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25 Jahre hat es gedauert, bis Terry Gilliam sein Herzensprojekt endlich verwirklichen konnte. Sogar die Uraufführung wäre fast gestoppt worden, doch nun ist es geschafft. Der Film ist da. Aber wird, was lange währt, immer gut?

The Man Who Killed Don Quixote (2018)

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Verwirrt-fluchende alte Männer

Das Projekt schien verflucht. Ganze 25 Jahre nach der ersten Idee von Terry Gilliam mit „The Man Who Killed Don Quixote“ eine Adaption des Romans von Cervantes zu verfilmen, ist es nun endlich geschafft. Selbst eine Klage in letzter Minute konnte den Triumph nicht mehr aufhalten. Der Film ist nun leibhaftig, Gilliams Durchhaltevermögen war nicht umsonst. Kudos, dass er das durchgezogen hat. Und so beginnt der Film auch mit dem Hinweis: „And now, after 25 years of doing and undoing …“

Allerdings bleibt die Frage danach, ob der Film auch das Opus magnum ist, das er sein sollte. Die Erwartungen auf allen Seiten sind nach dieser Odyssee groß. Doch leider ist das Endergebnis eine Katastrophe. Dabei lässt es sich, zumindest am Anfang, relativ gut an. Toby (Adam Driver) ist in Spanien und soll für einen Wodka einen Werbespot drehen, in dem Don Quixote auftaucht. Doch, Achtung meta, die Dreharbeiten sind überseht von Katastrophen und Problemen. Dann soll Toby auch noch einen Abend auf die Ehefrau Jacqui (Olga Kurylenko) seines Chefs (Stellan Skarsgård) aufpassen. Doch Jacqui will ihn nur flachlegen und fast wird er geschnappt. Am nächsten Tag verlässt Toby das Set, denn als klassischer narzisstischer Egomane schert er sich einen Dreck um die Arbeit der anderen, und fährt in ein abgelegenes Dorf. Dort hat er einst, vor 10 Jahren, seinen Studentenabschlussfilm gedreht. Ebenfalls zu Don Quixote. Jetzt will er mal sehen, was aus seinen ProtagonistInnen geworden ist. Doch er erfährt nur Schreckliches. Seine damalige Dulcinea, die gerade einmal 15-jährige Angelica (Joana Ribeiro), ist vom Vater verstoßen worden, weil sie eine „Nutte“ ist, die in Madrid eine große, damals von Toby in ihren Kopf gepflanzte, Schauspielerinnen-Karriere anbahnen wollte, die aber in Escort-Arbeit endete. Und sein Don Quixote, Javier (Jonathan Pryce), denkt noch immer, dass er wirklich Don Quixote ist. Als Toby ihn besucht, erkennt Javier in ihm seinen Sancho Panza. 

Es geht so einiges schief bei Tobys Besuch und schon bald befindet er sich auf der Flucht – oder auf einer Suche nach Abenteuern, wie Javier es sieht. Bis hierhin haben sich für Toy und den Zuschauer die Grenzen zwischen Realität und Fantasie schon so weit verschoben, dass man nicht mehr sagen kann, was wirklich los ist. Das ist ja – egal ob in Brazil oder 12 Monkeys usw. – was einen Terry-Gilliam-Film an sich ausmacht. Die fließenden Übergänge in die Fantasie dienten ihm jeher dazu, Spaß zu haben, aber auch auf einer Metaebene Aussagen zu treffen. Und auch The Man Who Killed Don Quixote ist ganz schön meta. Eindeutig hat Gilliam die katastrophale Entstehungsgeschichte des Filmes mit eingebaut und auch sich selbst. Gilliam ist ein wenig ein Träumer und Sehner nach den alten Tagen, so wie sein Don. Er ist aber auch ein wenig Toby, der egomanische Regisseur. So richtig kann man es aber nicht sagen, denn der Film weiß oftmals selbst nicht, was er eigentlich ist, was er will und überhaupt – warum ist er da? Vielleicht liegt es daran, dass es so lang gedauert hat und das Werk so oft von so vielen Änderungen betroffen war, aber The Man Who Killed Don Quixote macht meistens wenig Sinn. 

Adam Driver und Jonathan Pryce stolpern von einem Set ins nächste, eine absurde Episode jagt die andere, doch weder die Einzelteile noch das Gesamte führen irgendwo hin. Dabei ist leider auch nichts von Gilliams Talent fürs Bildliche zu sehen, das er in seinen vorherigen Werken so formidabel ausgespielt hat. Hier wirken Sets und Kamera eher beliebig. Das passt zum Schauspiel, welches, so sehr sich Driver und Pryce auch Mühe geben, stetig ins Laientheaterhafte abdriftet. Die beiden schreien einander konstant an, Pryces Don Quixote ist konstant agitiert und muss Passagen wiederholt zitieren, Driver ist verdammt zur Reaktion, die meistens wehrhaft ist, manchmal dann wieder nicht. Hinzu kommt ein weiteres, sehr großes Problem. Die beiden versuchen, für Lacher zu spielen, man erahnt hier und da einmal den alten Monty-Python-Humor. Doch hier zündet nichts, im Gegenteil, es wird, je länger der Film geht, eher unangenehm vor lauter Fremdscham. 

Hinzu kommt Wut, denn The Man Who Killed Don Quixote ist ein unfassbar rassistisches und frauenfeindliches Werk. Gilliam inszeniert Russen, „Zigeuner“, Schwarze, Muslime und angedeutete Juden genauso, wie die rassistischen Klischees über die Gruppen perpetuiert werden, ohne auch nur einmal mit der Wimper zu zucken. Der „Zigeuner“ klaut natürlich und ihm ist nicht zu trauen, die Muslime sind entweder Terroristen oder Illegale, ach nein, die sind beides, Schwarze tauchen nur in ethnischer Kleidung zum Trommeln auf, der Russe hat unfassbar viel Geld und ist ansonsten ein Schwein. Vor allem seiner Freundin gegenüber. 

Die weiblichen Figuren in The Man Who Killed Don Quixote sind alles großäugige Frauen, die stets ein Anhängsel sind. Eine Setassistentin, mit der Toby offensichtlich schläft und deren Namen er sich nicht mal merken kann, die Ehefrau des Chefs, eine klassische Trophäenfrau, die nichts zu sagen hat und die als Nymphomanin inszeniert dann auch mal mit einem blauen Auge auftaucht, als sie erwischt wird. Und dann ist da noch Angelica. Dass Toby mit ihr schamlos flirtet, obwohl sie gerade einmal 15 Jahre alt ist, ist schon unangenehm genug. Doch für diese Figur hat sich Gilliam etwas Besonderes ausgedacht. Dass sie selbst künstlerische Ambitionen hat, dafür muss sie bestraft werden. So wird sie ständig als Hure beschimpft, am Ende macht sie es sogar ganz selbstverständlich selbst, um jetzt, 10 Jahre später, ihrem reichen russischen Freund regelrecht zu dienen. Auch sie ist übersät mit blauen Flecken, die Toby sieht und er fragt sie nicht einmal, ob alles okay ist. Sie ist ja nur eine Nutte und erklärt den Missbrauch für in Ordnung, weil das nun einmal so ist, wenn man mit einem Mann zusammen ist. Später wird sie noch einmal vor versammelter Mannschaft ihrem Freund wie ein Hund Essen vom Schuh lecken. Der sadistische Genuss, mit dem Gilliam hier die Frauen in The Man Who Killed Don Quixote alle quasi als willige Sexsklavinnen inszeniert und alle in dieser Welt dies als völlig normal und in Ordnung empfinden, ist ekelhaft und inakzeptabel, passt aber zu seinen Aussagen in Sachen MeToo und seinen eigenen Problemen mit Übergriffigkeit.

The Man Who Killed Don Quixote (2018)

Der Manager einer Werbefirma reist in der Zeit hin und her. Genauer gesagt zwischen dem London des 21. Jahrhunderts und La Mancha im 17. Jahrhundert. Und es ist genau dort, wo Don Quixote ihn mit Sancho Panza verwechselt. „The Man Who Killed Don Quixote“ war so lange in der Produktionshölle (17 Jahre), dass Terry Gilliam nach Beendigung des Drehs scherzte, er habe den Film aus Versehen gelöscht….

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Meinungen

Ralle · 07.08.2021

Der Horizont vieler Menschen ist wie ein Kreis mit Radius Null. Und das nennen sie dann ihren Standpunkt. (Albert Einstein)
Ja, man benötigt eine gewisse Erfahrung und Verständnis um Gilliams Filme zu verstehen, auch seine eingesetzten Stilmittel. Meinem persönlichen Empfinden nach, einer seiner besseren Werke. Frauen spielen nur eine untergeordnete Rolle, um der literarischen Vorlage gerecht zu werden. Aber wie schon von Anderen erwähnt, hat jeder seinen eigenen Ereignishorizont, was aber keine Begründung ist, persönlich verletzend zu beleidigen.Daher schlage ich vor, den Kommentar vor dem Absenden noch einmal zu lesen und sich zu diesem Zeitpunkt in die Person versetzen, an die Selbiger gerichtet ist und darüber zu reflektieren, wie man sich fühlen würde, so etwas an den Kopf geworfen zu bekommen.
Dankeschön fürs Nachdenken.

Peter Pan · 05.05.2021

Ein bildgewaltiger Film, ein musikalischer Traumtanz durch die Mancha, 90 Minuten, die ich nie bereut habe.

Harald · 04.10.2018

Wie andere Filme von Terry Gilliam ("Brothers Grimm", "Münchhausen") wird sein neuer Film erstmal verrissen, bevor er wie z.B. "Fear and Loathing in Las Vegas" ein paar Jahre später zum sogenannten Kultfilm avancieren wird. "Don Quixote" ist wie ein Sog, hat mich 135 Minuten im Bann gehabt, keine Sekunde habe ich mich gelangweilt und bin mit breitem Grinsen aus dem Kino gegangen. Wer Terry Gilliam als sexistisch oder rassistisch bezeichnet, hat wirklich garnichts verstanden.

Robert · 03.10.2018

Erstmal an alle Kommentierenden hier: Regt. Euch. Ab.
Ist es jetzt eigentlich Mode, alle Meinungen, die einem nicht gefallen, als Hetze zu bezeichnen? Beatrice Behn hat den Film so gesehen, Ihr habt ihn anders gesehen. Das gibt Euch nicht das Recht, Euch hier so aufzuführen. Außerdem wird sich auf die letzten beiden Absätze ihrer Kritik bezogen, statt die Kritik in ihrer Gänze zu sehen.

Terry Gilliam hat seit jeher seine Probleme mit Frauencharakteren, um es diplomatisch auszudrücken. Man sehe sich nur seine letzten vier Werke an, von Brothers Grimm über Tideland und Dr. Parnassus bis hin zu The Zero Theorem. Ich kann mich an keine Frauenrolle erinnern, die nicht in einem sexuellen Kontext steht und so nur im Bezug auf eine männliche Figur funktioniert.
Ob man den Film daher als frauenfeindlich bezeichnen kann, darüber kann man streiten: Als Angelica die Creme vom Schuh lecken muss, ist es im ganzen Saal mucksmäuschenstill, alle Umherstehenden spüren wohl Scham und trauen sich nicht, einzugreifen, weil "Der Boss" den Filmvertrag eintüten will. Die Szene ist für den Zuschauer zutiefst abscheulich und abstoßend. Toby rennt der beschämten Angelica hinterher, nennt ihren Freund ein Arschloch. Wäre die Figur Jacqui's männlich, würde die humoristische Einordnung der Sexsucht wohl durchgehen.

Auch mit dem Rassismus-Vorwurf habe ich meine Probleme - Muslime werden in Tonys Traumsequenz klischeehaft dargestellt, als er wieder erwacht, sieht die Realität zum Kontrast der Befürchtungen im Traum jedoch ganz anders aus. Auch die Muslime in der theaterähnlichen Inszenierung gegen Ende sind klar überzeichnet. Auch der "Zigeuner" erfüllt das Klischee ebenfalls komplett, sodass man auch das nicht ernst nehmen kann. Das wird auch dadurch deutlich, dass Toby nach Jacquis Ausrede "Es war ein Dieb" direkt auf den Zigeuner zeigt (Wer könnte es denn sonst gewesen sein, wenn wir einen Zigeuner hier haben?).

Ich bin ausgesprochener Fan von Terry Gilliam, und schon ein Quixote, der vor 25 Jahren veröffentlicht worden wäre, wäre wohl krude, voller verrückter Einfälle und uneingängig gewesen. Dass Gilliam nun ein ganzes Vierteljahrhundert zum Überlegen und Weiterspinnen Zeit hatte, hat dem Werk sichtlich geschadet. Ich stimme Deiner Kritik in diesem Punkt voll zu. Ich hatte ein 4/10 erwartet, es wurde eine 3/10.
Man kann nur hoffen, dass sein nächster Film schneller zustande kommt.

Martina P. · 30.09.2018

Leider wirklich ein abscheuliche "Filmkritik", die nur hetzt und nichts anderes will. Ich bin selbst auch Filmwissenschaftlerin und finde es traurig, solche niveaulosen Ausfälle hier lesen zu müssen.

Mats · 30.09.2018

Entsetzlich, wie in Frau Behns Worten weder Filmwissenschaft noch Filmkritik zu beobachten ist, da ihr statt teilnehmender, reflektiosnfähiger Beobachtung nur ihre politisch korrekten Bezugssyteme in den Sinn kommen. Das ist ein Grenzübertritt von der Realität zur inquisitorischen Fantasterei, den niemand braucht und ein Rätsel, wie die Kinozeit Redaktion solche Texte durchwinken kann. Gerade Terry Gilliam ist ohne ironiefähige, reflexive Filmwissenschaft in seinen vielfältigen Bezügen zur Romanvorlage wie zu unserer Gegenwart, den bitteren Klischeezitaten und der bissigen Satire nicht zu fassen. Der Text von Frau Behn geht einer Filmkritik narzisstisch aus dem Wege.

Daniel R. · 27.09.2018

So ein Bullshit. Wenn man nicht zwischen "Macht keinen Sinn." und "Ich bin zu blöd, Sinn zu erkennen." unterscheiden kann, dann wird's öde (vom miserablen Schreibstil mal ganz zu schweigen).
Ich durfte den Film in einer Vorpremiere genießen und war hellauf begeistert, genauso wie die übrigen Zuschauer. Terry Gilliam ist hier eine geniale Attacke auf die Filmindustrie, falschen Budenzauber á la Disney/Marvel und auch auf egomanische Künstlerfiguren (wie sich selbst) gelungen. Dass man das nicht versteht, bedeutet wahrscheinlich, dass man nur mit einem halben Auge hingesehen hat, weil man es von vornherein nicht mögen wollte. Gut, das ist jedem selbst überlassen. Einem hochintelligenten Satiriker wie Gilliam aber Rassismus und Sexismus vorzuwerfen, ist dann schon nicht mehr nur naiv und bösartig, sondern schlicht dämlich.

Max · 19.09.2018

Ich war vorhin in der Sneak Preview und wollte mir mal ein paar Artikel und Meinungen zu dem Film durchlesen. Doch was hier steht kann man nicht erstnehmen.
Frau Behn Sie haben den Titel filmwissenschaftlerin hoffentlich im Lotto gefunden.
Ich will gar nicht großartig ausschweifen, da meine Kollegen (das werden sie wahrscheinlich als sexistisch ansehen, da ich nicht weiß ob es Männer sind) dies schon zu genüge getan haben.
Mit einfachen Worten. Sie haben den Film nicht verstanden und dieser Artikel ist einfach schlecht

Timmy · 11.09.2018

Liebe Frau Behn: Wenn ein Mann wie Terry Gilliam Juden, Zigeuner, Schwarze, Frauen etc. absolut klischeehaft überzeichnet, dann nennt sich das Ironie. Ob diese – und der Film als Ganzes – geglückt ist oder nicht, kann ich natürlich erst beurteilen, wenn ich den Film gesehen habe.

Sabine Pallaske · 05.09.2018

Liebe Kinozeit, würdet ihr eine solche Rezension auch zu Filmen wie "Das Leben des Brian ( Monty Python’s Life of Brian), "die Ritter der Kokusnuss"(Monty Python and the Holy Grail), oder zu Filmen von Mel Brooks wie "Frühling für Hitler" (The Producers) bzw zum Schaffen von Walter Moers machen?? ich freue mich über Eure Kompetenz, Satire erkennen zu können

Inquisitor P · 21.07.2018

Diese Kritik ist weder objektiv noch angenehm lesbar. Ich wünschte glauben zu können, dass heutzutage künstliche Intelligenzen Artikel dieses wirklich abscheulichen Kalibers automatisch verfassen könnten, um Webseiten mit oberfälchlichem Wegwerf-Content zu füllen, aber ich fürchte dem ist nicht so, möglicherweise tatsächlich anstößige Inhalte des Films hin- oder her.

Daniel R. · 27.09.2018

Es gibt keine anstößigen Inhalte. Die gute Frau hat's einfach nicht kapiert.