtretens transportiert nicht nur die Sommerhitze, sondern auch das Gefühl dieser Tage, die einerseits hektisch waren, andererseits aber schon fast traumwandlerisch langsam vorüberzogen. Es ist ein Ausnahmezustand, eingebettet im Alltag und einer dieser Momente, in denen man scheinbar belanglose Dinge tut, die dann doch das ganze Leben ändern werden. Vieles wird einfach nur beobachtet und dann wieder unterbrochen von Dialogen, die gern in Gruppenbildern, meist frontal gefilmt, aus dem Film herausstechen. Sie sind von ihrer Inszenierung schon fast Brechtsche Momente — und doch  sie merklich mit dem Durchbrechen der vierten wand zurück. Dennoch liegt eine große Intensität in der Luft, ihr intellektuelles Auseinandersetzen ist da und führt manchmal an wundersame Orte und dann auch mal wieder ins Nirgendwo. Humor ist hier ein wichtiges Stilmittel und auch dieser ist herrlich trocken — wie ein Sandkuchen eben. Er pointiert oft die schon fast absurde Situation, manchmal erlaubt er sich aber auch abzubrechen, nicht auszusprechen und den Status quo zu bewahren, anstatt über die Zukunft zu sinnieren. 

Adam und Evelyn lässt einen Hauch von Berliner Schule verspüren. Er ist ohne Frage ein etwas verschmitzter Film, der an die DDR-Filme der 1970er und 80er Jahre erinnert, die die Zensur mit Klugheit umschifften. Und hier verbindet das Werk dann doch die beiden Welten, die in der Erzählung in so vielen Momenten getrennt sind und bleiben. 

Am Ende, wenn Adam und Evelyn in einer leeren Wohnung stehen und aus dem Fenster schauen, wird klar, dass die für die beiden klassischen Wege des Umgangs mit dem Mauerfall stehen. Für den einen ist Winter und alles ist grau. Für den anderen ist es ein Ausblick auf einen kommenden, wunderschönen Sommer. 

Adam und Evelyn (2018)

Sommer 1989, Ostdeutschland. Adam arbeitet als Schneider, Evelyn als Kellnerin. Sie planen einen gemeinsamen Urlaub, als Evelyn herausfindet, dass Adam sie betrügt und beschließt, allein in den Urlaub zu gehen. Sie reist nach Ungarn, gefolgt von Adam. Mit der Öffnung der Grenze zu Österreich ändert sich in Ungarn alles. Adam und Evelyn stehen vor der Entscheidung, in welcher Welt – östlich oder westlich – sie ihr Leben aufbauen wollen.

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Meinungen

Silvie · 08.03.2019

Sorry, habe mich selten so gelangweilt bei einem Film. Aber offensichtlich war ich dabei nicht alleine. Ich sah mindestens 3 sclafende Kinobesucher

Carl · 06.02.2019

Gibt es einen Soundtrack oder zumindest eine Song-Liste. Besonders das Lied des alten Ungarn interessiert mich. Wie bekomme ich so eine Liste?

Host · 19.01.2019

Der Film versucht ein Bild über die Stimmung der späten Tage der DDR und die herannahende Wende zu zeichnen und das mit dem bestimmenden Thema der massenhaften Fluchtbewegung über Budapest und die ungarische Grenze zu verbinden.

Soweit also ein Thema, was in der Reihe von Filmen wie "Good bye Lenin", "Das Leben der anderen" oder gar "Trabi go" auf jeden Fall eine Lücke der filmischen Aufarbeitung schließen könnte.

Leider ist die Umsetzung aber zu sehr künstlerisch bemüht und mit dem Versuch, das ganze minimalistisch zu gestalten ist die Produktion ein Wagnis eingegangen, das als Ergebnis die Realität jener Wochen in keinster Weise erkennen lässt.

So treten im Film im Grunde genommen nur 5 Schauspieler und ein alter Wartburg nenenswert in Erscheinung. Zudem sind sämtliche Szenen endlos gedehnt und dabei die Dialoge auf 2 bis 3 kurze Sätze reduziert, die trotzdem jeden Tiefgang vermissen lassen.

Tatsächlich waren damals tausende mit Rucksäcken und in vollen Zugen gen Budapest unterwegs, während im Film ein einsamer Fahrer auf einer ebenso einsamen Straße in seinem DDR-Oldtimer eine leere Grenzstation überquert und ein einsames Fereinhaus am Balaton ansteuert. Wer damals in Ungarn war, kann sich sich nur zu gut erinnern, wie überfüllt die Bahnhöfe, Straßen und Zeltplätze waren, dass es überall endlose Diskussionen über die politische Lage gab und dass vor allem die Stimmung von Aufbruch, Erwartung und knisternder Energie bestimmt war, während im Film ein einsames Paar am leeren Balatonstrand in einer endlosen Szene Melancholie verbreitet. Das Thema Liebe oder gar Leidenschaft, welches über Adam und Evelyn (und Michael) als Titelhelden zu zeichnen versucht wird, ist im Film so emotionslos umgesetzt, dass man stattdessen lieber noch mehr von der Schildkröte im Gras hätte sehen wollen.

Selbst die Nachricht der Grenzöffnung und Fahrt/Flucht nach Österreich wird nicht diskutiert und die Ankunft im zuvor unerreichbar geglaubten Westen entlocken den Darstellern keinerlei Emotionen. Auch werden hierbei weder die perönlichen, politischen oder auch nur familiären Probleme zum Thema des Films, stattdessen streikt der Wartburg und der Kapitalismus erscheint in banalster Form auf der Leinwand.

Kurzum, ein Film, den man sich schenken sollte, wenn man damals dabei war und erst recht, wenn man nicht dabei war, denn er ist all zu bemüht und verfehlt sein Ziel, ein Bild jener Tage wiederzugeben leider komplett.

Nandana · 13.01.2019

sehr appetitanregend die Kritik. Leider sind einfach zu viele Fehler in dem Text. Unvollendete Sätze deren Sinn man nicht immer komplettieren kann. Schade.