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Paris zu Beginn der 1990er Jahre: Der Schriftsteller Jacques ist an AIDS erkrankt und hat nicht mehr lange zu leben — und genau in dieser Zeit trifft er auf den jungen Arthur, der gerade erst seine Neigung zu Männern entdeckt.

Sorry Angel (2018)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Das Leben vor dem Tod

Frankreich im Jahre 1993: Der Schriftsteller Jacques (Pierre Deladonchamps) hat nicht mehr lange zu leben: Noch wirkt er nach außen hin gesund und vital, doch die Tage des an HIV erkrankten Mannes Mitte 30 sind gezählt. Gleichwohl versucht er sein Leben so normal wie möglich fortzuführen, denn es gibt unter anderem seinen Sohn Louis, um den er sich gemeinsam mit der leiblichen Mutter kümmert.

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Es gibt seine Arbeit, seine Freunde — und irgendwann gibt es auch den sehr viel jüngeren, bisexuellen Arthur (Vincent Lacoste), dem er in Rennes begegnet — ausgerechnet im Kino bei einer Vorstellung von Jane Campions Das Piano — und in den er sich verliebt. Dieser junge Mann entdeckt gerade erst seine Neigungen und treibt sich neben der Beziehung zu seiner Freundin auch nachts an den Cruising-Spots herum. Er ist, das wird schnell deutlich, ein junger Mann, der gerade erst am Anfang seines Weges steht, während Jacques Weg dem Ende entgegenstrebt — und vielleicht liegt hierin auch die besondere Magie und Anziehungskraft, die die beiden miteinander verbindet.

Während die Prognosen des ihn behandelnden Arztes immer schlechter werden, blüht Jacques unter dem Eindruck dieser nicht mehr erwarteten Liebe noch einmal auf, spürt in einem Zustand höchster Verzweiflung eine große Lust am Leben und an der Liebe, der aber nicht viel Zeit vergönnt ist. Und doch wollen die beiden Männer diese Zeit auskosten bis zum letzten Moment: Immer wieder sehen wir die beiden Männer beim Sex, Jacques ist quasi Kettenraucher, weil es nun darauf eh nicht mehr ankommt — und zugleich kommuniziert er in der Gewissheit des nahenden Endes derart deutlich und ohne Rücksicht auf Konventionen, wie man sich das sonst kaum traut.

Doch zugleich ist er auch bei aller Verzweiflung über seinen nahenden Tod ein sehr liebevoller und liebesbedürftiger Mensch: Die Beziehung zu seinem Nachbarn und Freund Mathieu (Denis Podalydès) zeugt von einer tiefen Verbundenheit der beiden zueinander. Und als der schwerkranke Marco (Thomas Gonzalez) eines Tages anruft und um Hilfe fleht, zögert Jacques nur kurz, um dann den sichtlich Geschwächten bei sich aufzunehmen, bis dieser seine letzten Tage doch woanders verbringen will. Es ist eine Vorahnung dessen, was ihn selbst erwartet, doch Jacques hat nicht vor, dem eigenen Ende derart hilflos entgegenzugehen.

Plaire, aimer et courir vite ist eine Herzensangelegenheit von Christophe Honoré, wie er im Presseheft zu seinem neuen Film bekennt, eine Erinnerung an die Zeit, als er selbst als junger Filmstudent in Rennes lebte. Einem Menschen wie dem Schriftsteller Jacques sei er zwar nie begegnet, doch er habe solch eine Begegnung imaginiert, bekennt er weiter. Und tatsächlich verfügt Plaire, aimer et courir vite bei allem harschen Realismus auch über gewisse Traumqualitäten, Szenen voller Intimität und Sehnsucht und Einschübe von absurdem Witz.

Spätestens, als an einer Stelle ein Treffen der Aktivistengruppe ACT UP erwähnt wird, fühlt man sich endgültig an Robin Campillos letztjähriges Drama 120 BPM erinnert, der genau die Aktivitäten dieser Gruppe thematisierte. Und genau dieser Vergleich verdeutlicht auch den Unterschied zwischen beiden Filmen: Stand bei 120 BPM noch der Kampf gegen die Krankheit im Vordergrund, spielt dies in Plaire, aimer et courir vite keine wesentliche Rolle mehr. Es ist vielmehr ein Warten auf den Tod, ein hedonistisches, aber niemals verantwortungsloses Das-Leben-bis-zum-letzten-Moment-Auskosten-Wollen, eine letzte Liebe im Angesicht des sicheren Endes und die trotzige Entscheidung, über das eigene Ende und den Weg dorthin selbst entscheiden zu wollen.

Sorry Angel (2018)

Der Sommer des Jahrs 1990: Arthur ist 20 Jahre alt und studiert in Rennes Sein Leben erfährt eine entscheidende Wendung, als er Jacques trifft, einen Schriftsteller aus Paris, der einen kleinen Sohn hat. Die beiden Männer beginnen eine Affäre miteinander — doch es ist eine Liebe, der nicht viel Zeit bleibt.

 

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